Frauenzimmer, und andere Merkwürdigkeiten von Nordhausen. Mein Abzug von dannen.
Herr Fabri hat eine Abbildung von einer Nord- häuser Bürgersfrau stechen und illuminiren laßen, wie vielleicht die Bürgerinnen daselbst vor hundert Jahren gegangen sind: denn ich sahe solche Tracht nicht. Die Bürgerinn des Hn. Fabri trägt einen langen blauen Tuchmantel mit einer goldnen Tresse um den Kragen, und einen Huth, welcher dem Schabesdeckel der Juden so ähnlich sieht, wie ein Ey dem andern. Ich fand keine Weiber in Tuch- mänteln und noch weniger mit Schabesdeckeln: alle gingen gekleidet, wie an andern Orten auch. Un- ter den Bürgermädchen giebt es sehr hübsche niedli- che Gesichtchen, und unter den Honoratioren habe ich auf einem Balle, dem ich beywohnte, ganz vor- zügliche Schönheiten beobachtet. Die Nordhäu- serinnen sind um so mehr liebenswürdig, da sie gar nichts von dem steifen läppischen, prätensionsvollen, groben und impertinenten Wesen an sich haben,
Zwey und zwanzigſtes Kapitel.
Frauenzimmer, und andere Merkwuͤrdigkeiten von Nordhauſen. Mein Abzug von dannen.
Herr Fabri hat eine Abbildung von einer Nord- haͤuſer Buͤrgersfrau ſtechen und illuminiren laßen, wie vielleicht die Buͤrgerinnen daſelbſt vor hundert Jahren gegangen ſind: denn ich ſahe ſolche Tracht nicht. Die Buͤrgerinn des Hn. Fabri traͤgt einen langen blauen Tuchmantel mit einer goldnen Treſſe um den Kragen, und einen Huth, welcher dem Schabesdeckel der Juden ſo aͤhnlich ſieht, wie ein Ey dem andern. Ich fand keine Weiber in Tuch- maͤnteln und noch weniger mit Schabesdeckeln: alle gingen gekleidet, wie an andern Orten auch. Un- ter den Buͤrgermaͤdchen giebt es ſehr huͤbſche niedli- che Geſichtchen, und unter den Honoratioren habe ich auf einem Balle, dem ich beywohnte, ganz vor- zuͤgliche Schoͤnheiten beobachtet. Die Nordhaͤu- ſerinnen ſind um ſo mehr liebenswuͤrdig, da ſie gar nichts von dem ſteifen laͤppiſchen, praͤtenſionsvollen, groben und impertinenten Weſen an ſich haben,
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[119[219]/0227]
Zwey und zwanzigſtes Kapitel.
Frauenzimmer, und andere Merkwuͤrdigkeiten von Nordhauſen.
Mein Abzug von dannen.
Herr Fabri hat eine Abbildung von einer Nord-
haͤuſer Buͤrgersfrau ſtechen und illuminiren laßen,
wie vielleicht die Buͤrgerinnen daſelbſt vor hundert
Jahren gegangen ſind: denn ich ſahe ſolche Tracht
nicht. Die Buͤrgerinn des Hn. Fabri traͤgt einen
langen blauen Tuchmantel mit einer goldnen Treſſe
um den Kragen, und einen Huth, welcher dem
Schabesdeckel der Juden ſo aͤhnlich ſieht, wie ein
Ey dem andern. Ich fand keine Weiber in Tuch-
maͤnteln und noch weniger mit Schabesdeckeln: alle
gingen gekleidet, wie an andern Orten auch. Un-
ter den Buͤrgermaͤdchen giebt es ſehr huͤbſche niedli-
che Geſichtchen, und unter den Honoratioren habe
ich auf einem Balle, dem ich beywohnte, ganz vor-
zuͤgliche Schoͤnheiten beobachtet. Die Nordhaͤu-
ſerinnen ſind um ſo mehr liebenswuͤrdig, da ſie gar
nichts von dem ſteifen laͤppiſchen, praͤtenſionsvollen,
groben und impertinenten Weſen an ſich haben,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 119[219]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/227>, abgerufen am 23.11.2024.
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