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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Matthäus XII.
102.
Der Meßias.
Matth.
XII. 15-21.

Jesus aber entwich, und Ihm folgete viel
Volks nach, und Er heilete sie alle; Und Er ver-
bot ihnen, daß sie Ihn nicht meldeten. Auf daß
erfüllet würde, was durch Jesaiam den Prophe-

Jes.
XLII. 1-3.
ten gesagt worden, der da spricht: Siehe mein
Knecht, den Ich erwählet habe! Mein Gelieb-
ter, an dem meine Seele ein Wohlgefallen hat.
Ich will meinen Geist auf Ihn legen, und Er
wird den Heyden das Gericht verkünden. Er
wird nicht zanken und nicht schreyen, und es wird
niemand auf der Gasse Seine Stimme hören.
Ein zerklecktes Rohr wird er nicht zerbrechen,
und den glimmenden Docht wird er nicht auslö-
schen; bis daß Er das Gericht zum Sieg aus-
führe. Und die Heyden werden auf Seinen Na-
men hoffen.
-- So öffentlich, wie möglich, und so
bescheiden, wie möglich handelte Jesus. Mitten im Ge-
räusche mußte Er leben -- aber heiter und geräuschlos
war seine Seele. Sie war ein Fels im tobenden Mee-
re. Er stillete, so viel Er konnte, Naturgetümmel und
Menschengetümmel. Es war Ihm um Wirkung,
nicht um Schein und Ruhm der Wirkung zu thun,
um Hülfe, nicht um's Gerede. Er half -- öffent-
lich, wo es anders nicht möglich war; Am liebsten aber
in der Stille, in einem einsamen Zimmer vor wenig
Zeugen -- Selten, vielleicht nie ganz ohne Zeugen, aus

Klug-
Matthäus XII.
102.
Der Meßias.
Matth.
XII. 15-21.

Jeſus aber entwich, und Ihm folgete viel
Volks nach, und Er heilete ſie alle; Und Er ver-
bot ihnen, daß ſie Ihn nicht meldeten. Auf daß
erfüllet würde, was durch Jeſaiam den Prophe-

Jeſ.
XLII. 1-3.
ten geſagt worden, der da ſpricht: Siehe mein
Knecht, den Ich erwählet habe! Mein Gelieb-
ter, an dem meine Seele ein Wohlgefallen hat.
Ich will meinen Geiſt auf Ihn legen, und Er
wird den Heyden das Gericht verkünden. Er
wird nicht zanken und nicht ſchreyen, und es wird
niemand auf der Gaſſe Seine Stimme hören.
Ein zerklecktes Rohr wird er nicht zerbrechen,
und den glimmenden Docht wird er nicht auslö-
ſchen; bis daß Er das Gericht zum Sieg aus-
führe. Und die Heyden werden auf Seinen Na-
men hoffen.
— So öffentlich, wie möglich, und ſo
beſcheiden, wie möglich handelte Jeſus. Mitten im Ge-
räuſche mußte Er leben — aber heiter und geräuſchlos
war ſeine Seele. Sie war ein Fels im tobenden Mee-
re. Er ſtillete, ſo viel Er konnte, Naturgetümmel und
Menſchengetümmel. Es war Ihm um Wirkung,
nicht um Schein und Ruhm der Wirkung zu thun,
um Hülfe, nicht um’s Gerede. Er half — öffent-
lich, wo es anders nicht möglich war; Am liebſten aber
in der Stille, in einem einſamen Zimmer vor wenig
Zeugen — Selten, vielleicht nie ganz ohne Zeugen, aus

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[160[180]/0188] Matthäus XII. 102. Der Meßias. Jeſus aber entwich, und Ihm folgete viel Volks nach, und Er heilete ſie alle; Und Er ver- bot ihnen, daß ſie Ihn nicht meldeten. Auf daß erfüllet würde, was durch Jeſaiam den Prophe- ten geſagt worden, der da ſpricht: Siehe mein Knecht, den Ich erwählet habe! Mein Gelieb- ter, an dem meine Seele ein Wohlgefallen hat. Ich will meinen Geiſt auf Ihn legen, und Er wird den Heyden das Gericht verkünden. Er wird nicht zanken und nicht ſchreyen, und es wird niemand auf der Gaſſe Seine Stimme hören. Ein zerklecktes Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslö- ſchen; bis daß Er das Gericht zum Sieg aus- führe. Und die Heyden werden auf Seinen Na- men hoffen. — So öffentlich, wie möglich, und ſo beſcheiden, wie möglich handelte Jeſus. Mitten im Ge- räuſche mußte Er leben — aber heiter und geräuſchlos war ſeine Seele. Sie war ein Fels im tobenden Mee- re. Er ſtillete, ſo viel Er konnte, Naturgetümmel und Menſchengetümmel. Es war Ihm um Wirkung, nicht um Schein und Ruhm der Wirkung zu thun, um Hülfe, nicht um’s Gerede. Er half — öffent- lich, wo es anders nicht möglich war; Am liebſten aber in der Stille, in einem einſamen Zimmer vor wenig Zeugen — Selten, vielleicht nie ganz ohne Zeugen, aus Klug- Jeſ. XLII. 1-3.

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 160[180]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/188>, abgerufen am 28.11.2024.