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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Matthäus XXI.
wenn du über dem Guten, das ein Andrer thut, und
dem Beyfall und Lobe der bessern Menschen, die auf
dieß Gute folgen, unwillig und erbittert wirst, und
den Guten hassest. -- Wer aus Neid anfängt zu hassen
-- lerne sich in dem Bilde der jüdischen Priesterschaft
kennen, und finde in ihrem Betragen das Siegel auf
das Wort: Wer seinen Bruder haßt, der ist ein
Todschläger.

5. Nichts kann der Neid weniger leiden als Lob
der Kinder, die fern von Kunst und List reine Wahrheit
reden -- und die Empfindungen ihres Herzens furchtfrey
und Harmlos an den Tag legen. Und gerade dieser von
der jüdischen Geistlichkeit so vernachläßigte Theil der
Menschheit -- war unserm Herrn so wichtig so heilig.
Er sah in ihnen Gegenstände der Obhut und frohen Auf-
merksamkeit der höchsten Engel. Was sein Vater im
Himmel hoch hielt und ehrte, das hielt Er auch hoch.
Er hörete die Wahrheit, hörete das Lob Gottes so gern
aus dem Munde der Unmündigen! Sein Blick voll
Gnad und Seegen ruhete und verweilte so gern bey
ihnen. Kinder! Die ihr dieses leset oder lesen höret --
laßt mich euch auch hier wieder väterlich und brüder-
lich anreden: Frühe Lobpreisungen Gottes und Christi,
-- mit Empfindung, Herzlichkeit, Andacht ausgespro-
chen, gefallen dem Herrn! Preiset Ihn, ihr Lieben,
nach eurem beßten Vermögen! Es werde euch wohl,
so oft ihr seinen Namen nennen hört! Ihr dürfet es
ganz sicherlich glauben -- Euer Lob; Euere Dank-
sagungen; Euere herzliche Gebether machen Ihm Freu-

de --

Matthäus XXI.
wenn du über dem Guten, das ein Andrer thut, und
dem Beyfall und Lobe der beſſern Menſchen, die auf
dieß Gute folgen, unwillig und erbittert wirſt, und
den Guten haſſeſt. — Wer aus Neid anfängt zu haſſen
— lerne ſich in dem Bilde der jüdiſchen Prieſterſchaft
kennen, und finde in ihrem Betragen das Siegel auf
das Wort: Wer ſeinen Bruder haßt, der iſt ein
Todſchläger.

5. Nichts kann der Neid weniger leiden als Lob
der Kinder, die fern von Kunſt und Liſt reine Wahrheit
reden — und die Empfindungen ihres Herzens furchtfrey
und Harmlos an den Tag legen. Und gerade dieſer von
der jüdiſchen Geiſtlichkeit ſo vernachläßigte Theil der
Menſchheit — war unſerm Herrn ſo wichtig ſo heilig.
Er ſah in ihnen Gegenſtände der Obhut und frohen Auf-
merkſamkeit der höchſten Engel. Was ſein Vater im
Himmel hoch hielt und ehrte, das hielt Er auch hoch.
Er hörete die Wahrheit, hörete das Lob Gottes ſo gern
aus dem Munde der Unmündigen! Sein Blick voll
Gnad und Seegen ruhete und verweilte ſo gern bey
ihnen. Kinder! Die ihr dieſes leſet oder leſen höret —
laßt mich euch auch hier wieder väterlich und brüder-
lich anreden: Frühe Lobpreiſungen Gottes und Chriſti,
— mit Empfindung, Herzlichkeit, Andacht ausgeſpro-
chen, gefallen dem Herrn! Preiſet Ihn, ihr Lieben,
nach eurem beßten Vermögen! Es werde euch wohl,
ſo oft ihr ſeinen Namen nennen hört! Ihr dürfet es
ganz ſicherlich glauben — Euer Lob; Euere Dank-
ſagungen; Euere herzliche Gebether machen Ihm Freu-

de —
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[308[328]/0336] Matthäus XXI. wenn du über dem Guten, das ein Andrer thut, und dem Beyfall und Lobe der beſſern Menſchen, die auf dieß Gute folgen, unwillig und erbittert wirſt, und den Guten haſſeſt. — Wer aus Neid anfängt zu haſſen — lerne ſich in dem Bilde der jüdiſchen Prieſterſchaft kennen, und finde in ihrem Betragen das Siegel auf das Wort: Wer ſeinen Bruder haßt, der iſt ein Todſchläger. 5. Nichts kann der Neid weniger leiden als Lob der Kinder, die fern von Kunſt und Liſt reine Wahrheit reden — und die Empfindungen ihres Herzens furchtfrey und Harmlos an den Tag legen. Und gerade dieſer von der jüdiſchen Geiſtlichkeit ſo vernachläßigte Theil der Menſchheit — war unſerm Herrn ſo wichtig ſo heilig. Er ſah in ihnen Gegenſtände der Obhut und frohen Auf- merkſamkeit der höchſten Engel. Was ſein Vater im Himmel hoch hielt und ehrte, das hielt Er auch hoch. Er hörete die Wahrheit, hörete das Lob Gottes ſo gern aus dem Munde der Unmündigen! Sein Blick voll Gnad und Seegen ruhete und verweilte ſo gern bey ihnen. Kinder! Die ihr dieſes leſet oder leſen höret — laßt mich euch auch hier wieder väterlich und brüder- lich anreden: Frühe Lobpreiſungen Gottes und Chriſti, — mit Empfindung, Herzlichkeit, Andacht ausgeſpro- chen, gefallen dem Herrn! Preiſet Ihn, ihr Lieben, nach eurem beßten Vermögen! Es werde euch wohl, ſo oft ihr ſeinen Namen nennen hört! Ihr dürfet es ganz ſicherlich glauben — Euer Lob; Euere Dank- ſagungen; Euere herzliche Gebether machen Ihm Freu- de —

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 308[328]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/336>, abgerufen am 29.07.2024.