beflecket. (Sie können nicht ruhig und Sündenfrey von dieser Speise geniessen.) Aber die Speise för- dert uns nicht vor Gott (Essen oder nicht essen an sich betrachtet, ist weder Religion noch Irreligion. Gott ist es gleichgültig, ob wir gewisse Speisen essen oder nicht essen). Essen wir, so werden wir darum nicht besser seyn. Essen wir nicht, so werden wir darum nichts weniger seyn. Sehet aber zu, daß diese euere Freyheit dem Schwachen nicht zu einem Anstoß gereiche. Denn so jemand dich, der du die Erkenntniß hast, im Götzen- hause siehet zu Tische sitzen, wird nicht sein Ge- wissen, dieweil es schwach ist, verursachet -- das Götzenopfer zu essen und wird also durch dei- ne Erkenntniß, der schwache Bruder, um wel- ches willen Christus gestorben ist, verdärben (zu Grunde gehen, verführt werden seiner eignen Ue- berzeugung entgegen zu handeln. Er, der die Gewis- sensfreyheit nicht hat, die du hast, wird, ohne deine Ueberzeugung und ohne Einsicht, um deines Beyspiels willen, thun, was du thust) -- Wenn ihr also wi- der die Brüder sündiget, -- und schlaget ihr schwaches Gewissen; So sündiget ihr wider Christum. Darum so die Speise meinen Bru- der ärgert -- will ich in Ewigkeit kein Fleisch essen, auf daß ich meinen Bruder nicht ärgere. -- So unmöglich soll es uns seyn, etwas an sich Gleichgültiges zu thun, wodurch ein anderer leicht geär- gert, das heißt, zur Sünde verleitet werden könnte.
Und
Matthäus XVII.
beflecket. (Sie können nicht ruhig und Sündenfrey von dieſer Speiſe genieſſen.) Aber die Speiſe för- dert uns nicht vor Gott (Eſſen oder nicht eſſen an ſich betrachtet, iſt weder Religion noch Irreligion. Gott iſt es gleichgültig, ob wir gewiſſe Speiſen eſſen oder nicht eſſen). Eſſen wir, ſo werden wir darum nicht beſſer ſeyn. Eſſen wir nicht, ſo werden wir darum nichts weniger ſeyn. Sehet aber zu, daß dieſe euere Freyheit dem Schwachen nicht zu einem Anſtoß gereiche. Denn ſo jemand dich, der du die Erkenntniß haſt, im Götzen- hauſe ſiehet zu Tiſche ſitzen, wird nicht ſein Ge- wiſſen, dieweil es ſchwach iſt, verurſachet — das Götzenopfer zu eſſen und wird alſo durch dei- ne Erkenntniß, der ſchwache Bruder, um wel- ches willen Chriſtus geſtorben iſt, verdärben (zu Grunde gehen, verführt werden ſeiner eignen Ue- berzeugung entgegen zu handeln. Er, der die Gewiſ- ſensfreyheit nicht hat, die du haſt, wird, ohne deine Ueberzeugung und ohne Einſicht, um deines Beyſpiels willen, thun, was du thuſt) — Wenn ihr alſo wi- der die Brüder ſündiget, — und ſchlaget ihr ſchwaches Gewiſſen; So ſündiget ihr wider Chriſtum. Darum ſo die Speiſe meinen Bru- der ärgert — will ich in Ewigkeit kein Fleiſch eſſen, auf daß ich meinen Bruder nicht ärgere. — So unmöglich ſoll es uns ſeyn, etwas an ſich Gleichgültiges zu thun, wodurch ein anderer leicht geär- gert, das heißt, zur Sünde verleitet werden könnte.
Und
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[254[274]/0282]
Matthäus XVII.
beflecket. (Sie können nicht ruhig und Sündenfrey
von dieſer Speiſe genieſſen.) Aber die Speiſe för-
dert uns nicht vor Gott (Eſſen oder nicht eſſen
an ſich betrachtet, iſt weder Religion noch Irreligion.
Gott iſt es gleichgültig, ob wir gewiſſe Speiſen eſſen oder
nicht eſſen). Eſſen wir, ſo werden wir darum
nicht beſſer ſeyn. Eſſen wir nicht, ſo werden
wir darum nichts weniger ſeyn. Sehet aber
zu, daß dieſe euere Freyheit dem Schwachen
nicht zu einem Anſtoß gereiche. Denn ſo jemand
dich, der du die Erkenntniß haſt, im Götzen-
hauſe ſiehet zu Tiſche ſitzen, wird nicht ſein Ge-
wiſſen, dieweil es ſchwach iſt, verurſachet —
das Götzenopfer zu eſſen und wird alſo durch dei-
ne Erkenntniß, der ſchwache Bruder, um wel-
ches willen Chriſtus geſtorben iſt, verdärben
(zu Grunde gehen, verführt werden ſeiner eignen Ue-
berzeugung entgegen zu handeln. Er, der die Gewiſ-
ſensfreyheit nicht hat, die du haſt, wird, ohne deine
Ueberzeugung und ohne Einſicht, um deines Beyſpiels
willen, thun, was du thuſt) — Wenn ihr alſo wi-
der die Brüder ſündiget, — und ſchlaget ihr
ſchwaches Gewiſſen; So ſündiget ihr wider
Chriſtum. Darum ſo die Speiſe meinen Bru-
der ärgert — will ich in Ewigkeit kein Fleiſch
eſſen, auf daß ich meinen Bruder nicht ärgere.
— So unmöglich ſoll es uns ſeyn, etwas an ſich
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 254[274]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/282>, abgerufen am 26.11.2024.
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