Diese Praxis ist zwar durch einige Verordnungen sehr eingeschränkt, und was eigentliche Rechts- sachen anbelangt, gänzlich verboten. Dafür sind ordentliche Advokaten, welche man Justitzcommis- sarien gewöhnlich nennt, angestellt, und diese sol- len auch für Geld und gute Worte, wie sich dieß ohnhin versteht, die klagenden und bittenden Par- theyen bedienen oder deserviren.*) Die Einrichtung ist im Ganzen nicht zu verwerfen, ob sie gleich viele Inconvenienzen mit sich führt, die freylich nicht immer können vermieden werden. Eine von den Hauptinconvenienzen ist wohl diese, daß die Gerechtigkeit leicht zur Hure und das Recht eine käufliche Waare werden kann. Exempla sunt odi- osa, sonst wäre ich wohl im Stande, einige und zwar recht auffallende zu liefern.
Ich behalte mirs auf ein ander Mal vor. Ich habe mich nie mit gerichtlichen Dingen gern abge- geben: theils verstand ich das Ding nicht hinläng- lich, theils haßte ich die Schikane, und fürchtete mich vor der Arbeit, vor der unangenehmen Ar- beit, Acten durchzustänkern: inzwischen machte ich doch dann und wann für einen Bekannten eine
*) Hr. Justizcommissar Schneller schreibt desserviren, des- serviten. Nicht unrecht! Er desservirt so lange, als noch etwas da ist, wenns alle ist, hört er auf.
Dieſe Praxis iſt zwar durch einige Verordnungen ſehr eingeſchraͤnkt, und was eigentliche Rechts- ſachen anbelangt, gaͤnzlich verboten. Dafuͤr ſind ordentliche Advokaten, welche man Juſtitzcommiſ- ſarien gewoͤhnlich nennt, angeſtellt, und dieſe ſol- len auch fuͤr Geld und gute Worte, wie ſich dieß ohnhin verſteht, die klagenden und bittenden Par- theyen bedienen oder deſerviren.*) Die Einrichtung iſt im Ganzen nicht zu verwerfen, ob ſie gleich viele Inconvenienzen mit ſich fuͤhrt, die freylich nicht immer koͤnnen vermieden werden. Eine von den Hauptinconvenienzen iſt wohl dieſe, daß die Gerechtigkeit leicht zur Hure und das Recht eine kaͤufliche Waare werden kann. Exempla ſunt odi- oſa, ſonſt waͤre ich wohl im Stande, einige und zwar recht auffallende zu liefern.
Ich behalte mirs auf ein ander Mal vor. Ich habe mich nie mit gerichtlichen Dingen gern abge- geben: theils verſtand ich das Ding nicht hinlaͤng- lich, theils haßte ich die Schikane, und fuͤrchtete mich vor der Arbeit, vor der unangenehmen Ar- beit, Acten durchzuſtaͤnkern: inzwiſchen machte ich doch dann und wann fuͤr einen Bekannten eine
*) Hr. Juſtizcommiſſar Schneller ſchreibt desſerviren, des- ſerviten. Nicht unrecht! Er desſervirt ſo lange, als noch etwas da iſt, wenns alle iſt, hoͤrt er auf.
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Dieſe Praxis iſt zwar durch einige Verordnungen
ſehr eingeſchraͤnkt, und was eigentliche Rechts-
ſachen anbelangt, gaͤnzlich verboten. Dafuͤr ſind
ordentliche Advokaten, welche man Juſtitzcommiſ-
ſarien gewoͤhnlich nennt, angeſtellt, und dieſe ſol-
len auch fuͤr Geld und gute Worte, wie ſich dieß
ohnhin verſteht, die klagenden und bittenden Par-
theyen bedienen oder deſerviren. *) Die Einrichtung
iſt im Ganzen nicht zu verwerfen, ob ſie gleich
viele Inconvenienzen mit ſich fuͤhrt, die freylich
nicht immer koͤnnen vermieden werden. Eine von
den Hauptinconvenienzen iſt wohl dieſe, daß die
Gerechtigkeit leicht zur Hure und das Recht eine
kaͤufliche Waare werden kann. Exempla ſunt odi-
oſa, ſonſt waͤre ich wohl im Stande, einige und zwar
recht auffallende zu liefern.
Ich behalte mirs auf ein ander Mal vor. Ich
habe mich nie mit gerichtlichen Dingen gern abge-
geben: theils verſtand ich das Ding nicht hinlaͤng-
lich, theils haßte ich die Schikane, und fuͤrchtete
mich vor der Arbeit, vor der unangenehmen Ar-
beit, Acten durchzuſtaͤnkern: inzwiſchen machte
ich doch dann und wann fuͤr einen Bekannten eine
*) Hr. Juſtizcommiſſar Schneller ſchreibt desſerviren, des-
ſerviten. Nicht unrecht! Er desſervirt ſo lange, als noch
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/271>, abgerufen am 26.06.2024.
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