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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Matthäus XXII.
zeit zu berufen, ohne ihnen den mindesten Vorwurf zu
machen. Beynahe ohne allen Vorwurf mit lauter Gna-
denanbietungen kam Johannes und Jesus und seine
Apostel zum jüdischen Volke, ihm die Näherung des
Himmelreichs und allgemeinen Pardon durch den Kö-
nig desselben anzukünden.

Und als sie nicht kommen wollten, sich auch das
zweyte mahl umsonst laden liessen, und mit Verach-
tung der königlichen Ehre und Freude ihrem Gewinn
und Gewerbe nachgiengen, manche von ihnen des Kö-
nigs Gesandte umbrachten, und den König zur gerech-
ten Strafe dieser undankbarsten Empörer nöthigten, da
ließ der gute König die Einladung an Jedermann erge-
hen; Ließ das Evangelium den Heyden verkündigen,
und forderte nicht das mindeste Verdienst von den zu be-
rufenden. "Gehet an die Scheidstrassen, berufet,
&q;wen ihr findet; -- Und sie sammelten, wen sie
&q;fanden, gute, böse
-- die ärmsten, die elendesten;"
"Verkündigt das Evangelium aller Creatur; Ma-
&q;chet zu Jüngern alle Völker! Wer glaubt und
&q;getauft wird, wird seelig werden!"

Und wie sollen denn diese zusammengelesene Gä-
ste geziemend erscheinen? -- Er, der König selbst läßt
ihnen Feyerkleider (nach Gebrauch) austheilen. Also
das, wodurch der Christ fähig werden soll vor dem
Herrn der Herrlichkeit zu erscheinen, und einzugehen in
seines Reiches Ehren und Freuden -- das wird ihm vom
Vater unsers Herrn Jesu Christi geschenkt, wenn er
so wenig davon zuvor besessen hätte, als ein Bettler

an

Matthäus XXII.
zeit zu berufen, ohne ihnen den mindeſten Vorwurf zu
machen. Beynahe ohne allen Vorwurf mit lauter Gna-
denanbietungen kam Johannes und Jeſus und ſeine
Apoſtel zum jüdiſchen Volke, ihm die Näherung des
Himmelreichs und allgemeinen Pardon durch den Kö-
nig deſſelben anzukünden.

Und als ſie nicht kommen wollten, ſich auch das
zweyte mahl umſonſt laden lieſſen, und mit Verach-
tung der königlichen Ehre und Freude ihrem Gewinn
und Gewerbe nachgiengen, manche von ihnen des Kö-
nigs Geſandte umbrachten, und den König zur gerech-
ten Strafe dieſer undankbarſten Empörer nöthigten, da
ließ der gute König die Einladung an Jedermann erge-
hen; Ließ das Evangelium den Heyden verkündigen,
und forderte nicht das mindeſte Verdienſt von den zu be-
rufenden. „Gehet an die Scheidſtraſſen, berufet,
&q;wen ihr findet; — Und ſie ſammelten, wen ſie
&q;fanden, gute, böſe
— die ärmſten, die elendeſten;„
„Verkündigt das Evangelium aller Creatur; Ma-
&q;chet zu Jüngern alle Völker! Wer glaubt und
&q;getauft wird, wird ſeelig werden!„

Und wie ſollen denn dieſe zuſammengeleſene Gä-
ſte geziemend erſcheinen? — Er, der König ſelbſt läßt
ihnen Feyerkleider (nach Gebrauch) austheilen. Alſo
das, wodurch der Chriſt fähig werden ſoll vor dem
Herrn der Herrlichkeit zu erſcheinen, und einzugehen in
ſeines Reiches Ehren und Freuden — das wird ihm vom
Vater unſers Herrn Jeſu Chriſti geſchenkt, wenn er
ſo wenig davon zuvor beſeſſen hätte, als ein Bettler

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[332[352]/0360] Matthäus XXII. zeit zu berufen, ohne ihnen den mindeſten Vorwurf zu machen. Beynahe ohne allen Vorwurf mit lauter Gna- denanbietungen kam Johannes und Jeſus und ſeine Apoſtel zum jüdiſchen Volke, ihm die Näherung des Himmelreichs und allgemeinen Pardon durch den Kö- nig deſſelben anzukünden. Und als ſie nicht kommen wollten, ſich auch das zweyte mahl umſonſt laden lieſſen, und mit Verach- tung der königlichen Ehre und Freude ihrem Gewinn und Gewerbe nachgiengen, manche von ihnen des Kö- nigs Geſandte umbrachten, und den König zur gerech- ten Strafe dieſer undankbarſten Empörer nöthigten, da ließ der gute König die Einladung an Jedermann erge- hen; Ließ das Evangelium den Heyden verkündigen, und forderte nicht das mindeſte Verdienſt von den zu be- rufenden. „Gehet an die Scheidſtraſſen, berufet, &q;wen ihr findet; — Und ſie ſammelten, wen ſie &q;fanden, gute, böſe — die ärmſten, die elendeſten;„ „Verkündigt das Evangelium aller Creatur; Ma- &q;chet zu Jüngern alle Völker! Wer glaubt und &q;getauft wird, wird ſeelig werden!„ Und wie ſollen denn dieſe zuſammengeleſene Gä- ſte geziemend erſcheinen? — Er, der König ſelbſt läßt ihnen Feyerkleider (nach Gebrauch) austheilen. Alſo das, wodurch der Chriſt fähig werden ſoll vor dem Herrn der Herrlichkeit zu erſcheinen, und einzugehen in ſeines Reiches Ehren und Freuden — das wird ihm vom Vater unſers Herrn Jeſu Chriſti geſchenkt, wenn er ſo wenig davon zuvor beſeſſen hätte, als ein Bettler an

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 332[352]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/360>, abgerufen am 23.11.2024.