und haben nicht das Recht, in der Bibliothek her- umzukrabschen, und mitzunehmen, was ihnen etwan anstehen mag. Alle Interessenten erhalten zwar alle Bücher nach und nach -- die neuern nämlich: denn die schon längst in dem Vorrath befindlichen kann sich jeder holen lassen -- aber dabey wird eine solche Ordnung beobachtet, daß derjenige, welcher eher als ein andrer Interessent war, auch vor diesem das Buch zum Lesen erhalte. Ich weiß nicht, ob an dieser Einrichtung Etwas zu tadeln sey, da eben dadurch gar mancher In- convenienz vorgebeugt wird. Z. B. manches Werk besteht aus mehrern Bänden: wer aus Hr. Lange's Bibliothek einen Band gelesen hat, erhält alle andre nach einander, dahingegen in andern Bi- bliotheken, welche doch auch gut eingerichtet sind, ein Leser zwanzigmal und wohl noch öfter schicken muß, bis er die verlangte Fortsetzung erhält, und indessen den Inhalt der vorigen Theile wieder ver- gißt. Die Leserey um einen Groschen fällt in der Langeschen Bibliothek ganz weg, und niemand, ausser den Interessenten, bekommt ein Buch: da- durch wird auch eine große Unordnung verhütet.
Aber Einrichtungen dieser Art sind auch nur an Oertern möglich, wo lauter ordentliche Leser zu haben sind, welche alle Woche höchstens ein Buch zu ihrem Nutzen und Vergnügen lesen,
und haben nicht das Recht, in der Bibliothek her- umzukrabſchen, und mitzunehmen, was ihnen etwan anſtehen mag. Alle Intereſſenten erhalten zwar alle Buͤcher nach und nach — die neuern naͤmlich: denn die ſchon laͤngſt in dem Vorrath befindlichen kann ſich jeder holen laſſen — aber dabey wird eine ſolche Ordnung beobachtet, daß derjenige, welcher eher als ein andrer Intereſſent war, auch vor dieſem das Buch zum Leſen erhalte. Ich weiß nicht, ob an dieſer Einrichtung Etwas zu tadeln ſey, da eben dadurch gar mancher In- convenienz vorgebeugt wird. Z. B. manches Werk beſteht aus mehrern Baͤnden: wer aus Hr. Lange's Bibliothek einen Band geleſen hat, erhaͤlt alle andre nach einander, dahingegen in andern Bi- bliotheken, welche doch auch gut eingerichtet ſind, ein Leſer zwanzigmal und wohl noch oͤfter ſchicken muß, bis er die verlangte Fortſetzung erhaͤlt, und indeſſen den Inhalt der vorigen Theile wieder ver- gißt. Die Leſerey um einen Groſchen faͤllt in der Langeſchen Bibliothek ganz weg, und niemand, auſſer den Intereſſenten, bekommt ein Buch: da- durch wird auch eine große Unordnung verhuͤtet.
Aber Einrichtungen dieſer Art ſind auch nur an Oertern moͤglich, wo lauter ordentliche Leſer zu haben ſind, welche alle Woche hoͤchſtens ein Buch zu ihrem Nutzen und Vergnuͤgen leſen,
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[199/0207]
und haben nicht das Recht, in der Bibliothek her-
umzukrabſchen, und mitzunehmen, was ihnen
etwan anſtehen mag. Alle Intereſſenten erhalten
zwar alle Buͤcher nach und nach — die neuern
naͤmlich: denn die ſchon laͤngſt in dem Vorrath
befindlichen kann ſich jeder holen laſſen — aber
dabey wird eine ſolche Ordnung beobachtet, daß
derjenige, welcher eher als ein andrer Intereſſent
war, auch vor dieſem das Buch zum Leſen erhalte.
Ich weiß nicht, ob an dieſer Einrichtung Etwas
zu tadeln ſey, da eben dadurch gar mancher In-
convenienz vorgebeugt wird. Z. B. manches Werk
beſteht aus mehrern Baͤnden: wer aus Hr. Lange's
Bibliothek einen Band geleſen hat, erhaͤlt alle
andre nach einander, dahingegen in andern Bi-
bliotheken, welche doch auch gut eingerichtet ſind,
ein Leſer zwanzigmal und wohl noch oͤfter ſchicken
muß, bis er die verlangte Fortſetzung erhaͤlt, und
indeſſen den Inhalt der vorigen Theile wieder ver-
gißt. Die Leſerey um einen Groſchen faͤllt in der
Langeſchen Bibliothek ganz weg, und niemand,
auſſer den Intereſſenten, bekommt ein Buch: da-
durch wird auch eine große Unordnung verhuͤtet.
Aber Einrichtungen dieſer Art ſind auch nur
an Oertern moͤglich, wo lauter ordentliche Leſer
zu haben ſind, welche alle Woche hoͤchſtens ein
Buch zu ihrem Nutzen und Vergnuͤgen leſen,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/207>, abgerufen am 17.09.2024.
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