Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Verordnung dieser Art alle Privilegien aufhebt,
welche ehemals den Universitäten von den Päbsten,
Kaisern und andern Fürsten verliehen worden sind,
und daß eben eine solche Verordnung mit dem Be-
griff eines freyen deutschen Mannes -- wie doch
jeder Student ist -- nicht bestehen kann. Ein
hiesiger junger Gelehrter schrieb damals eine kleine
Schrift "akademische Nuditäten" welche ich
im Manuscript gelesen habe. Ich bedaure, daß sie
nicht ist gedruckt worden, sie würde bey manchem
Nasenrümpfen, bey manchem recht Gallvollen Aer-
ger, aber bey den Meisten ein gefälliges Achselzu-
cken und Lächeln rege gemacht haben.

Man kann sich leicht vorstellen, daß die Be-
kanntmachung eines Edicts von solchem Inhalt bey
den Studenten gewaltige Sensation erregte: sie
dachten schon auf einem Strohbosen zu liegen, und
einige zwanzig Hiebe vom akademischen Profos auf
den Hintern zu erhalten. Es wurden Fragen bey
den Zusammenkünften der Studenten aufgeworfen,
und so nach studentischer Art aufgelößt, z. B. wer
dann eigentlich die Hiebe austheilen, und den Pro-
fos oder den Steckenknecht machen sollte? Wo man
diese Knuterey vornehmen würde? u. s. w. Es war
leicht zu entscheiden, daß weder der Prorektor noch
sonst ein Professor sich zu einer solchen Execution
verstehen würde: aber jemand mußte es doch seyn,

Verordnung dieſer Art alle Privilegien aufhebt,
welche ehemals den Univerſitaͤten von den Paͤbſten,
Kaiſern und andern Fuͤrſten verliehen worden ſind,
und daß eben eine ſolche Verordnung mit dem Be-
griff eines freyen deutſchen Mannes — wie doch
jeder Student iſt — nicht beſtehen kann. Ein
hieſiger junger Gelehrter ſchrieb damals eine kleine
Schrift „akademiſche Nuditaͤten“ welche ich
im Manuſcript geleſen habe. Ich bedaure, daß ſie
nicht iſt gedruckt worden, ſie wuͤrde bey manchem
Naſenruͤmpfen, bey manchem recht Gallvollen Aer-
ger, aber bey den Meiſten ein gefaͤlliges Achſelzu-
cken und Laͤcheln rege gemacht haben.

Man kann ſich leicht vorſtellen, daß die Be-
kanntmachung eines Edicts von ſolchem Inhalt bey
den Studenten gewaltige Senſation erregte: ſie
dachten ſchon auf einem Strohboſen zu liegen, und
einige zwanzig Hiebe vom akademiſchen Profos auf
den Hintern zu erhalten. Es wurden Fragen bey
den Zuſammenkuͤnften der Studenten aufgeworfen,
und ſo nach ſtudentiſcher Art aufgeloͤßt, z. B. wer
dann eigentlich die Hiebe austheilen, und den Pro-
fos oder den Steckenknecht machen ſollte? Wo man
dieſe Knuterey vornehmen wuͤrde? u. ſ. w. Es war
leicht zu entſcheiden, daß weder der Prorektor noch
ſonſt ein Profeſſor ſich zu einer ſolchen Execution
verſtehen wuͤrde: aber jemand mußte es doch ſeyn,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0063" n="55"/>
Verordnung die&#x017F;er Art alle Privilegien aufhebt,<lb/>
welche ehemals den Univer&#x017F;ita&#x0364;ten von den Pa&#x0364;b&#x017F;ten,<lb/>
Kai&#x017F;ern und andern Fu&#x0364;r&#x017F;ten verliehen worden &#x017F;ind,<lb/>
und daß eben eine &#x017F;olche Verordnung mit dem Be-<lb/>
griff eines freyen deut&#x017F;chen Mannes &#x2014; wie doch<lb/>
jeder Student i&#x017F;t &#x2014; nicht be&#x017F;tehen kann. Ein<lb/>
hie&#x017F;iger junger Gelehrter &#x017F;chrieb damals eine kleine<lb/>
Schrift &#x201E;<hi rendition="#g">akademi&#x017F;che Nudita&#x0364;ten</hi>&#x201C; welche ich<lb/>
im Manu&#x017F;cript gele&#x017F;en habe. Ich bedaure, daß &#x017F;ie<lb/>
nicht i&#x017F;t gedruckt worden, &#x017F;ie wu&#x0364;rde bey manchem<lb/>
Na&#x017F;enru&#x0364;mpfen, bey manchem recht Gallvollen Aer-<lb/>
ger, aber bey den Mei&#x017F;ten ein gefa&#x0364;lliges Ach&#x017F;elzu-<lb/>
cken und La&#x0364;cheln rege gemacht haben.</p><lb/>
        <p>Man kann &#x017F;ich leicht vor&#x017F;tellen, daß die Be-<lb/>
kanntmachung eines Edicts von &#x017F;olchem Inhalt bey<lb/>
den Studenten gewaltige Sen&#x017F;ation erregte: &#x017F;ie<lb/>
dachten &#x017F;chon auf einem Strohbo&#x017F;en zu liegen, und<lb/>
einige zwanzig Hiebe vom akademi&#x017F;chen Profos auf<lb/>
den Hintern zu erhalten. Es wurden Fragen bey<lb/>
den Zu&#x017F;ammenku&#x0364;nften der Studenten aufgeworfen,<lb/>
und &#x017F;o nach &#x017F;tudenti&#x017F;cher Art aufgelo&#x0364;ßt, z. B. wer<lb/>
dann eigentlich die Hiebe austheilen, und den Pro-<lb/>
fos oder den Steckenknecht machen &#x017F;ollte? Wo man<lb/>
die&#x017F;e Knuterey vornehmen wu&#x0364;rde? u. &#x017F;. w. Es war<lb/>
leicht zu ent&#x017F;cheiden, daß weder der Prorektor noch<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t ein Profe&#x017F;&#x017F;or &#x017F;ich zu einer &#x017F;olchen Execution<lb/>
ver&#x017F;tehen wu&#x0364;rde: aber <hi rendition="#g">jemand</hi> mußte es doch &#x017F;eyn,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0063] Verordnung dieſer Art alle Privilegien aufhebt, welche ehemals den Univerſitaͤten von den Paͤbſten, Kaiſern und andern Fuͤrſten verliehen worden ſind, und daß eben eine ſolche Verordnung mit dem Be- griff eines freyen deutſchen Mannes — wie doch jeder Student iſt — nicht beſtehen kann. Ein hieſiger junger Gelehrter ſchrieb damals eine kleine Schrift „akademiſche Nuditaͤten“ welche ich im Manuſcript geleſen habe. Ich bedaure, daß ſie nicht iſt gedruckt worden, ſie wuͤrde bey manchem Naſenruͤmpfen, bey manchem recht Gallvollen Aer- ger, aber bey den Meiſten ein gefaͤlliges Achſelzu- cken und Laͤcheln rege gemacht haben. Man kann ſich leicht vorſtellen, daß die Be- kanntmachung eines Edicts von ſolchem Inhalt bey den Studenten gewaltige Senſation erregte: ſie dachten ſchon auf einem Strohboſen zu liegen, und einige zwanzig Hiebe vom akademiſchen Profos auf den Hintern zu erhalten. Es wurden Fragen bey den Zuſammenkuͤnften der Studenten aufgeworfen, und ſo nach ſtudentiſcher Art aufgeloͤßt, z. B. wer dann eigentlich die Hiebe austheilen, und den Pro- fos oder den Steckenknecht machen ſollte? Wo man dieſe Knuterey vornehmen wuͤrde? u. ſ. w. Es war leicht zu entſcheiden, daß weder der Prorektor noch ſonſt ein Profeſſor ſich zu einer ſolchen Execution verſtehen wuͤrde: aber jemand mußte es doch ſeyn,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/63
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/63>, abgerufen am 27.11.2024.