Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Gesetze, welche freye Menschen verbin-
den sollen, müssen vernünftig d. i. der Wür-
de des Menschen, und dem Wohl des Staats so
angemessen seyn, daß alle einzelne Mitglieder ver-
edelt und so viel nur immer möglich ist,
versorgt und beglückt werden. Es ist hier der Ort
nicht, anzugeben, wie man solche Gesetze finden
müsse: das gehört in eine Abhandlung über die
Legislation, den schwersten und interessantesten
Punkt der ganzen Philosophie. Ich begnüge mich,
nur zu sagen, daß die Grundlage jedes Gesetzes,
die Würde des Menschen und das allgemeine Wohl
des Staats seyn muß.

Freyheit heißt, nach solchen Gesetzen handeln
zu können, und NB. handeln zu müssen,
welche jeder vernünftige Bürger eines wohleinge-
richteten Staates als vernünftig, d. i. mit der
Würde seiner Natur und dem allgemeinen Besten
seines Staates im Zusammenhang erkennen
kann. Ich sage, erkennen kann: denn es
giebt Dummköpfe, Egoisten, Pfaffen, Edelleute und
andere, welche niemals erkennen wollen, was gut ist:
mit diesen kann man nicht anders zurechte kommen,
als daß man sie zur Befolgung der Gesetze zwinge.

Wenn ich die Geschichte der Philosophie recht
inne hätte, so dächte ich, diesen Begriff der Frey-
heit mit dem Stoischen Grundsatz: "daß jeder

Die Geſetze, welche freye Menſchen verbin-
den ſollen, muͤſſen vernuͤnftig d. i. der Wuͤr-
de des Menſchen, und dem Wohl des Staats ſo
angemeſſen ſeyn, daß alle einzelne Mitglieder ver-
edelt und ſo viel nur immer moͤglich iſt,
verſorgt und begluͤckt werden. Es iſt hier der Ort
nicht, anzugeben, wie man ſolche Geſetze finden
muͤſſe: das gehoͤrt in eine Abhandlung uͤber die
Legislation, den ſchwerſten und intereſſanteſten
Punkt der ganzen Philoſophie. Ich begnuͤge mich,
nur zu ſagen, daß die Grundlage jedes Geſetzes,
die Wuͤrde des Menſchen und das allgemeine Wohl
des Staats ſeyn muß.

Freyheit heißt, nach ſolchen Geſetzen handeln
zu koͤnnen, und NB. handeln zu muͤſſen,
welche jeder vernuͤnftige Buͤrger eines wohleinge-
richteten Staates als vernuͤnftig, d. i. mit der
Wuͤrde ſeiner Natur und dem allgemeinen Beſten
ſeines Staates im Zuſammenhang erkennen
kann. Ich ſage, erkennen kann: denn es
giebt Dummkoͤpfe, Egoiſten, Pfaffen, Edelleute und
andere, welche niemals erkennen wollen, was gut iſt:
mit dieſen kann man nicht anders zurechte kommen,
als daß man ſie zur Befolgung der Geſetze zwinge.

Wenn ich die Geſchichte der Philoſophie recht
inne haͤtte, ſo daͤchte ich, dieſen Begriff der Frey-
heit mit dem Stoiſchen Grundſatz: „daß jeder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0092" n="88"/>
        <p>Die Ge&#x017F;etze, welche <hi rendition="#g">freye</hi> Men&#x017F;chen verbin-<lb/>
den &#x017F;ollen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#g">vernu&#x0364;nftig</hi> d. i. der Wu&#x0364;r-<lb/>
de des Men&#x017F;chen, und dem Wohl des Staats &#x017F;o<lb/>
angeme&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn, daß alle einzelne Mitglieder ver-<lb/>
edelt und <hi rendition="#g">&#x017F;o viel nur immer mo&#x0364;glich i&#x017F;t</hi>,<lb/>
ver&#x017F;orgt und beglu&#x0364;ckt werden. Es i&#x017F;t hier der Ort<lb/>
nicht, anzugeben, wie man &#x017F;olche Ge&#x017F;etze finden<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e: das geho&#x0364;rt in eine Abhandlung u&#x0364;ber die<lb/>
Legislation, den &#x017F;chwer&#x017F;ten und intere&#x017F;&#x017F;ante&#x017F;ten<lb/>
Punkt der ganzen Philo&#x017F;ophie. Ich begnu&#x0364;ge mich,<lb/>
nur zu &#x017F;agen, daß die Grundlage jedes Ge&#x017F;etzes,<lb/>
die Wu&#x0364;rde des Men&#x017F;chen und das allgemeine Wohl<lb/>
des Staats &#x017F;eyn muß.</p><lb/>
        <p>Freyheit heißt, nach &#x017F;olchen Ge&#x017F;etzen handeln<lb/>
zu ko&#x0364;nnen, und <hi rendition="#aq">NB.</hi> <hi rendition="#g">handeln zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en</hi>,<lb/>
welche jeder vernu&#x0364;nftige Bu&#x0364;rger eines wohleinge-<lb/>
richteten Staates als vernu&#x0364;nftig, d. i. mit der<lb/>
Wu&#x0364;rde &#x017F;einer Natur und dem allgemeinen Be&#x017F;ten<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;eines Staates</hi> im Zu&#x017F;ammenhang erkennen<lb/>
kann. Ich &#x017F;age, <hi rendition="#g">erkennen kann</hi>: denn es<lb/>
giebt Dummko&#x0364;pfe, Egoi&#x017F;ten, Pfaffen, Edelleute und<lb/>
andere, welche niemals erkennen wollen, was gut i&#x017F;t:<lb/>
mit die&#x017F;en kann man nicht anders zurechte kommen,<lb/>
als daß man &#x017F;ie zur Befolgung der Ge&#x017F;etze zwinge.</p><lb/>
        <p>Wenn ich die Ge&#x017F;chichte der Philo&#x017F;ophie recht<lb/>
inne ha&#x0364;tte, &#x017F;o da&#x0364;chte ich, die&#x017F;en Begriff der Frey-<lb/>
heit mit dem Stoi&#x017F;chen Grund&#x017F;atz: &#x201E;daß jeder<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0092] Die Geſetze, welche freye Menſchen verbin- den ſollen, muͤſſen vernuͤnftig d. i. der Wuͤr- de des Menſchen, und dem Wohl des Staats ſo angemeſſen ſeyn, daß alle einzelne Mitglieder ver- edelt und ſo viel nur immer moͤglich iſt, verſorgt und begluͤckt werden. Es iſt hier der Ort nicht, anzugeben, wie man ſolche Geſetze finden muͤſſe: das gehoͤrt in eine Abhandlung uͤber die Legislation, den ſchwerſten und intereſſanteſten Punkt der ganzen Philoſophie. Ich begnuͤge mich, nur zu ſagen, daß die Grundlage jedes Geſetzes, die Wuͤrde des Menſchen und das allgemeine Wohl des Staats ſeyn muß. Freyheit heißt, nach ſolchen Geſetzen handeln zu koͤnnen, und NB. handeln zu muͤſſen, welche jeder vernuͤnftige Buͤrger eines wohleinge- richteten Staates als vernuͤnftig, d. i. mit der Wuͤrde ſeiner Natur und dem allgemeinen Beſten ſeines Staates im Zuſammenhang erkennen kann. Ich ſage, erkennen kann: denn es giebt Dummkoͤpfe, Egoiſten, Pfaffen, Edelleute und andere, welche niemals erkennen wollen, was gut iſt: mit dieſen kann man nicht anders zurechte kommen, als daß man ſie zur Befolgung der Geſetze zwinge. Wenn ich die Geſchichte der Philoſophie recht inne haͤtte, ſo daͤchte ich, dieſen Begriff der Frey- heit mit dem Stoiſchen Grundſatz: „daß jeder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/92
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/92>, abgerufen am 21.11.2024.