Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Matthäus XXVIII.
mer gleich, und äussert sich immer lieblicher, huldreicher,
erfreuender. Sie giebt immer was sie geben -- und
verheißt, so viel sie verheissen kann. Man denke sich
etwas Edleres und Erhabneres, als den Charakter, die
Gesinnungen, das Betragen des Auferweckten.

245.
Die Hüter des Grabes und die Priester.
Matth.
XXVIII.
11-15.

Da sie aber hingiengen, siehe, da kamen etli-
che von den Hütern in die Stadt, und verkün-
digten den Hohenpriestern alles, was geschehen
war. Und sie kamen zusammen mit den Aeltesten,
und hielten einen Rath, und gaben den Kriegs-
knechten Gelds genug, und sprachen: Saget:
Seine Jünger kamen des Nachts, und stahlen
Ihn, dieweil wir schliefen: Und wo es würde
auskommen bey dem Landpfleger, wollen wir
ihn stillen, und schaffen, daß ihr sicher seyd.
Und sie nahmen das Geld und thaten, wie sie
gelehret waren. Solches ist eine gemeine Re-
de worden bey den Juden bis auf den heutigen
Tag.

Wie geht's in dem Evangelio von Einem über in's
Andre! Wie wechseln die Auftritte so wunderbar ange-
nehm und interessant! (herzangreifend) Bald erblicken
wir die erhabenste Wahrheit und Liebe; Bald die nie-
drigste Bosheit und List; Immer Kampf der Wahrheit
mit der Lüge, der Tugend mit dem Laster, des Himmels

mit

Matthäus XXVIII.
mer gleich, und äuſſert ſich immer lieblicher, huldreicher,
erfreuender. Sie giebt immer was ſie geben — und
verheißt, ſo viel ſie verheiſſen kann. Man denke ſich
etwas Edleres und Erhabneres, als den Charakter, die
Geſinnungen, das Betragen des Auferweckten.

245.
Die Hüter des Grabes und die Prieſter.
Matth.
XXVIII.
11-15.

Da ſie aber hingiengen, ſiehe, da kamen etli-
che von den Hütern in die Stadt, und verkün-
digten den Hohenprieſtern alles, was geſchehen
war. Und ſie kamen zuſammen mit den Aelteſten,
und hielten einen Rath, und gaben den Kriegs-
knechten Gelds genug, und ſprachen: Saget:
Seine Jünger kamen des Nachts, und ſtahlen
Ihn, dieweil wir ſchliefen: Und wo es würde
auskommen bey dem Landpfleger, wollen wir
ihn ſtillen, und ſchaffen, daß ihr ſicher ſeyd.
Und ſie nahmen das Geld und thaten, wie ſie
gelehret waren. Solches iſt eine gemeine Re-
de worden bey den Juden bis auf den heutigen
Tag.

Wie geht’s in dem Evangelio von Einem über in’s
Andre! Wie wechſeln die Auftritte ſo wunderbar ange-
nehm und intereſſant! (herzangreifend) Bald erblicken
wir die erhabenſte Wahrheit und Liebe; Bald die nie-
drigſte Bosheit und Liſt; Immer Kampf der Wahrheit
mit der Lüge, der Tugend mit dem Laſter, des Himmels

mit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0572" n="544[564]"/><fw place="top" type="header">Matthäus <hi rendition="#aq">XXVIII.</hi></fw><lb/>
mer gleich, und äu&#x017F;&#x017F;ert &#x017F;ich immer lieblicher, huldreicher,<lb/>
erfreuender. Sie giebt immer was &#x017F;ie geben &#x2014; und<lb/>
verheißt, &#x017F;o viel &#x017F;ie verhei&#x017F;&#x017F;en kann. Man denke &#x017F;ich<lb/>
etwas Edleres und Erhabneres, als den Charakter, die<lb/>
Ge&#x017F;innungen, das Betragen des Auferweckten.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>245.<lb/>
Die Hüter des Grabes und die Prie&#x017F;ter.</head><lb/>
            <note place="left">Matth.<lb/><hi rendition="#aq">XXVIII.</hi><lb/>
11-15.</note>
            <p> <hi rendition="#fr">Da &#x017F;ie aber hingiengen, &#x017F;iehe, da kamen etli-<lb/>
che von den Hütern in die Stadt, und verkün-<lb/>
digten den Hohenprie&#x017F;tern alles, was ge&#x017F;chehen<lb/>
war. Und &#x017F;ie kamen zu&#x017F;ammen mit den Aelte&#x017F;ten,<lb/>
und hielten einen Rath, und gaben den Kriegs-<lb/>
knechten Gelds genug, und &#x017F;prachen: Saget:<lb/>
Seine Jünger kamen des Nachts, und &#x017F;tahlen<lb/>
Ihn, dieweil wir &#x017F;chliefen: Und wo es würde<lb/>
auskommen bey dem Landpfleger, wollen wir<lb/>
ihn &#x017F;tillen, und &#x017F;chaffen, daß ihr &#x017F;icher &#x017F;eyd.<lb/>
Und &#x017F;ie nahmen das Geld und thaten, wie &#x017F;ie<lb/>
gelehret waren. Solches i&#x017F;t eine gemeine Re-<lb/>
de worden bey den Juden bis auf den heutigen<lb/>
Tag.</hi> </p><lb/>
            <p>Wie geht&#x2019;s in dem Evangelio von Einem über in&#x2019;s<lb/>
Andre! Wie wech&#x017F;eln die Auftritte &#x017F;o wunderbar ange-<lb/>
nehm und intere&#x017F;&#x017F;ant! (herzangreifend) Bald erblicken<lb/>
wir die erhaben&#x017F;te Wahrheit und Liebe; Bald die nie-<lb/>
drig&#x017F;te Bosheit und Li&#x017F;t; Immer Kampf der Wahrheit<lb/>
mit der Lüge, der Tugend mit dem La&#x017F;ter, des Himmels<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[544[564]/0572] Matthäus XXVIII. mer gleich, und äuſſert ſich immer lieblicher, huldreicher, erfreuender. Sie giebt immer was ſie geben — und verheißt, ſo viel ſie verheiſſen kann. Man denke ſich etwas Edleres und Erhabneres, als den Charakter, die Geſinnungen, das Betragen des Auferweckten. 245. Die Hüter des Grabes und die Prieſter. Da ſie aber hingiengen, ſiehe, da kamen etli- che von den Hütern in die Stadt, und verkün- digten den Hohenprieſtern alles, was geſchehen war. Und ſie kamen zuſammen mit den Aelteſten, und hielten einen Rath, und gaben den Kriegs- knechten Gelds genug, und ſprachen: Saget: Seine Jünger kamen des Nachts, und ſtahlen Ihn, dieweil wir ſchliefen: Und wo es würde auskommen bey dem Landpfleger, wollen wir ihn ſtillen, und ſchaffen, daß ihr ſicher ſeyd. Und ſie nahmen das Geld und thaten, wie ſie gelehret waren. Solches iſt eine gemeine Re- de worden bey den Juden bis auf den heutigen Tag. Wie geht’s in dem Evangelio von Einem über in’s Andre! Wie wechſeln die Auftritte ſo wunderbar ange- nehm und intereſſant! (herzangreifend) Bald erblicken wir die erhabenſte Wahrheit und Liebe; Bald die nie- drigſte Bosheit und Liſt; Immer Kampf der Wahrheit mit der Lüge, der Tugend mit dem Laſter, des Himmels mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/572
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 544[564]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/572>, abgerufen am 27.07.2024.