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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Zuverläßige Anzeigen der etc.
Weise? Kann einem Menschen, der dieses Kapitel mit
gemeinem Menschenverstand lieset, etwas befremdenderes
seyn, als die Vermuthung, oder Behauptung, die Zer-
störung Jerusalems
sey die verheissene, von den
Jüngern und Aposteln erwartete Wiederkunft Jesu
Christi;?!
Ist auch Eine Sylbe, Ein Wink im gan-
zen Kapitel, der diese Vermuthung, oder Behauptung
Einen Augenblick erträglich machte?!

Bald nach der Trübsal derselbigen Tage --
Seht da die Zeitbestimmung jener der Wiederkunft
des Meßias unmittelbar vorgehenden Revolutionen.
Nicht lange nach der Trübsal derselbigen Tage wer-
den sie ihren Anfang nehmen. Das heißt: Nicht lan-
ge, bald, nachdem das Strafgericht über Israel, die
Noth und Drangsal dieses Volks ein Ende genommen
hat. Und ein Ende wird dieses Strafgericht nehmen,
wenn Israel sich wieder zu seinem Gott bekehret, und
durch Bekehrung der Erfüllung jener frühesten göttlichen
Zusagen empfänglich wird -- Wenn es nicht län-Röm. XI. 23
ger im Unglauben verbleibet, und so seinem na-
türlichen Stamme, von welchem es um Unglau-
bens willen weggeschnitten wurde, wieder ein-
gepflanzet werden kann.
Aber noch ist dieser Zeit-
punkt nicht vorhanden. Noch ist Israel verhärtet und
ungläubig -- noch ist sein Strafgericht, das mit der
Zerstörung Jerusalems und des Tempels anfieng, nicht
vollendet, nicht aufgehoben. -- Diese ganze Nation
ist noch itzt in Rücksicht auf ihren vormaligen Zustand
und nach ihrem und aller Menschen Gefühl eine gleich-

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Zuverläßige Anzeigen der ꝛc.
Weiſe? Kann einem Menſchen, der dieſes Kapitel mit
gemeinem Menſchenverſtand lieſet, etwas befremdenderes
ſeyn, als die Vermuthung, oder Behauptung, die Zer-
ſtörung Jeruſalems
ſey die verheiſſene, von den
Jüngern und Apoſteln erwartete Wiederkunft Jeſu
Chriſti;?!
Iſt auch Eine Sylbe, Ein Wink im gan-
zen Kapitel, der dieſe Vermuthung, oder Behauptung
Einen Augenblick erträglich machte?!

Bald nach der Trübſal derſelbigen Tage
Seht da die Zeitbeſtimmung jener der Wiederkunft
des Meßias unmittelbar vorgehenden Revolutionen.
Nicht lange nach der Trübſal derſelbigen Tage wer-
den ſie ihren Anfang nehmen. Das heißt: Nicht lan-
ge, bald, nachdem das Strafgericht über Iſrael, die
Noth und Drangſal dieſes Volks ein Ende genommen
hat. Und ein Ende wird dieſes Strafgericht nehmen,
wenn Iſrael ſich wieder zu ſeinem Gott bekehret, und
durch Bekehrung der Erfüllung jener früheſten göttlichen
Zuſagen empfänglich wird — Wenn es nicht län-Röm. XI. 23
ger im Unglauben verbleibet, und ſo ſeinem na-
türlichen Stamme, von welchem es um Unglau-
bens willen weggeſchnitten wurde, wieder ein-
gepflanzet werden kann.
Aber noch iſt dieſer Zeit-
punkt nicht vorhanden. Noch iſt Iſrael verhärtet und
ungläubig — noch iſt ſein Strafgericht, das mit der
Zerſtörung Jeruſalems und des Tempels anfieng, nicht
vollendet, nicht aufgehoben. — Dieſe ganze Nation
iſt noch itzt in Rückſicht auf ihren vormaligen Zuſtand
und nach ihrem und aller Menſchen Gefühl eine gleich-

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[407[427]/0435] Zuverläßige Anzeigen der ꝛc. Weiſe? Kann einem Menſchen, der dieſes Kapitel mit gemeinem Menſchenverſtand lieſet, etwas befremdenderes ſeyn, als die Vermuthung, oder Behauptung, die Zer- ſtörung Jeruſalems ſey die verheiſſene, von den Jüngern und Apoſteln erwartete Wiederkunft Jeſu Chriſti;?! Iſt auch Eine Sylbe, Ein Wink im gan- zen Kapitel, der dieſe Vermuthung, oder Behauptung Einen Augenblick erträglich machte?! Bald nach der Trübſal derſelbigen Tage — Seht da die Zeitbeſtimmung jener der Wiederkunft des Meßias unmittelbar vorgehenden Revolutionen. Nicht lange nach der Trübſal derſelbigen Tage wer- den ſie ihren Anfang nehmen. Das heißt: Nicht lan- ge, bald, nachdem das Strafgericht über Iſrael, die Noth und Drangſal dieſes Volks ein Ende genommen hat. Und ein Ende wird dieſes Strafgericht nehmen, wenn Iſrael ſich wieder zu ſeinem Gott bekehret, und durch Bekehrung der Erfüllung jener früheſten göttlichen Zuſagen empfänglich wird — Wenn es nicht län- ger im Unglauben verbleibet, und ſo ſeinem na- türlichen Stamme, von welchem es um Unglau- bens willen weggeſchnitten wurde, wieder ein- gepflanzet werden kann. Aber noch iſt dieſer Zeit- punkt nicht vorhanden. Noch iſt Iſrael verhärtet und ungläubig — noch iſt ſein Strafgericht, das mit der Zerſtörung Jeruſalems und des Tempels anfieng, nicht vollendet, nicht aufgehoben. — Dieſe ganze Nation iſt noch itzt in Rückſicht auf ihren vormaligen Zuſtand und nach ihrem und aller Menſchen Gefühl eine gleich- ſam Röm. XI. 23 C c 4

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 407[427]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/435>, abgerufen am 23.11.2024.