Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Matthäus XVII.
ben (Ueberzeugung und Freyheit) so hab es bey dir
selbst vor Gott. Seelig ist, der sich selbst kein
Gewissen machet, in dem, das er annimmt, der
sich selbst,
sagt eine andere Uebersetzung, nicht rich-
tet,
nicht verdammt, in dem, was er für gut ach-
tet,
(der das mit Freuden und Ruhe für sich genießt,
worüber er von seinem eigenen Gewissen keine Vorwürfe
zu erwarten hat) wer aber darüber zweifelt, und
isset doch, der ist verdammt. Denn es gehet
nicht aus dem Glauben. Was aber nicht aus
dem Glauben gehet, das ist Sünde.
Wer wider
seinen Glauben, seine eigene Ueberzeugung handelt, der
sündigt. Sündigen ist seiner eignen bessern Ue-
berzeugung entgegen handeln.
Wer das thut, der
hat sich selber verfällt; Kann sich anders nicht, als
strafbar ansehen.

Diese Sache von dem Aergerniß geben zum Nach-
theil der Schwachen ist zu wichtig, als daß christliche
Leser, denen es um die Beförderung des ächten Christen-
thums zu thun ist, es unschicklich oder überflüßig finden
werden, wenn ich noch eine andere Parallelstelle hier an-
führe, die dem Paulus, und dem Geiste, der Ihn beseel-
1. Cor. VIIIte, oder dem Stifter des Christenthums, durch den Pau-
lus
alles redete und that, zu nicht geringer Ehre gerei-
chen mag. Paulus schreibt an die Christen zu Co-
rinth,
die vorher Heyden gewesen, und an heydnischab-
göttischen Opfermahlzeiten theilnehmen mußten -- von
dem Götzenopfer aber wissen wir -- dann wir alle
haben das Wissen
(daß es nichts ist) -- das Wis-

sen

Matthäus XVII.
ben (Ueberzeugung und Freyheit) ſo hab es bey dir
ſelbſt vor Gott. Seelig iſt, der ſich ſelbſt kein
Gewiſſen machet, in dem, das er annimmt, der
ſich ſelbſt,
ſagt eine andere Ueberſetzung, nicht rich-
tet,
nicht verdammt, in dem, was er für gut ach-
tet,
(der das mit Freuden und Ruhe für ſich genießt,
worüber er von ſeinem eigenen Gewiſſen keine Vorwürfe
zu erwarten hat) wer aber darüber zweifelt, und
iſſet doch, der iſt verdammt. Denn es gehet
nicht aus dem Glauben. Was aber nicht aus
dem Glauben gehet, das iſt Sünde.
Wer wider
ſeinen Glauben, ſeine eigene Ueberzeugung handelt, der
ſündigt. Sündigen iſt ſeiner eignen beſſern Ue-
berzeugung entgegen handeln.
Wer das thut, der
hat ſich ſelber verfällt; Kann ſich anders nicht, als
ſtrafbar anſehen.

Dieſe Sache von dem Aergerniß geben zum Nach-
theil der Schwachen iſt zu wichtig, als daß chriſtliche
Leſer, denen es um die Beförderung des ächten Chriſten-
thums zu thun iſt, es unſchicklich oder überflüßig finden
werden, wenn ich noch eine andere Parallelſtelle hier an-
führe, die dem Paulus, und dem Geiſte, der Ihn beſeel-
1. Cor. VIIIte, oder dem Stifter des Chriſtenthums, durch den Pau-
lus
alles redete und that, zu nicht geringer Ehre gerei-
chen mag. Paulus ſchreibt an die Chriſten zu Co-
rinth,
die vorher Heyden geweſen, und an heydniſchab-
göttiſchen Opfermahlzeiten theilnehmen mußten — von
dem Götzenopfer aber wiſſen wir — dann wir alle
haben das Wiſſen
(daß es nichts iſt) — das Wiſ-

ſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0280" n="252[272]"/><fw place="top" type="header">Matthäus <hi rendition="#aq">XVII.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">ben</hi> (Ueberzeugung und Freyheit) <hi rendition="#fr">&#x017F;o hab es bey dir<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t vor Gott. Seelig i&#x017F;t, der &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t kein<lb/>
Gewi&#x017F;&#x017F;en machet, in dem, das er annimmt, der<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t,</hi> &#x017F;agt eine andere Ueber&#x017F;etzung, <hi rendition="#fr">nicht rich-<lb/>
tet,</hi> nicht verdammt, <hi rendition="#fr">in dem, was er für gut ach-<lb/>
tet,</hi> (der das mit Freuden und Ruhe für &#x017F;ich genießt,<lb/>
worüber er von &#x017F;einem eigenen Gewi&#x017F;&#x017F;en keine Vorwürfe<lb/>
zu erwarten hat) <hi rendition="#fr">wer aber darüber zweifelt, und<lb/>
i&#x017F;&#x017F;et doch, der i&#x017F;t verdammt. Denn es gehet<lb/>
nicht aus dem Glauben. Was aber nicht aus<lb/>
dem Glauben gehet, das i&#x017F;t Sünde.</hi> Wer wider<lb/>
&#x017F;einen Glauben, &#x017F;eine eigene Ueberzeugung handelt, der<lb/>
&#x017F;ündigt. <hi rendition="#fr">Sündigen i&#x017F;t &#x017F;einer eignen be&#x017F;&#x017F;ern Ue-<lb/>
berzeugung entgegen handeln.</hi> Wer das thut, der<lb/>
hat &#x017F;ich &#x017F;elber verfällt; Kann &#x017F;ich anders nicht, als<lb/>
&#x017F;trafbar an&#x017F;ehen.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e Sache von dem <hi rendition="#fr">Aergerniß geben</hi> zum Nach-<lb/>
theil der Schwachen i&#x017F;t zu wichtig, als daß chri&#x017F;tliche<lb/>
Le&#x017F;er, denen es um die Beförderung des ächten Chri&#x017F;ten-<lb/>
thums zu thun i&#x017F;t, es un&#x017F;chicklich oder überflüßig finden<lb/>
werden, wenn ich noch eine andere Parallel&#x017F;telle hier an-<lb/>
führe, die dem <hi rendition="#fr">Paulus,</hi> und dem Gei&#x017F;te, der Ihn be&#x017F;eel-<lb/><note place="left">1. Cor. <hi rendition="#aq">VIII</hi></note>te, oder dem Stifter des Chri&#x017F;tenthums, durch den <hi rendition="#fr">Pau-<lb/>
lus</hi> alles redete und that, zu nicht geringer Ehre gerei-<lb/>
chen mag. <hi rendition="#fr">Paulus</hi> &#x017F;chreibt an die Chri&#x017F;ten zu <hi rendition="#fr">Co-<lb/>
rinth,</hi> die vorher Heyden gewe&#x017F;en, und an heydni&#x017F;chab-<lb/>
götti&#x017F;chen Opfermahlzeiten theilnehmen mußten &#x2014; <hi rendition="#fr">von<lb/>
dem Götzenopfer aber wi&#x017F;&#x017F;en wir &#x2014; dann wir alle<lb/>
haben das Wi&#x017F;&#x017F;en</hi> (daß es nichts i&#x017F;t) &#x2014; <hi rendition="#fr">das Wi&#x017F;-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">&#x017F;en</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252[272]/0280] Matthäus XVII. ben (Ueberzeugung und Freyheit) ſo hab es bey dir ſelbſt vor Gott. Seelig iſt, der ſich ſelbſt kein Gewiſſen machet, in dem, das er annimmt, der ſich ſelbſt, ſagt eine andere Ueberſetzung, nicht rich- tet, nicht verdammt, in dem, was er für gut ach- tet, (der das mit Freuden und Ruhe für ſich genießt, worüber er von ſeinem eigenen Gewiſſen keine Vorwürfe zu erwarten hat) wer aber darüber zweifelt, und iſſet doch, der iſt verdammt. Denn es gehet nicht aus dem Glauben. Was aber nicht aus dem Glauben gehet, das iſt Sünde. Wer wider ſeinen Glauben, ſeine eigene Ueberzeugung handelt, der ſündigt. Sündigen iſt ſeiner eignen beſſern Ue- berzeugung entgegen handeln. Wer das thut, der hat ſich ſelber verfällt; Kann ſich anders nicht, als ſtrafbar anſehen. Dieſe Sache von dem Aergerniß geben zum Nach- theil der Schwachen iſt zu wichtig, als daß chriſtliche Leſer, denen es um die Beförderung des ächten Chriſten- thums zu thun iſt, es unſchicklich oder überflüßig finden werden, wenn ich noch eine andere Parallelſtelle hier an- führe, die dem Paulus, und dem Geiſte, der Ihn beſeel- te, oder dem Stifter des Chriſtenthums, durch den Pau- lus alles redete und that, zu nicht geringer Ehre gerei- chen mag. Paulus ſchreibt an die Chriſten zu Co- rinth, die vorher Heyden geweſen, und an heydniſchab- göttiſchen Opfermahlzeiten theilnehmen mußten — von dem Götzenopfer aber wiſſen wir — dann wir alle haben das Wiſſen (daß es nichts iſt) — das Wiſ- ſen 1. Cor. VIII

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/280
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 252[272]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/280>, abgerufen am 27.07.2024.