den gereichen soll, der ist ein Schalk, das heißt, ein Bösewicht und ein Heuchler in einer Person. Das verächtlichste Geschöpf, das man sich denken kann. -- Aber, ach! Nicht das Seltenste.
2. Die Heuchler in unserm Texte reden die reine Wahrheit: Wir wissen, daß du wahrhaftig, red- lich und aufrichtig bist; Und die Niederträchtigen, die das empfinden müssen, was sie sagen, sind so schaamlos, dem redlichsten, beßten Menschen eine Falle zu legen! .. Du lehrest den Weg Gottes recht! Wie wird ih- nen einst zu Muthe seyn -- wenn sie das Wort hören werden: Ich will dich aus deinem eigenen Mun- de richten! -- Du fragest nach niemand, fahren die Heuchler fort, Wahrheit zu sagen -- Du achtest nicht das Ansehen der Menschen! Ja! Amen! Er wird jedem nach seinen Werken vergelten: Denn bey Ihm, dem Herrn des Himmels, gilt kein Ansehen der Person.
3. Was dünket dich: Ist's recht, daß wir dem Kayser Tribut geben, oder nicht? Versündi- gen wir, das Volk Gottes, uns nicht, wenn wir ei- nem heydnischen, abgöttischen Regenten, uns durch Ent- richtung des Tributs uns unterwürfig erkennen? -- Er mag antworten, wie Er will, dachten sie, seine Ant- wort wird so ausfallen müssen, daß wir einen gerechten oder scheinbaren Anlaß haben werden, Ihn beym Volke oder dem Landpfleger verdächtig und verächtlich zu ma- chen. Sagt' Er: "Ja! Es ist recht! Ihr seyd ver-
&q;bun-
Schalkheit und Weisheit.
den gereichen ſoll, der iſt ein Schalk, das heißt, ein Böſewicht und ein Heuchler in einer Perſon. Das verächtlichſte Geſchöpf, das man ſich denken kann. — Aber, ach! Nicht das Seltenſte.
2. Die Heuchler in unſerm Texte reden die reine Wahrheit: Wir wiſſen, daß du wahrhaftig, red- lich und aufrichtig biſt; Und die Niederträchtigen, die das empfinden müſſen, was ſie ſagen, ſind ſo ſchaamlos, dem redlichſten, beßten Menſchen eine Falle zu legen! .. Du lehreſt den Weg Gottes recht! Wie wird ih- nen einſt zu Muthe ſeyn — wenn ſie das Wort hören werden: Ich will dich aus deinem eigenen Mun- de richten! — Du frageſt nach niemand, fahren die Heuchler fort, Wahrheit zu ſagen — Du achteſt nicht das Anſehen der Menſchen! Ja! Amen! Er wird jedem nach ſeinen Werken vergelten: Denn bey Ihm, dem Herrn des Himmels, gilt kein Anſehen der Perſon.
3. Was dünket dich: Iſt’s recht, daß wir dem Kayſer Tribut geben, oder nicht? Verſündi- gen wir, das Volk Gottes, uns nicht, wenn wir ei- nem heydniſchen, abgöttiſchen Regenten, uns durch Ent- richtung des Tributs uns unterwürfig erkennen? — Er mag antworten, wie Er will, dachten ſie, ſeine Ant- wort wird ſo ausfallen müſſen, daß wir einen gerechten oder ſcheinbaren Anlaß haben werden, Ihn beym Volke oder dem Landpfleger verdächtig und verächtlich zu ma- chen. Sagt’ Er: „Ja! Es iſt recht! Ihr ſeyd ver-
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[335[355]/0363]
Schalkheit und Weisheit.
den gereichen ſoll, der iſt ein Schalk, das heißt, ein
Böſewicht und ein Heuchler in einer Perſon.
Das verächtlichſte Geſchöpf, das man ſich denken kann.
— Aber, ach! Nicht das Seltenſte.
2. Die Heuchler in unſerm Texte reden die reine
Wahrheit: Wir wiſſen, daß du wahrhaftig, red-
lich und aufrichtig biſt; Und die Niederträchtigen, die
das empfinden müſſen, was ſie ſagen, ſind ſo ſchaamlos,
dem redlichſten, beßten Menſchen eine Falle zu legen! ..
Du lehreſt den Weg Gottes recht! Wie wird ih-
nen einſt zu Muthe ſeyn — wenn ſie das Wort hören
werden: Ich will dich aus deinem eigenen Mun-
de richten! — Du frageſt nach niemand, fahren
die Heuchler fort, Wahrheit zu ſagen — Du achteſt
nicht das Anſehen der Menſchen! Ja! Amen! Er
wird jedem nach ſeinen Werken vergelten: Denn
bey Ihm, dem Herrn des Himmels, gilt kein Anſehen
der Perſon.
3. Was dünket dich: Iſt’s recht, daß wir
dem Kayſer Tribut geben, oder nicht? Verſündi-
gen wir, das Volk Gottes, uns nicht, wenn wir ei-
nem heydniſchen, abgöttiſchen Regenten, uns durch Ent-
richtung des Tributs uns unterwürfig erkennen? —
Er mag antworten, wie Er will, dachten ſie, ſeine Ant-
wort wird ſo ausfallen müſſen, daß wir einen gerechten
oder ſcheinbaren Anlaß haben werden, Ihn beym Volke
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 335[355]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/363>, abgerufen am 23.11.2024.
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