Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775.Würde der menschlichen Natur. "Siehe das schönste Vorbild von Einkleidung und Schönheit! -- den menschlichen "Betrachte dieß göttliche Seelenvolle Menschenantlitz! Mannichfaltigkeit und Ein- "Gott schuf den Menschen, sein Bild, "Zum Gleichniß Gottes schuf er ihn, "Er schuf ihn, Mann und Weib. "Da steht Er! Jn all seinem Göttlichen! Gleichniß Gottes und der Natur! Jnn- dem B 3
Wuͤrde der menſchlichen Natur. „Siehe das ſchoͤnſte Vorbild von Einkleidung und Schoͤnheit! — den menſchlichen „Betrachte dieß goͤttliche Seelenvolle Menſchenantlitz! Mannichfaltigkeit und Ein- „Gott ſchuf den Menſchen, ſein Bild, „Zum Gleichniß Gottes ſchuf er ihn, „Er ſchuf ihn, Mann und Weib. „Da ſteht Er! Jn all ſeinem Goͤttlichen! Gleichniß Gottes und der Natur! Jnn- dem B 3
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Wuͤrde der menſchlichen Natur.
„Siehe das ſchoͤnſte Vorbild von Einkleidung und Schoͤnheit! — den menſchlichen
„Koͤrper! Einheit im Mannichfaltigen! Mannichfaltiges in Einem! — Wie er da
„ſteht in ſeinem hohen Eins! — Wohlgeſtalt, Ebenmaße, Symmetrien durch alle Formen
„und Glieder! und welch ein Mannichfaltes! Jmmer Eins und immer, wie ſanft wie bieg-
„ſam veraͤndert ....
„Betrachte dieß goͤttliche Seelenvolle Menſchenantlitz! Mannichfaltigkeit und Ein-
„heit! Einheit und Mannichfaltigkeit! Der Gedanke dieſer Stirn, Blick des Auges, Hauch
„des Mundes, Miene der Wange! wie alles ſpricht, und zuſammenfließt! Einklang! alle
„Farben in Einem Stral der Sonne! .... Gemaͤlde des ſanfteſten unermeßlichſten
„Jnnhaltes!
„Gott ſchuf den Menſchen, ſein Bild,
„Zum Gleichniß Gottes ſchuf er ihn,
„Er ſchuf ihn, Mann und Weib.
„Da ſteht Er! Jn all ſeinem Goͤttlichen! Gleichniß Gottes und der Natur! Jnn-
„begriff aller Rege, Schoͤpferskraft und Wirkung! Studirt ihn; zeichnet ſeine Geſtalt,
„wie die Sonn' im Waſſertropfen — all Euere Goͤtter, Helden und Goͤttinnen, weß Alters,
„Zeichens, Stellung, Bedeutung ſie ſeyn moͤgen — disjecti membra Poëtae! und das
„hoͤchſte aus aller Welt geſammelte Engelsideal, wie's etwa Plato Winkelmann traͤumen,
„und Appelles-Raphael mit einem zitternden Zuge ſchaffen kann — Venus Anadyomene
„und Apollo wirds nimmer werden: Nur ſchoͤne Schattenbilder, dieſe in Einer Geſtalt oft
„tiefgeneigte Schatten am Untergange der Sonne — Laſſet Kuͤnſtler und Dichter, wie Bie-
„nen, den Reichthum, und Kraft und Suͤßigkeit und Fuͤlle aus der ganzen ſichtbaren Natur
„ſammeln: Bild Gottes, Jnnbegriff der Schoͤpfung, Gemaͤchte voll Rege und Be-
„deutung nach hohem Gottesrathſchluß — Es wird Jdeal der Kunſt ſeyn und bleiben! ‒ ‒ ‒
„Menſchheit! — Heiliges und entweihetes Bild Gottes! geſchwaͤchter und zerrißner
„Jnnbegriff aller Schoͤpfung! Tempel, in dem und an dem ſich die Gottheit zuerſt, und
„nach Wunderzeichen und Propheten, zuletzt, zu offenbaren wuͤrdigte — durch den Sohn!
„den Abglanz der Herrlichkeit Gottes! den Ein und Erſtgebornen! durch den, und in
dem
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