Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775.Vorrede. Jtzt nur dieß Wort: "Wenn Gott dem Pferd' eine Lobrede hält, darf ich Wie ich übrigens zu dieser Arbeit veranlasset, oder vielmehr in dieselbe Und endlich glaub ich, daß der Urheber aller Talente sich nicht widerspre- "Aber ich habe versprochen -- nichts mehr Physiognomisches zu schreiben?" "Aber dieses Werk ist sehr kostbar und prachtreich?" Antwort: Es ist kostba-
Vorrede. Jtzt nur dieß Wort: „Wenn Gott dem Pferd' eine Lobrede haͤlt, darf ich Wie ich uͤbrigens zu dieſer Arbeit veranlaſſet, oder vielmehr in dieſelbe Und endlich glaub ich, daß der Urheber aller Talente ſich nicht widerſpre- „Aber ich habe verſprochen — nichts mehr Phyſiognomiſches zu ſchreiben?“ „Aber dieſes Werk iſt ſehr koſtbar und prachtreich?“ Antwort: Es iſt koſtba-
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Vorrede.
Jtzt nur dieß Wort: „Wenn Gott dem Pferd' eine Lobrede haͤlt, darf ich
„dem Menſchen keine halten? wenn Chriſtus die Herrlichkeit der Lilie aufdeckt;
„iſt's mir, dem Schuͤler, unanſtaͤndig, die Huͤlle uͤber Gottes Herrlichkeit in dem
„Antlitz und der Bildung des Menſchen mit beſcheidener Hand wegzuziehen? Was?
„das Gras des Feldes, das nicht arbeiten, nichts ſchaffen, und nichts ſprechen kann,
„das heute ſteht, und morgen in den Ofen geworfen, oder zertreten wird, fand
„an dem Herrn aller Welten einen Lobredner, und mir ſoll's Suͤnde, meiner un-
„wuͤrdige Beſchaͤfftigung ſeyn, den Herrn des Erdbodens, das lebendigſte, ſpre-
„chendſte, wirkſamſte, erhabenſte, ſchaffendſte Geſchoͤpf, das unmittelbarſte Bild
„der Gottheit zur Ehre des unerreichbaren Urbildes zu preiſen? Urtheile, wer
„urtheilen kann!“
Wie ich uͤbrigens zu dieſer Arbeit veranlaſſet, oder vielmehr in dieſelbe
hineingeriſſen worden ſey, wird dir bald geſagt werden.
Und endlich glaub ich, daß der Urheber aller Talente ſich nicht widerſpre-
che, und daß ein jeder Menſch verbunden ſey, gerade die Talente anzubauen,
zu uͤben und zu nutzen, die er hat, und daß wer zween Talente hat, nicht blos
anderthalbe auf Wucher legen darf. Was mir Gott giebt, warum ſollt' ich's
den Menſchen nicht wieder geben duͤrfen, wenn's ihnen Nutzen bringt, und dem
Urheber aller Kraͤfte Ehre macht!
„Aber ich habe verſprochen — nichts mehr Phyſiognomiſches zu ſchreiben?“
Zum Theil wahr! aber anſtatt aller andern Antwort nur dieſes: Die allermei-
ſten meiner froͤmmſten und meiner philoſophiſchſten Freunde und Leſer gaben
mir dieſes Verſprechen zuruͤck, und wollten mir's ſchlechterdings nicht abnehmen.
Jch will Beweiſe davon vorlegen, wann man will, und wem man will.
„Aber dieſes Werk iſt ſehr koſtbar und prachtreich?“ Antwort: Es iſt
durchaus nicht fuͤr den großen Haufen geſchrieben. Es ſoll von dem gemeinen
Manne nicht geleſen und nicht gekauft werden. Es iſt koſtbar ſeiner Natur nach;
koſtba-
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