4. Als aber auch der hinzugetreten, der den Einen Talent empfangen, sprach er: Herr, ich wuß- te, daß du ein harter Mensch bist, der du schnei- dest, wo du nicht gesäet, und sammelst, wo du nicht gestreuet hast, und ich fürchtete mich, und gieng hin, und verbarg meinen Talent in die Er- de. Siehe, da hast du das deine. Aber sein Herr antwortete und sprach zu ihm: Du böser und fauler Knecht, wußtest du, daß ich schnit- te, wo ich nicht gesäet, und sammelte, wo ich nicht gestreuet habe: So solltest du dann mein Geld den Wechslern vorgeschossen haben, auf daß, wenn Ich käme, Ich das Meinige mit Wucher empfangen hätte; Darum so nehmet den Talent von ihm, und gebet ihn dem, der die zehen Talente hat, und den unnützen Knecht werfet hinaus, in die äusserste Finsterniß. Da- selbst wird seyn Heulen und Zähnklaffen. -- Schreckliches Schicksal dessen, der seine Mitknechte so freundlich empfangen, und so herrlich belohnt sieht -- und nun sich selber so gerecht und strenge anreden hört! Zur Vernachläßigung der Talente kömmt noch die Unver- schämtheit der Entschuldigung, die den Herrn selbst der Härte und Ungerechtigkeit anklagt. "Du foderst auch &q;da, wo du nichts gegeben hast." -- Aber wie tref- fend die Antwort des Herrn. -- "Du hättest es ohne &q;Mühe und Gefahr -- auch nur dadurch, daß du es &q;andern anvertraut hättest, auf eine nützliche Weise &q;in Gang bringen können." Und sein Urtheil --
wie
Matthäus XXV.
4. Als aber auch der hinzugetreten, der den Einen Talent empfangen, ſprach er: Herr, ich wuß- te, daß du ein harter Menſch biſt, der du ſchnei- deſt, wo du nicht geſäet, und ſammelſt, wo du nicht geſtreuet haſt, und ich fürchtete mich, und gieng hin, und verbarg meinen Talent in die Er- de. Siehe, da haſt du das deine. Aber ſein Herr antwortete und ſprach zu ihm: Du böſer und fauler Knecht, wußteſt du, daß ich ſchnit- te, wo ich nicht geſäet, und ſammelte, wo ich nicht geſtreuet habe: So ſollteſt du dann mein Geld den Wechslern vorgeſchoſſen haben, auf daß, wenn Ich käme, Ich das Meinige mit Wucher empfangen hätte; Darum ſo nehmet den Talent von ihm, und gebet ihn dem, der die zehen Talente hat, und den unnützen Knecht werfet hinaus, in die äuſſerſte Finſterniß. Da- ſelbſt wird ſeyn Heulen und Zähnklaffen. — Schreckliches Schickſal deſſen, der ſeine Mitknechte ſo freundlich empfangen, und ſo herrlich belohnt ſieht — und nun ſich ſelber ſo gerecht und ſtrenge anreden hört! Zur Vernachläßigung der Talente kömmt noch die Unver- ſchämtheit der Entſchuldigung, die den Herrn ſelbſt der Härte und Ungerechtigkeit anklagt. „Du foderſt auch &q;da, wo du nichts gegeben haſt.„ — Aber wie tref- fend die Antwort des Herrn. — „Du hätteſt es ohne &q;Mühe und Gefahr — auch nur dadurch, daß du es &q;andern anvertraut hätteſt, auf eine nützliche Weiſe &q;in Gang bringen können.„ Und ſein Urtheil —
wie
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[432[452]/0460]
Matthäus XXV.
4. Als aber auch der hinzugetreten, der den
Einen Talent empfangen, ſprach er: Herr, ich wuß-
te, daß du ein harter Menſch biſt, der du ſchnei-
deſt, wo du nicht geſäet, und ſammelſt, wo du
nicht geſtreuet haſt, und ich fürchtete mich, und
gieng hin, und verbarg meinen Talent in die Er-
de. Siehe, da haſt du das deine. Aber ſein
Herr antwortete und ſprach zu ihm: Du böſer
und fauler Knecht, wußteſt du, daß ich ſchnit-
te, wo ich nicht geſäet, und ſammelte, wo ich
nicht geſtreuet habe: So ſollteſt du dann mein
Geld den Wechslern vorgeſchoſſen haben, auf
daß, wenn Ich käme, Ich das Meinige mit
Wucher empfangen hätte; Darum ſo nehmet
den Talent von ihm, und gebet ihn dem, der
die zehen Talente hat, und den unnützen Knecht
werfet hinaus, in die äuſſerſte Finſterniß. Da-
ſelbſt wird ſeyn Heulen und Zähnklaffen. —
Schreckliches Schickſal deſſen, der ſeine Mitknechte ſo
freundlich empfangen, und ſo herrlich belohnt ſieht —
und nun ſich ſelber ſo gerecht und ſtrenge anreden hört!
Zur Vernachläßigung der Talente kömmt noch die Unver-
ſchämtheit der Entſchuldigung, die den Herrn ſelbſt der
Härte und Ungerechtigkeit anklagt. „Du foderſt auch
&q;da, wo du nichts gegeben haſt.„ — Aber wie tref-
fend die Antwort des Herrn. — „Du hätteſt es ohne
&q;Mühe und Gefahr — auch nur dadurch, daß du es
&q;andern anvertraut hätteſt, auf eine nützliche Weiſe
&q;in Gang bringen können.„ Und ſein Urtheil —
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 432[452]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/460>, abgerufen am 23.11.2024.
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