Glaube der durch Liebe wirksam ist. Die streng- sten Aufopferungen ohne Liebe, ohne innerliche Bewe- gung des uneigennützigen Wohlwollens sind nichts. Liebe allein heiligt alles, was Opfer heissen mag.
66.
Wie können die Hochzeitleute trauren, soMatth. IX. 15. 16. lange der Bräutigam bey ihnen ist. Es wird aber die Zeit kommen, da der Bräutigam von ihnen genommen wird. ... Ach! Sie liegt uns schwehr auf der Seele, diese eiserne Zeit, wo Er so fern scheint! ... Alsdann werden sie fasten .... Fasten wir jetzt? Wir, die wir den Namen haben wol- len, daß wir die Erscheinung Christi lieb haben? -- Gehn wir seiner säumenden Abwesenheit wegen trau- rig einher? Und doch war's besser, daß der Bräutigam von uns hingenommen ward -- Nicht nur überhaupt, weil es besser ist, ins Trauerhaus zu gehen, als ins Trinkhaus, sondern weil, wenn Er nicht hingegangen wäre, der Tröster, der Geist der Wahrheit nicht würde zu uns gekommen seyn.
67. Altes Kleid. Neue Lappen.
Niemand flicket ein alt Kleid mit einem Lap- pen von neuem Tuch; Denn der Lappe, (oder Blätz, wie die Schweizer sagen,) reisst doch wieder vom Kleide, und der Riß wird ärger. Man fasst auch nicht Most in alte Schläuche; Oder
die
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Hochzeitleute trauren ꝛc.
Glaube der durch Liebe wirkſam iſt. Die ſtreng- ſten Aufopferungen ohne Liebe, ohne innerliche Bewe- gung des uneigennützigen Wohlwollens ſind nichts. Liebe allein heiligt alles, was Opfer heiſſen mag.
66.
Wie können die Hochzeitleute trauren, ſoMatth. IX. 15. 16. lange der Bräutigam bey ihnen iſt. Es wird aber die Zeit kommen, da der Bräutigam von ihnen genommen wird. ... Ach! Sie liegt uns ſchwehr auf der Seele, dieſe eiſerne Zeit, wo Er ſo fern ſcheint! ... Alsdann werden ſie faſten .... Faſten wir jetzt? Wir, die wir den Namen haben wol- len, daß wir die Erſcheinung Chriſti lieb haben? — Gehn wir ſeiner ſäumenden Abweſenheit wegen trau- rig einher? Und doch war’s beſſer, daß der Bräutigam von uns hingenommen ward — Nicht nur überhaupt, weil es beſſer iſt, ins Trauerhaus zu gehen, als ins Trinkhaus, ſondern weil, wenn Er nicht hingegangen wäre, der Tröſter, der Geiſt der Wahrheit nicht würde zu uns gekommen ſeyn.
67. Altes Kleid. Neue Lappen.
Niemand flicket ein alt Kleid mit einem Lap- pen von neuem Tuch; Denn der Lappe, (oder Blätz, wie die Schweizer ſagen,) reiſſt doch wieder vom Kleide, und der Riß wird ärger. Man faſſt auch nicht Moſt in alte Schläuche; Oder
die
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Hochzeitleute trauren ꝛc.
Glaube der durch Liebe wirkſam iſt. Die ſtreng-
ſten Aufopferungen ohne Liebe, ohne innerliche Bewe-
gung des uneigennützigen Wohlwollens ſind nichts. Liebe
allein heiligt alles, was Opfer heiſſen mag.
66.
Wie können die Hochzeitleute trauren, ſo
lange der Bräutigam bey ihnen iſt. Es wird
aber die Zeit kommen, da der Bräutigam von
ihnen genommen wird. ... Ach! Sie liegt uns
ſchwehr auf der Seele, dieſe eiſerne Zeit, wo Er ſo fern
ſcheint! ... Alsdann werden ſie faſten ....
Faſten wir jetzt? Wir, die wir den Namen haben wol-
len, daß wir die Erſcheinung Chriſti lieb haben?
— Gehn wir ſeiner ſäumenden Abweſenheit wegen trau-
rig einher? Und doch war’s beſſer, daß der Bräutigam
von uns hingenommen ward — Nicht nur überhaupt,
weil es beſſer iſt, ins Trauerhaus zu gehen, als
ins Trinkhaus, ſondern weil, wenn Er nicht
hingegangen wäre, der Tröſter, der Geiſt der
Wahrheit nicht würde zu uns gekommen ſeyn.
Matth. IX.
15. 16.
67.
Altes Kleid. Neue Lappen.
Niemand flicket ein alt Kleid mit einem Lap-
pen von neuem Tuch; Denn der Lappe, (oder
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 105[125]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/133>, abgerufen am 21.11.2024.
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