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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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Ich lachte, und doch hatten R...ds Reden in
mir gewisse Ideen rege gemacht, denen ich nicht
ohne Wohlbehagen nachhing. Sobald ich konnte,
besuchte ich das Bierhaus, und entdekte Reize an
der Wirthin, die ich vorher gar nicht bemerkt hatte.
Ich fing an, so nach meiner Art, schön zu thun,
und siehe da, Madam kam mir auf dem halben
Weg entgegen: R...d legte sich hinein und wir
sprachen ganz im Ernste von einer Heirath. Ich
dachte nun Wunder, was ich meinem Vater für
eine Freude machen würde, wenn ich ihm von
meinem nahen Glücke Nachricht gäbe. Ich schrieb
an ihn: aber seine Antwort, die ich gleich sechs
Tage nachher erhielt, war voll Verweise über mein
thörigtes Vorhaben. Ich erschrak, konnte doch
meinem ehrlichen Vater nicht Unrecht geben, und
da selbst meine Verwandten in Frankfurt mir hef-
tig zusezten, so eine närrische Idee fahren zu las-
sen, sah ich selbst ein, daß ich im Begriff war,
einen dummen Streich zu machen, und beschloß,
nach Gießen zurück zu kehren. Ich wandte bey
meiner Madam vor, eine in Gießen vorgefallne
Schlägerey, wovon ich als Zeuge sey aufgeführt
worden, machte meine Gegenwart daselbst noth-
wendig, ich würde aber in kurzer Zeit wieder kom-
men. Madam glaubte mir, und ich zog ab: sie
begleitete mich noch bis Vibel, und wir nahmen

Ich lachte, und doch hatten R...ds Reden in
mir gewiſſe Ideen rege gemacht, denen ich nicht
ohne Wohlbehagen nachhing. Sobald ich konnte,
beſuchte ich das Bierhaus, und entdekte Reize an
der Wirthin, die ich vorher gar nicht bemerkt hatte.
Ich fing an, ſo nach meiner Art, ſchoͤn zu thun,
und ſiehe da, Madam kam mir auf dem halben
Weg entgegen: R...d legte ſich hinein und wir
ſprachen ganz im Ernſte von einer Heirath. Ich
dachte nun Wunder, was ich meinem Vater fuͤr
eine Freude machen wuͤrde, wenn ich ihm von
meinem nahen Gluͤcke Nachricht gaͤbe. Ich ſchrieb
an ihn: aber ſeine Antwort, die ich gleich ſechs
Tage nachher erhielt, war voll Verweiſe uͤber mein
thoͤrigtes Vorhaben. Ich erſchrak, konnte doch
meinem ehrlichen Vater nicht Unrecht geben, und
da ſelbſt meine Verwandten in Frankfurt mir hef-
tig zuſezten, ſo eine naͤrriſche Idee fahren zu laſ-
ſen, ſah ich ſelbſt ein, daß ich im Begriff war,
einen dummen Streich zu machen, und beſchloß,
nach Gießen zuruͤck zu kehren. Ich wandte bey
meiner Madam vor, eine in Gießen vorgefallne
Schlaͤgerey, wovon ich als Zeuge ſey aufgefuͤhrt
worden, machte meine Gegenwart daſelbſt noth-
wendig, ich wuͤrde aber in kurzer Zeit wieder kom-
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[103/0111] Ich lachte, und doch hatten R...ds Reden in mir gewiſſe Ideen rege gemacht, denen ich nicht ohne Wohlbehagen nachhing. Sobald ich konnte, beſuchte ich das Bierhaus, und entdekte Reize an der Wirthin, die ich vorher gar nicht bemerkt hatte. Ich fing an, ſo nach meiner Art, ſchoͤn zu thun, und ſiehe da, Madam kam mir auf dem halben Weg entgegen: R...d legte ſich hinein und wir ſprachen ganz im Ernſte von einer Heirath. Ich dachte nun Wunder, was ich meinem Vater fuͤr eine Freude machen wuͤrde, wenn ich ihm von meinem nahen Gluͤcke Nachricht gaͤbe. Ich ſchrieb an ihn: aber ſeine Antwort, die ich gleich ſechs Tage nachher erhielt, war voll Verweiſe uͤber mein thoͤrigtes Vorhaben. Ich erſchrak, konnte doch meinem ehrlichen Vater nicht Unrecht geben, und da ſelbſt meine Verwandten in Frankfurt mir hef- tig zuſezten, ſo eine naͤrriſche Idee fahren zu laſ- ſen, ſah ich ſelbſt ein, daß ich im Begriff war, einen dummen Streich zu machen, und beſchloß, nach Gießen zuruͤck zu kehren. Ich wandte bey meiner Madam vor, eine in Gießen vorgefallne Schlaͤgerey, wovon ich als Zeuge ſey aufgefuͤhrt worden, machte meine Gegenwart daſelbſt noth- wendig, ich wuͤrde aber in kurzer Zeit wieder kom- men. Madam glaubte mir, und ich zog ab: ſie begleitete mich noch bis Vibel, und wir nahmen

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/111>, abgerufen am 21.11.2024.