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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Matthäus IX.
Folgen dessen, was man Sünde heißt. Er wirkt auf
eine positife Weise gegen die Natur. Es war nicht
Gotteslästerung, daß Er sich diese Kraft anmaßte;
Denn Er hatte sie. Was Gott Ihm gegeben hatte,
das durfte Er Sein nennen. Gottes Macht war
die Seinige.
Es war nicht Gottesentehrung den Sohn,
den Menschen Jesus ehren. Der Vater will durch den
Sohn geehret seyn. Der Sohn kann nichts von
Sich selber thun; Er sehe es dann vom Vater,
und was der Vater thut, das thut auch der Sohn
gleicher Weise.
Wer den Sohn lästert, der lästert
den Vater! Wer den Sohn nicht ehret, der ehret
auch den Vater nicht, der Ihn gesandt hat.
Wer mich hasset,
sagt Jesus, der hasset auch
meinen Vater.
-- Der Menschen Sohn, der Mensch
Christus
hatte auf Erden schon Macht die Sünden
zu erlassen ... Und jetzt sollt' Er's nicht mehr haben?
Itzt Ohnmächtiger seyn, als in jenem gedrängreichen
Zimmer, oder auf dem Estrich, wo der Gichtbrüchige
vor seinen Augen niedergelassen ward?

Sünde vergeben, welch eine positife göttliche
Macht über alle Mächte erfordert dies? Macht über die
Natur -- über solche, gegen die wir uns verschuldet
haben -- Macht über unsere Körper und Seelen ...
So leicht es Ihm ist, mit Erfolg zu sagen: Steh auf!
Heb dein Bett' auf und wandle
-- So leicht ist
es Ihm zu sagen: Dir sind deine Sünden verge-
ben.
Der Allmacht ist alles gleich leicht.

Die

Matthäus IX.
Folgen deſſen, was man Sünde heißt. Er wirkt auf
eine poſitife Weiſe gegen die Natur. Es war nicht
Gottesläſterung, daß Er ſich dieſe Kraft anmaßte;
Denn Er hatte ſie. Was Gott Ihm gegeben hatte,
das durfte Er Sein nennen. Gottes Macht war
die Seinige.
Es war nicht Gottesentehrung den Sohn,
den Menſchen Jeſus ehren. Der Vater will durch den
Sohn geehret ſeyn. Der Sohn kann nichts von
Sich ſelber thun; Er ſehe es dann vom Vater,
und was der Vater thut, das thut auch der Sohn
gleicher Weiſe.
Wer den Sohn läſtert, der läſtert
den Vater! Wer den Sohn nicht ehret, der ehret
auch den Vater nicht, der Ihn geſandt hat.
Wer mich haſſet,
ſagt Jeſus, der haſſet auch
meinen Vater.
— Der Menſchen Sohn, der Menſch
Chriſtus
hatte auf Erden ſchon Macht die Sünden
zu erlaſſen ... Und jetzt ſollt’ Er’s nicht mehr haben?
Itzt Ohnmächtiger ſeyn, als in jenem gedrängreichen
Zimmer, oder auf dem Eſtrich, wo der Gichtbrüchige
vor ſeinen Augen niedergelaſſen ward?

Sünde vergeben, welch eine poſitife göttliche
Macht über alle Mächte erfordert dies? Macht über die
Natur — über ſolche, gegen die wir uns verſchuldet
haben — Macht über unſere Körper und Seelen ...
So leicht es Ihm iſt, mit Erfolg zu ſagen: Steh auf!
Heb dein Bett’ auf und wandle
— So leicht iſt
es Ihm zu ſagen: Dir ſind deine Sünden verge-
ben.
Der Allmacht iſt alles gleich leicht.

Die
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[102[122]/0130] Matthäus IX. Folgen deſſen, was man Sünde heißt. Er wirkt auf eine poſitife Weiſe gegen die Natur. Es war nicht Gottesläſterung, daß Er ſich dieſe Kraft anmaßte; Denn Er hatte ſie. Was Gott Ihm gegeben hatte, das durfte Er Sein nennen. Gottes Macht war die Seinige. Es war nicht Gottesentehrung den Sohn, den Menſchen Jeſus ehren. Der Vater will durch den Sohn geehret ſeyn. Der Sohn kann nichts von Sich ſelber thun; Er ſehe es dann vom Vater, und was der Vater thut, das thut auch der Sohn gleicher Weiſe. Wer den Sohn läſtert, der läſtert den Vater! Wer den Sohn nicht ehret, der ehret auch den Vater nicht, der Ihn geſandt hat. Wer mich haſſet, ſagt Jeſus, der haſſet auch meinen Vater. — Der Menſchen Sohn, der Menſch Chriſtus hatte auf Erden ſchon Macht die Sünden zu erlaſſen ... Und jetzt ſollt’ Er’s nicht mehr haben? Itzt Ohnmächtiger ſeyn, als in jenem gedrängreichen Zimmer, oder auf dem Eſtrich, wo der Gichtbrüchige vor ſeinen Augen niedergelaſſen ward? Sünde vergeben, welch eine poſitife göttliche Macht über alle Mächte erfordert dies? Macht über die Natur — über ſolche, gegen die wir uns verſchuldet haben — Macht über unſere Körper und Seelen ... So leicht es Ihm iſt, mit Erfolg zu ſagen: Steh auf! Heb dein Bett’ auf und wandle — So leicht iſt es Ihm zu ſagen: Dir ſind deine Sünden verge- ben. Der Allmacht iſt alles gleich leicht. Die

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 102[122]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/130>, abgerufen am 21.11.2024.