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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Seegnung der Kinder.
obwohl sie Neigung hätten zum ehelichen Leben, der ehe-
lichen Freuden enthalten, und sich um Gottes und der
Religion willen, um würdigere Reichsgenossen Gottes
zu seyn alle Vergnügungen des Fleisches versagt. Ich
überlasse es, will der Herr sagen, einem jeden nach sei-
ner Einsicht und Ueberzeugung hierin zu handeln.

146.
Seegnung der Kinder.

Und Ihm sind Kindlein zugebracht worden,Matth.
XIX. 13.

daß Er sie anrührete, die Hände auf sie legete
und bethete. Die Jünger aber bescholten die, so
Marc. X.
sie hinzutrugen. Da es Jesus sahe, ward Er
zornig und sprach zu ihnen: Lasset die Kindlein
zu Mir kommen, und wehret es ihnen nicht;
Denn solcher ist das Reich Gottes. Wahrlich!
Ich sage euch: Welcher das Reich Gottes nicht
wie ein Kindlein annimmt, der wird nicht dar-
ein kommen. Und als Er sie in die Arme empfan-
gen, und die Hände auf sie gelegt, hat Er sie
geseegnet.
Was verachtet war vor der Welt, das
war vor den Augen des Herrn auserwählt. Das Große
war klein, und das Kleine groß vor Ihm. Die Kinder
waren ihm lieb, wie sein Augapfel. Er konnte zürnen,
wenn man sie verachtete, wenn man gleichgültig und
unbekümmert für sie war. -- Er verehrte in ihnen
das reinere, unverdorbnere Ebenbild der Gottheit --
Er liebte in ihnen die sonst allenthalben verdrängte Un-
schuld. Er stellte sie seinen Jüngern zu Vorbildern dar

-- So
S 3

Seegnung der Kinder.
obwohl ſie Neigung hätten zum ehelichen Leben, der ehe-
lichen Freuden enthalten, und ſich um Gottes und der
Religion willen, um würdigere Reichsgenoſſen Gottes
zu ſeyn alle Vergnügungen des Fleiſches verſagt. Ich
überlaſſe es, will der Herr ſagen, einem jeden nach ſei-
ner Einſicht und Ueberzeugung hierin zu handeln.

146.
Seegnung der Kinder.

Und Ihm ſind Kindlein zugebracht worden,Matth.
XIX. 13.

daß Er ſie anrührete, die Hände auf ſie legete
und bethete. Die Jünger aber beſcholten die, ſo
Marc. X.
ſie hinzutrugen. Da es Jeſus ſahe, ward Er
zornig und ſprach zu ihnen: Laſſet die Kindlein
zu Mir kommen, und wehret es ihnen nicht;
Denn ſolcher iſt das Reich Gottes. Wahrlich!
Ich ſage euch: Welcher das Reich Gottes nicht
wie ein Kindlein annimmt, der wird nicht dar-
ein kommen. Und als Er ſie in die Arme empfan-
gen, und die Hände auf ſie gelegt, hat Er ſie
geſeegnet.
Was verachtet war vor der Welt, das
war vor den Augen des Herrn auserwählt. Das Große
war klein, und das Kleine groß vor Ihm. Die Kinder
waren ihm lieb, wie ſein Augapfel. Er konnte zürnen,
wenn man ſie verachtete, wenn man gleichgültig und
unbekümmert für ſie war. — Er verehrte in ihnen
das reinere, unverdorbnere Ebenbild der Gottheit —
Er liebte in ihnen die ſonſt allenthalben verdrängte Un-
ſchuld. Er ſtellte ſie ſeinen Jüngern zu Vorbildern dar

— So
S 3
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[277[297]/0305] Seegnung der Kinder. obwohl ſie Neigung hätten zum ehelichen Leben, der ehe- lichen Freuden enthalten, und ſich um Gottes und der Religion willen, um würdigere Reichsgenoſſen Gottes zu ſeyn alle Vergnügungen des Fleiſches verſagt. Ich überlaſſe es, will der Herr ſagen, einem jeden nach ſei- ner Einſicht und Ueberzeugung hierin zu handeln. 146. Seegnung der Kinder. Und Ihm ſind Kindlein zugebracht worden, daß Er ſie anrührete, die Hände auf ſie legete und bethete. Die Jünger aber beſcholten die, ſo ſie hinzutrugen. Da es Jeſus ſahe, ward Er zornig und ſprach zu ihnen: Laſſet die Kindlein zu Mir kommen, und wehret es ihnen nicht; Denn ſolcher iſt das Reich Gottes. Wahrlich! Ich ſage euch: Welcher das Reich Gottes nicht wie ein Kindlein annimmt, der wird nicht dar- ein kommen. Und als Er ſie in die Arme empfan- gen, und die Hände auf ſie gelegt, hat Er ſie geſeegnet. Was verachtet war vor der Welt, das war vor den Augen des Herrn auserwählt. Das Große war klein, und das Kleine groß vor Ihm. Die Kinder waren ihm lieb, wie ſein Augapfel. Er konnte zürnen, wenn man ſie verachtete, wenn man gleichgültig und unbekümmert für ſie war. — Er verehrte in ihnen das reinere, unverdorbnere Ebenbild der Gottheit — Er liebte in ihnen die ſonſt allenthalben verdrängte Un- ſchuld. Er ſtellte ſie ſeinen Jüngern zu Vorbildern dar — So Matth. XIX. 13. Marc. X. S 3

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 277[297]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/305>, abgerufen am 24.11.2024.