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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Verhöhnung Jesu.
Sünde. Er giebet vor, daß er Gott kenne, und
rühmet sich Gottes Sohn zu seyn; Strafet, was
wir im Herzen haben. Er ist uns nicht leidlich,
auch anzusehen: Denn sein Leben reimet sich
nichts mit den andern, und sein Wesen ist gar ein
anders. Er hält uns für untüchtig und meidet
unser Thun, als einen Unflath, und giebet vor,
wie es die Gerechten zuletzt gut haben werden,
und rühmet, daß Gott sein Vater sey. So las-
set doch sehen, ob sein Wort wahr sey, und
versuchen, wie es mit ihm ein Ende werden will.
Ist der Gerechte Gottes Sohn, so wird Er
ihm helfen, und erretten von der Hand der
Widersacher. Mit Schmach und Quaal wol-
len wir ihn stöcken, daß wir sehen, wie fromm
er sey, und erkennen, wie geduldig er sey.
Wir wollen ihn zum schändlichen Tode verdam-
men: Da wird man ihn kennen an seinen Wor-
ten. Solches schlagen sie an, und fehlen; Ihre
Bosheit hat sie verblendet, daß sie Gottes heim-
lich Gericht nicht erkennen; Denn sie haben die
Hofnung nicht, daß ein heilig Leben belohnt
werde; Und achten der Ehre nichts, so unsträf-
liche Seelen haben werden. Denn Gott hat
den Menschen geschaffen zum ewigen Leben, und
hat ihn gemacht zum Bilde, daß er gleich seyn
soll, wie Er ist. Aber durchs Teufels Neid ist
der Tod in die Welt gekommen.

237. Fin-

Verhöhnung Jeſu.
Sünde. Er giebet vor, daß er Gott kenne, und
rühmet ſich Gottes Sohn zu ſeyn; Strafet, was
wir im Herzen haben. Er iſt uns nicht leidlich,
auch anzuſehen: Denn ſein Leben reimet ſich
nichts mit den andern, und ſein Weſen iſt gar ein
anders. Er hält uns für untüchtig und meidet
unſer Thun, als einen Unflath, und giebet vor,
wie es die Gerechten zuletzt gut haben werden,
und rühmet, daß Gott ſein Vater ſey. So laſ-
ſet doch ſehen, ob ſein Wort wahr ſey, und
verſuchen, wie es mit ihm ein Ende werden will.
Iſt der Gerechte Gottes Sohn, ſo wird Er
ihm helfen, und erretten von der Hand der
Widerſacher. Mit Schmach und Quaal wol-
len wir ihn ſtöcken, daß wir ſehen, wie fromm
er ſey, und erkennen, wie geduldig er ſey.
Wir wollen ihn zum ſchändlichen Tode verdam-
men: Da wird man ihn kennen an ſeinen Wor-
ten. Solches ſchlagen ſie an, und fehlen; Ihre
Bosheit hat ſie verblendet, daß ſie Gottes heim-
lich Gericht nicht erkennen; Denn ſie haben die
Hofnung nicht, daß ein heilig Leben belohnt
werde; Und achten der Ehre nichts, ſo unſträf-
liche Seelen haben werden. Denn Gott hat
den Menſchen geſchaffen zum ewigen Leben, und
hat ihn gemacht zum Bilde, daß er gleich ſeyn
ſoll, wie Er iſt. Aber durchs Teufels Neid iſt
der Tod in die Welt gekommen.

237. Fin-
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[523[543]/0551] Verhöhnung Jeſu. Sünde. Er giebet vor, daß er Gott kenne, und rühmet ſich Gottes Sohn zu ſeyn; Strafet, was wir im Herzen haben. Er iſt uns nicht leidlich, auch anzuſehen: Denn ſein Leben reimet ſich nichts mit den andern, und ſein Weſen iſt gar ein anders. Er hält uns für untüchtig und meidet unſer Thun, als einen Unflath, und giebet vor, wie es die Gerechten zuletzt gut haben werden, und rühmet, daß Gott ſein Vater ſey. So laſ- ſet doch ſehen, ob ſein Wort wahr ſey, und verſuchen, wie es mit ihm ein Ende werden will. Iſt der Gerechte Gottes Sohn, ſo wird Er ihm helfen, und erretten von der Hand der Widerſacher. Mit Schmach und Quaal wol- len wir ihn ſtöcken, daß wir ſehen, wie fromm er ſey, und erkennen, wie geduldig er ſey. Wir wollen ihn zum ſchändlichen Tode verdam- men: Da wird man ihn kennen an ſeinen Wor- ten. Solches ſchlagen ſie an, und fehlen; Ihre Bosheit hat ſie verblendet, daß ſie Gottes heim- lich Gericht nicht erkennen; Denn ſie haben die Hofnung nicht, daß ein heilig Leben belohnt werde; Und achten der Ehre nichts, ſo unſträf- liche Seelen haben werden. Denn Gott hat den Menſchen geſchaffen zum ewigen Leben, und hat ihn gemacht zum Bilde, daß er gleich ſeyn ſoll, wie Er iſt. Aber durchs Teufels Neid iſt der Tod in die Welt gekommen. 237. Fin-

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 523[543]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/551>, abgerufen am 27.07.2024.