des Propheten Jonas; Denn gleichwie Jonas war drey Tag und drey Nächte in des Wallfi- sches Bauch, also wird des Menschen Sohn drey Tag und drey Nächte im Herzen der Erde seyn.
Unverschämter kann die Unverschämtheit nicht han- deln, als von dem, der immer Zeichen und Wunder that, ein neues Zeichen verlangen. Alles, was da ist, rührt den nicht, der nicht glauben will; Er will im- mer etwas anders, als was er hat -- und wenn auch das ihm gegeben würde, würd' es ihm wieder nicht recht seyn. Ehe Christus sich binden ließ, heilte Er wun- derthätiger Weise den Malchus -- Mit sehenden Au- gen sahen sie nichts -- Steige vom Kreutz herab, und wir wollen Dir glauben. Er stieg nicht vom Kreutz herab -- aber, was ungleich mehr war; Er stand auf vom Tode. Sie vernahmen nicht durch die ihnen vielleicht verdächtigen Apostel, durch die unverdächtigen römischen Soldaten die Nachricht -- Aber, glaubten Sie? Wer nicht glauben will, glaubt auch dann nicht, wenn er sieht. Die Wahrheit macht den Feind der Wahrheit blind und rasend.
Sie wollten ein Zeichen am Himmel von Chri- stus sehen. Wohlthätige, nützliche, Leib und Seel er- quickende Wunder auf Erden, das war ihnen nichts. Was einen vernünftigen, guten Zweck hatte, -- nichts. Sie wollten Lufterscheinungen, Veränderungen am Him- mel! Donnerwetter! Cometen -- oder, was weiß ich? Und, so gewiß Christus so etwas geboten hätte, wären
sie
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Jonas und Chriſtus.
des Propheten Jonas; Denn gleichwie Jonas war drey Tag und drey Nächte in des Wallfi- ſches Bauch, alſo wird des Menſchen Sohn drey Tag und drey Nächte im Herzen der Erde ſeyn.
Unverſchämter kann die Unverſchämtheit nicht han- deln, als von dem, der immer Zeichen und Wunder that, ein neues Zeichen verlangen. Alles, was da iſt, rührt den nicht, der nicht glauben will; Er will im- mer etwas anders, als was er hat — und wenn auch das ihm gegeben würde, würd’ es ihm wieder nicht recht ſeyn. Ehe Chriſtus ſich binden ließ, heilte Er wun- derthätiger Weiſe den Malchus — Mit ſehenden Au- gen ſahen ſie nichts — Steige vom Kreutz herab, und wir wollen Dir glauben. Er ſtieg nicht vom Kreutz herab — aber, was ungleich mehr war; Er ſtand auf vom Tode. Sie vernahmen nicht durch die ihnen vielleicht verdächtigen Apoſtel, durch die unverdächtigen römiſchen Soldaten die Nachricht — Aber, glaubten Sie? Wer nicht glauben will, glaubt auch dann nicht, wenn er ſieht. Die Wahrheit macht den Feind der Wahrheit blind und raſend.
Sie wollten ein Zeichen am Himmel von Chri- ſtus ſehen. Wohlthätige, nützliche, Leib und Seel er- quickende Wunder auf Erden, das war ihnen nichts. Was einen vernünftigen, guten Zweck hatte, — nichts. Sie wollten Lufterſcheinungen, Veränderungen am Him- mel! Donnerwetter! Cometen — oder, was weiß ich? Und, ſo gewiß Chriſtus ſo etwas geboten hätte, wären
ſie
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[169[189]/0197]
Jonas und Chriſtus.
des Propheten Jonas; Denn gleichwie Jonas
war drey Tag und drey Nächte in des Wallfi-
ſches Bauch, alſo wird des Menſchen Sohn
drey Tag und drey Nächte im Herzen der Erde
ſeyn.
Unverſchämter kann die Unverſchämtheit nicht han-
deln, als von dem, der immer Zeichen und Wunder
that, ein neues Zeichen verlangen. Alles, was da
iſt, rührt den nicht, der nicht glauben will; Er will im-
mer etwas anders, als was er hat — und wenn auch
das ihm gegeben würde, würd’ es ihm wieder nicht recht
ſeyn. Ehe Chriſtus ſich binden ließ, heilte Er wun-
derthätiger Weiſe den Malchus — Mit ſehenden Au-
gen ſahen ſie nichts — Steige vom Kreutz herab,
und wir wollen Dir glauben. Er ſtieg nicht vom
Kreutz herab — aber, was ungleich mehr war; Er ſtand auf
vom Tode. Sie vernahmen nicht durch die ihnen vielleicht
verdächtigen Apoſtel, durch die unverdächtigen römiſchen
Soldaten die Nachricht — Aber, glaubten Sie? Wer nicht
glauben will, glaubt auch dann nicht, wenn er ſieht.
Die Wahrheit macht den Feind der Wahrheit
blind und raſend.
Sie wollten ein Zeichen am Himmel von Chri-
ſtus ſehen. Wohlthätige, nützliche, Leib und Seel er-
quickende Wunder auf Erden, das war ihnen nichts.
Was einen vernünftigen, guten Zweck hatte, — nichts.
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 169[189]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/197>, abgerufen am 28.11.2024.
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