Sünde. Er giebet vor, daß er Gott kenne, und rühmet sich Gottes Sohn zu seyn; Strafet, was wir im Herzen haben. Er ist uns nicht leidlich, auch anzusehen: Denn sein Leben reimet sich nichts mit den andern, und sein Wesen ist gar ein anders. Er hält uns für untüchtig und meidet unser Thun, als einen Unflath, und giebet vor, wie es die Gerechten zuletzt gut haben werden, und rühmet, daß Gott sein Vater sey. So las- set doch sehen, ob sein Wort wahr sey, und versuchen, wie es mit ihm ein Ende werden will. Ist der Gerechte Gottes Sohn, so wird Er ihm helfen, und erretten von der Hand der Widersacher. Mit Schmach und Quaal wol- len wir ihn stöcken, daß wir sehen, wie fromm er sey, und erkennen, wie geduldig er sey. Wir wollen ihn zum schändlichen Tode verdam- men: Da wird man ihn kennen an seinen Wor- ten. Solches schlagen sie an, und fehlen; Ihre Bosheit hat sie verblendet, daß sie Gottes heim- lich Gericht nicht erkennen; Denn sie haben die Hofnung nicht, daß ein heilig Leben belohnt werde; Und achten der Ehre nichts, so unsträf- liche Seelen haben werden. Denn Gott hat den Menschen geschaffen zum ewigen Leben, und hat ihn gemacht zum Bilde, daß er gleich seyn soll, wie Er ist. Aber durchs Teufels Neid ist der Tod in die Welt gekommen.
237. Fin-
Verhöhnung Jeſu.
Sünde. Er giebet vor, daß er Gott kenne, und rühmet ſich Gottes Sohn zu ſeyn; Strafet, was wir im Herzen haben. Er iſt uns nicht leidlich, auch anzuſehen: Denn ſein Leben reimet ſich nichts mit den andern, und ſein Weſen iſt gar ein anders. Er hält uns für untüchtig und meidet unſer Thun, als einen Unflath, und giebet vor, wie es die Gerechten zuletzt gut haben werden, und rühmet, daß Gott ſein Vater ſey. So laſ- ſet doch ſehen, ob ſein Wort wahr ſey, und verſuchen, wie es mit ihm ein Ende werden will. Iſt der Gerechte Gottes Sohn, ſo wird Er ihm helfen, und erretten von der Hand der Widerſacher. Mit Schmach und Quaal wol- len wir ihn ſtöcken, daß wir ſehen, wie fromm er ſey, und erkennen, wie geduldig er ſey. Wir wollen ihn zum ſchändlichen Tode verdam- men: Da wird man ihn kennen an ſeinen Wor- ten. Solches ſchlagen ſie an, und fehlen; Ihre Bosheit hat ſie verblendet, daß ſie Gottes heim- lich Gericht nicht erkennen; Denn ſie haben die Hofnung nicht, daß ein heilig Leben belohnt werde; Und achten der Ehre nichts, ſo unſträf- liche Seelen haben werden. Denn Gott hat den Menſchen geſchaffen zum ewigen Leben, und hat ihn gemacht zum Bilde, daß er gleich ſeyn ſoll, wie Er iſt. Aber durchs Teufels Neid iſt der Tod in die Welt gekommen.
237. Fin-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0551"n="523[543]"/><fwplace="top"type="header">Verhöhnung Jeſu.</fw><lb/><hirendition="#fr">Sünde. Er giebet vor, daß er Gott kenne, und<lb/>
rühmet ſich Gottes Sohn zu ſeyn; Strafet, was<lb/>
wir im Herzen haben. Er iſt uns nicht leidlich,<lb/>
auch anzuſehen: Denn ſein Leben reimet ſich<lb/>
nichts mit den andern, und ſein Weſen iſt gar ein<lb/>
anders. Er hält uns für untüchtig und meidet<lb/>
unſer Thun, als einen Unflath, und giebet vor,<lb/>
wie es die Gerechten zuletzt gut haben werden,<lb/>
und rühmet, daß Gott ſein Vater ſey. So laſ-<lb/>ſet doch ſehen, ob ſein Wort wahr ſey, und<lb/>
verſuchen, wie es mit ihm ein Ende werden will.<lb/>
Iſt der Gerechte Gottes Sohn, ſo wird Er<lb/>
ihm helfen, und erretten von der Hand der<lb/>
Widerſacher. Mit Schmach und Quaal wol-<lb/>
len wir ihn ſtöcken, daß wir ſehen, wie fromm<lb/>
er ſey, und erkennen, wie geduldig er ſey.<lb/>
Wir wollen ihn zum ſchändlichen Tode verdam-<lb/>
men: Da wird man ihn kennen an ſeinen Wor-<lb/>
ten. Solches ſchlagen ſie an, und fehlen; Ihre<lb/>
Bosheit hat ſie verblendet, daß ſie Gottes heim-<lb/>
lich Gericht nicht erkennen; Denn ſie haben die<lb/>
Hofnung nicht, daß ein heilig Leben belohnt<lb/>
werde; Und achten der Ehre nichts, ſo unſträf-<lb/>
liche Seelen haben werden. Denn Gott hat<lb/>
den Menſchen geſchaffen zum ewigen Leben, und<lb/>
hat ihn gemacht zum Bilde, daß er gleich ſeyn<lb/>ſoll, wie Er iſt. Aber durchs Teufels Neid iſt<lb/>
der Tod in die Welt gekommen.</hi></p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">237. Fin-</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[523[543]/0551]
Verhöhnung Jeſu.
Sünde. Er giebet vor, daß er Gott kenne, und
rühmet ſich Gottes Sohn zu ſeyn; Strafet, was
wir im Herzen haben. Er iſt uns nicht leidlich,
auch anzuſehen: Denn ſein Leben reimet ſich
nichts mit den andern, und ſein Weſen iſt gar ein
anders. Er hält uns für untüchtig und meidet
unſer Thun, als einen Unflath, und giebet vor,
wie es die Gerechten zuletzt gut haben werden,
und rühmet, daß Gott ſein Vater ſey. So laſ-
ſet doch ſehen, ob ſein Wort wahr ſey, und
verſuchen, wie es mit ihm ein Ende werden will.
Iſt der Gerechte Gottes Sohn, ſo wird Er
ihm helfen, und erretten von der Hand der
Widerſacher. Mit Schmach und Quaal wol-
len wir ihn ſtöcken, daß wir ſehen, wie fromm
er ſey, und erkennen, wie geduldig er ſey.
Wir wollen ihn zum ſchändlichen Tode verdam-
men: Da wird man ihn kennen an ſeinen Wor-
ten. Solches ſchlagen ſie an, und fehlen; Ihre
Bosheit hat ſie verblendet, daß ſie Gottes heim-
lich Gericht nicht erkennen; Denn ſie haben die
Hofnung nicht, daß ein heilig Leben belohnt
werde; Und achten der Ehre nichts, ſo unſträf-
liche Seelen haben werden. Denn Gott hat
den Menſchen geſchaffen zum ewigen Leben, und
hat ihn gemacht zum Bilde, daß er gleich ſeyn
ſoll, wie Er iſt. Aber durchs Teufels Neid iſt
der Tod in die Welt gekommen.
237. Fin-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 523[543]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/551>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.