sie die Ersten gewesen, die, sobald die Erscheinung wieder verschwunden wäre, drüber gespottet, und geurtheilt hät- ten -- "Es wäre sonst und zufälliger Weise geschehen!" Welches Wunder, das am Himmel hätte geschehen kön- nen, hätte so dauerhaft, so wichtig, so nützlich, des Königs und Arztes der Menschheit so würdig -- so menschenfreundlich seyn können, wie die hundert und tausend wunderbaren Hülfen, die Jesus alle Tage dem mit Elende beladenen Menschengeschlechte leistete! Dem Feinde der Wahrheit kann nie kein Freund der Wahrheit, kein Christus auf Erden, kein Gott im Him- mel genug thun. Denke nie, daß du Ihn überzeugen könnest. Wer das nicht sehen will, was vor ihm liegt, wird auch das nicht sehen wollen, was vor ihm liegen wird. Wer im Gegenwärtigen untreu ist, mit Lust, mit Wohlgefallen untreu ist -- der wird es auch in der Zukunft seyn.
Uebrigens ist merkwürdig, wie Jesus keine Ge- legenheit vorbeyläßt, für die Schriften des alten Bun- des seine Verehrung zu bezeugen, und das Siegel des göttlichen Beyfalls darauf zu drücken! Wie ganz ver- schieden dacht Er von dem frechen Geist unsrer Zeit -- da, nicht mehr nur öffentliche und erklärte Ungläubige und Bestreiter des Christenthums und der Offenbahrung, sondern bald Haufen, sogenannter christlicher Lehrer und Schriftgelehrten des alten Testamentes und der wunderbaren Geschichten, wovon dasselbe voll ist, sich nicht nur schämen, sondern mit Verachtung davon re- den! Mögen Sie's! Was Christus ehrte, will ich
auch
Matthäus XII.
ſie die Erſten geweſen, die, ſobald die Erſcheinung wieder verſchwunden wäre, drüber geſpottet, und geurtheilt hät- ten — „Es wäre ſonſt und zufälliger Weiſe geſchehen!„ Welches Wunder, das am Himmel hätte geſchehen kön- nen, hätte ſo dauerhaft, ſo wichtig, ſo nützlich, des Königs und Arztes der Menſchheit ſo würdig — ſo menſchenfreundlich ſeyn können, wie die hundert und tauſend wunderbaren Hülfen, die Jeſus alle Tage dem mit Elende beladenen Menſchengeſchlechte leiſtete! Dem Feinde der Wahrheit kann nie kein Freund der Wahrheit, kein Chriſtus auf Erden, kein Gott im Him- mel genug thun. Denke nie, daß du Ihn überzeugen könneſt. Wer das nicht ſehen will, was vor ihm liegt, wird auch das nicht ſehen wollen, was vor ihm liegen wird. Wer im Gegenwärtigen untreu iſt, mit Luſt, mit Wohlgefallen untreu iſt — der wird es auch in der Zukunft ſeyn.
Uebrigens iſt merkwürdig, wie Jeſus keine Ge- legenheit vorbeyläßt, für die Schriften des alten Bun- des ſeine Verehrung zu bezeugen, und das Siegel des göttlichen Beyfalls darauf zu drücken! Wie ganz ver- ſchieden dacht Er von dem frechen Geiſt unſrer Zeit — da, nicht mehr nur öffentliche und erklärte Ungläubige und Beſtreiter des Chriſtenthums und der Offenbahrung, ſondern bald Haufen, ſogenannter chriſtlicher Lehrer und Schriftgelehrten des alten Teſtamentes und der wunderbaren Geſchichten, wovon daſſelbe voll iſt, ſich nicht nur ſchämen, ſondern mit Verachtung davon re- den! Mögen Sie’s! Was Chriſtus ehrte, will ich
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[170[190]/0198]
Matthäus XII.
ſie die Erſten geweſen, die, ſobald die Erſcheinung wieder
verſchwunden wäre, drüber geſpottet, und geurtheilt hät-
ten — „Es wäre ſonſt und zufälliger Weiſe geſchehen!„
Welches Wunder, das am Himmel hätte geſchehen kön-
nen, hätte ſo dauerhaft, ſo wichtig, ſo nützlich, des
Königs und Arztes der Menſchheit ſo würdig — ſo
menſchenfreundlich ſeyn können, wie die hundert und
tauſend wunderbaren Hülfen, die Jeſus alle Tage
dem mit Elende beladenen Menſchengeſchlechte leiſtete!
Dem Feinde der Wahrheit kann nie kein Freund der
Wahrheit, kein Chriſtus auf Erden, kein Gott im Him-
mel genug thun. Denke nie, daß du Ihn überzeugen
könneſt. Wer das nicht ſehen will, was vor ihm liegt,
wird auch das nicht ſehen wollen, was vor ihm liegen
wird. Wer im Gegenwärtigen untreu iſt, mit Luſt,
mit Wohlgefallen untreu iſt — der wird es auch in der
Zukunft ſeyn.
Uebrigens iſt merkwürdig, wie Jeſus keine Ge-
legenheit vorbeyläßt, für die Schriften des alten Bun-
des ſeine Verehrung zu bezeugen, und das Siegel des
göttlichen Beyfalls darauf zu drücken! Wie ganz ver-
ſchieden dacht Er von dem frechen Geiſt unſrer Zeit —
da, nicht mehr nur öffentliche und erklärte Ungläubige
und Beſtreiter des Chriſtenthums und der Offenbahrung,
ſondern bald Haufen, ſogenannter chriſtlicher Lehrer
und Schriftgelehrten des alten Teſtamentes und der
wunderbaren Geſchichten, wovon daſſelbe voll iſt, ſich
nicht nur ſchämen, ſondern mit Verachtung davon re-
den! Mögen Sie’s! Was Chriſtus ehrte, will ich
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 170[190]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/198>, abgerufen am 29.11.2024.
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