welches alibi das schöne Geschlecht so sehr übel re- commandirt, ob gleich die Damen wunder glauben, wie hübsch ihnen die hohe Nase und die futile Im- pertinenz anstehe. Indeßen wißen die Nordhäuser Schönen recht gut, was sie sich und ihrer Würde schuldig sind, und daher herrscht unter ihnen wahre Sittsamkeit, und kein Wort wird aus ihrem Munde gehört, woraus man auf verderbte Sitten, oder auf Lüsternheit schließen könnte. Unter dem Pöbel giebts freylich weggeworfne Menscher, und wer des Nachts ausgeht, um solche Möbel auf der Straße aufzusuchen, geht nicht vergebens. Aber das ist ja aller Orten so.
Reisende, welche dahin kommen, werden ge- wiß wieder zufrieden abgehen, wenn sie sich um die Bekanntschaft einiger braven Männer bemühen wol- len: denn durch einen und den andern lernen sie gewiß alles Sehenswerthe der Stadt kennen und wer- den in die besten Familien eingeführt. Sehens- würdig sind aber die sehr gut eingerichteten Hospitä- ler, welche ein gewißer Flugapostel durch Deutsch- land so schief beschrieben hat, die Kunst, wodurch das Flußwasser der ganzen Stadt mitgetheilt wird, und andere Dinge, welche sich besser sehen, als beschreiben laßen. Der große Roland von Nord- hausen, [ - 2 Zeichen fehlen]lcher daselbst am Rathhause steht, und ein allmächtiges Rachschwert in der Hand führt,
welches alibi das ſchoͤne Geſchlecht ſo ſehr uͤbel re- commandirt, ob gleich die Damen wunder glauben, wie huͤbſch ihnen die hohe Naſe und die futile Im- pertinenz anſtehe. Indeßen wißen die Nordhaͤuſer Schoͤnen recht gut, was ſie ſich und ihrer Wuͤrde ſchuldig ſind, und daher herrſcht unter ihnen wahre Sittſamkeit, und kein Wort wird aus ihrem Munde gehoͤrt, woraus man auf verderbte Sitten, oder auf Luͤſternheit ſchließen koͤnnte. Unter dem Poͤbel giebts freylich weggeworfne Menſcher, und wer des Nachts ausgeht, um ſolche Moͤbel auf der Straße aufzuſuchen, geht nicht vergebens. Aber das iſt ja aller Orten ſo.
Reiſende, welche dahin kommen, werden ge- wiß wieder zufrieden abgehen, wenn ſie ſich um die Bekanntſchaft einiger braven Maͤnner bemuͤhen wol- len: denn durch einen und den andern lernen ſie gewiß alles Sehenswerthe der Stadt kennen und wer- den in die beſten Familien eingefuͤhrt. Sehens- wuͤrdig ſind aber die ſehr gut eingerichteten Hoſpitaͤ- ler, welche ein gewißer Flugapoſtel durch Deutſch- land ſo ſchief beſchrieben hat, die Kunſt, wodurch das Flußwaſſer der ganzen Stadt mitgetheilt wird, und andere Dinge, welche ſich beſſer ſehen, als beſchreiben laßen. Der große Roland von Nord- hauſen, [ – 2 Zeichen fehlen]lcher daſelbſt am Rathhauſe ſteht, und ein allmaͤchtiges Rachſchwert in der Hand fuͤhrt,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0228"n="220"/>
welches <hirendition="#aq">alibi</hi> das ſchoͤne Geſchlecht ſo ſehr uͤbel re-<lb/>
commandirt, ob gleich die Damen wunder glauben,<lb/>
wie huͤbſch ihnen die hohe Naſe und die futile Im-<lb/>
pertinenz anſtehe. Indeßen wißen die Nordhaͤuſer<lb/>
Schoͤnen recht gut, was ſie ſich und ihrer Wuͤrde<lb/>ſchuldig ſind, und daher herrſcht unter ihnen wahre<lb/>
Sittſamkeit, und kein Wort wird aus ihrem Munde<lb/>
gehoͤrt, woraus man auf verderbte Sitten, oder auf<lb/>
Luͤſternheit ſchließen koͤnnte. Unter dem Poͤbel giebts<lb/>
freylich weggeworfne Menſcher, und wer des<lb/>
Nachts ausgeht, um ſolche Moͤbel auf der Straße<lb/>
aufzuſuchen, geht nicht vergebens. Aber das iſt<lb/>
ja aller Orten ſo.</p><lb/><p>Reiſende, welche dahin kommen, werden ge-<lb/>
wiß wieder zufrieden abgehen, wenn ſie ſich um die<lb/>
Bekanntſchaft einiger braven Maͤnner bemuͤhen wol-<lb/>
len: denn durch einen und den andern lernen ſie<lb/>
gewiß alles Sehenswerthe der Stadt kennen und wer-<lb/>
den in die beſten Familien eingefuͤhrt. Sehens-<lb/>
wuͤrdig ſind aber die ſehr gut eingerichteten Hoſpitaͤ-<lb/>
ler, welche ein gewißer Flugapoſtel durch Deutſch-<lb/>
land ſo ſchief beſchrieben hat, die Kunſt, wodurch<lb/>
das Flußwaſſer der ganzen Stadt mitgetheilt wird,<lb/>
und andere Dinge, welche ſich beſſer ſehen, als<lb/>
beſchreiben laßen. Der große Roland von Nord-<lb/>
hauſen, <gapunit="chars"quantity="2"/>lcher daſelbſt am Rathhauſe ſteht, und<lb/>
ein allmaͤchtiges Rachſchwert in der Hand fuͤhrt,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[220/0228]
welches alibi das ſchoͤne Geſchlecht ſo ſehr uͤbel re-
commandirt, ob gleich die Damen wunder glauben,
wie huͤbſch ihnen die hohe Naſe und die futile Im-
pertinenz anſtehe. Indeßen wißen die Nordhaͤuſer
Schoͤnen recht gut, was ſie ſich und ihrer Wuͤrde
ſchuldig ſind, und daher herrſcht unter ihnen wahre
Sittſamkeit, und kein Wort wird aus ihrem Munde
gehoͤrt, woraus man auf verderbte Sitten, oder auf
Luͤſternheit ſchließen koͤnnte. Unter dem Poͤbel giebts
freylich weggeworfne Menſcher, und wer des
Nachts ausgeht, um ſolche Moͤbel auf der Straße
aufzuſuchen, geht nicht vergebens. Aber das iſt
ja aller Orten ſo.
Reiſende, welche dahin kommen, werden ge-
wiß wieder zufrieden abgehen, wenn ſie ſich um die
Bekanntſchaft einiger braven Maͤnner bemuͤhen wol-
len: denn durch einen und den andern lernen ſie
gewiß alles Sehenswerthe der Stadt kennen und wer-
den in die beſten Familien eingefuͤhrt. Sehens-
wuͤrdig ſind aber die ſehr gut eingerichteten Hoſpitaͤ-
ler, welche ein gewißer Flugapoſtel durch Deutſch-
land ſo ſchief beſchrieben hat, die Kunſt, wodurch
das Flußwaſſer der ganzen Stadt mitgetheilt wird,
und andere Dinge, welche ſich beſſer ſehen, als
beſchreiben laßen. Der große Roland von Nord-
hauſen, __lcher daſelbſt am Rathhauſe ſteht, und
ein allmaͤchtiges Rachſchwert in der Hand fuͤhrt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/228>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.