Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Krankes Weib.
&q;daß sie nur Seines Kleides Saum anrühren
&q;dürften. Und alle, die da anrührten, wurden
&q;gesund."
-- Erklärt dies, wenn ihr wollt; Für
Schwachheit, Aberglaube -- wofür ihr wollt --
So indiskret war Jesus nicht, Er nahm alles herzlich
wohl auf, was aus gutem zutraulichem Herzen kam;
Was Ihn meynte; Er war so fern, solche Aeusserungen
der Einfalt und Herzlichkeit zu belächeln, oder mit welt-
weiser Verachtung von sich zu entfernen, daß Er viel-
mehr es sich zur Festfreude machte, recht aufmerksam zu
seyn auf solche kindlichtrauliche Glaubensregungen, und
es sich zur Ehre rechnete, denselben durch die schnelleste,
vollständigste Wirksamkeit zu entsprechen.

69.
Krankes Weib.

Jesus wandte sich um und sahe sie und sprach:Matth.
IX. 22.

Sey getrost, meine Tochter! Dein Glaube hat dir
geholfen. Markus
erzählt dieselbe Geschichte um-
ständlicher und dramatischer (ich wünschte dies Wort
deutsch geben zu können -- Schauspielmäßiger, umständ-
licher, nach dem ganzen Hergange) -- Jesus war eben
auf dem Wege nach Jairus Hause -- Er gieng hin
mit Ihm. Und es folgte Ihm viel Volkes nach,
Marci V.
24-34.

und sie drungen Ihn. Und da war ein Weib,
die hatte den Blutgang zwölf Jahre lang gehabt,
und vieles erlitten von vielen Aerzten, und hatte
all ihr Gut drob verzehret, und half sie nichts,
sondern vielmehr ward es ärger mit ihr: Da die

von

Krankes Weib.
&q;daß ſie nur Seines Kleides Saum anrühren
&q;dürften. Und alle, die da anrührten, wurden
&q;geſund.„
— Erklärt dies, wenn ihr wollt; Für
Schwachheit, Aberglaube — wofür ihr wollt —
So indiſkret war Jeſus nicht, Er nahm alles herzlich
wohl auf, was aus gutem zutraulichem Herzen kam;
Was Ihn meynte; Er war ſo fern, ſolche Aeuſſerungen
der Einfalt und Herzlichkeit zu belächeln, oder mit welt-
weiſer Verachtung von ſich zu entfernen, daß Er viel-
mehr es ſich zur Feſtfreude machte, recht aufmerkſam zu
ſeyn auf ſolche kindlichtrauliche Glaubensregungen, und
es ſich zur Ehre rechnete, denſelben durch die ſchnelleſte,
vollſtändigſte Wirkſamkeit zu entſprechen.

69.
Krankes Weib.

Jeſus wandte ſich um und ſahe ſie und ſprach:Matth.
IX. 22.

Sey getroſt, meine Tochter! Dein Glaube hat dir
geholfen. Markus
erzählt dieſelbe Geſchichte um-
ſtändlicher und dramatiſcher (ich wünſchte dies Wort
deutſch geben zu können — Schauſpielmäßiger, umſtänd-
licher, nach dem ganzen Hergange) — Jeſus war eben
auf dem Wege nach Jairus Hauſe — Er gieng hin
mit Ihm. Und es folgte Ihm viel Volkes nach,
Marci V.
24-34.

und ſie drungen Ihn. Und da war ein Weib,
die hatte den Blutgang zwölf Jahre lang gehabt,
und vieles erlitten von vielen Aerzten, und hatte
all ihr Gut drob verzehret, und half ſie nichts,
ſondern vielmehr ward es ärger mit ihr: Da die

von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0135" n="107[127]"/><fw place="top" type="header">Krankes Weib.</fw><lb/><hi rendition="#fr">&amp;q;daß &#x017F;ie nur Seines Kleides Saum anrühren<lb/>
&amp;q;dürften. Und alle, die da anrührten, wurden<lb/>
&amp;q;ge&#x017F;und.&#x201E;</hi> &#x2014; Erklärt dies, wenn ihr wollt; Für<lb/><hi rendition="#fr">Schwachheit, Aberglaube</hi> &#x2014; wofür ihr wollt &#x2014;<lb/>
So <hi rendition="#fr">indi&#x017F;kret</hi> war Je&#x017F;us nicht, Er nahm alles herzlich<lb/>
wohl auf, was aus gutem zutraulichem Herzen kam;<lb/>
Was <hi rendition="#fr">Ihn</hi> meynte; Er war &#x017F;o fern, &#x017F;olche Aeu&#x017F;&#x017F;erungen<lb/>
der Einfalt und Herzlichkeit zu belächeln, oder mit welt-<lb/>
wei&#x017F;er Verachtung von &#x017F;ich zu entfernen, daß Er viel-<lb/>
mehr es &#x017F;ich zur Fe&#x017F;tfreude machte, recht aufmerk&#x017F;am zu<lb/>
&#x017F;eyn auf &#x017F;olche kindlichtrauliche Glaubensregungen, und<lb/>
es &#x017F;ich zur Ehre rechnete, den&#x017F;elben durch die &#x017F;chnelle&#x017F;te,<lb/>
voll&#x017F;tändig&#x017F;te Wirk&#x017F;amkeit zu ent&#x017F;prechen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>69.<lb/>
Krankes Weib.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Je&#x017F;us wandte &#x017F;ich um und &#x017F;ahe &#x017F;ie und &#x017F;prach:</hi><note place="right">Matth.<lb/><hi rendition="#aq">IX.</hi> 22.</note><lb/><hi rendition="#fr">Sey getro&#x017F;t, meine Tochter! Dein Glaube hat dir<lb/>
geholfen. Markus</hi> erzählt die&#x017F;elbe Ge&#x017F;chichte um-<lb/>
&#x017F;tändlicher und <hi rendition="#fr">dramati&#x017F;cher</hi> (ich wün&#x017F;chte dies Wort<lb/>
deut&#x017F;ch geben zu können &#x2014; Schau&#x017F;pielmäßiger, um&#x017F;tänd-<lb/>
licher, nach dem ganzen Hergange) &#x2014; <hi rendition="#fr">Je&#x017F;us</hi> war eben<lb/>
auf dem Wege nach <hi rendition="#fr">Jairus</hi> Hau&#x017F;e &#x2014; <hi rendition="#fr">Er gieng hin<lb/>
mit Ihm. Und es folgte Ihm viel Volkes nach,</hi><note place="right">Marci <hi rendition="#aq">V.</hi><lb/>
24-34.</note><lb/><hi rendition="#fr">und &#x017F;ie drungen Ihn. Und da war ein Weib,<lb/>
die hatte den Blutgang zwölf Jahre lang gehabt,<lb/>
und vieles erlitten von vielen Aerzten, und hatte<lb/>
all ihr Gut drob verzehret, und half &#x017F;ie nichts,<lb/>
&#x017F;ondern vielmehr ward es ärger mit ihr: Da die</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">von</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107[127]/0135] Krankes Weib. &q;daß ſie nur Seines Kleides Saum anrühren &q;dürften. Und alle, die da anrührten, wurden &q;geſund.„ — Erklärt dies, wenn ihr wollt; Für Schwachheit, Aberglaube — wofür ihr wollt — So indiſkret war Jeſus nicht, Er nahm alles herzlich wohl auf, was aus gutem zutraulichem Herzen kam; Was Ihn meynte; Er war ſo fern, ſolche Aeuſſerungen der Einfalt und Herzlichkeit zu belächeln, oder mit welt- weiſer Verachtung von ſich zu entfernen, daß Er viel- mehr es ſich zur Feſtfreude machte, recht aufmerkſam zu ſeyn auf ſolche kindlichtrauliche Glaubensregungen, und es ſich zur Ehre rechnete, denſelben durch die ſchnelleſte, vollſtändigſte Wirkſamkeit zu entſprechen. 69. Krankes Weib. Jeſus wandte ſich um und ſahe ſie und ſprach: Sey getroſt, meine Tochter! Dein Glaube hat dir geholfen. Markus erzählt dieſelbe Geſchichte um- ſtändlicher und dramatiſcher (ich wünſchte dies Wort deutſch geben zu können — Schauſpielmäßiger, umſtänd- licher, nach dem ganzen Hergange) — Jeſus war eben auf dem Wege nach Jairus Hauſe — Er gieng hin mit Ihm. Und es folgte Ihm viel Volkes nach, und ſie drungen Ihn. Und da war ein Weib, die hatte den Blutgang zwölf Jahre lang gehabt, und vieles erlitten von vielen Aerzten, und hatte all ihr Gut drob verzehret, und half ſie nichts, ſondern vielmehr ward es ärger mit ihr: Da die von Matth. IX. 22. Marci V. 24-34.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/135
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 107[127]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/135>, abgerufen am 02.09.2024.