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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.

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Physiognomik, Pfeiler der Freundschaft und Achtung.
2) Truglose, sanfte, hell reine, jungfräuliche Seele. Jm ganzen sanften Umrisse sicht-
bar -- fließt besonders mit 15. und 16. in Eins zusammen.
3) Denkender, würksamer, als der vorige. Jn der Nase mehr Reizbarkeit und Produkti-
fität -- hat am meisten Liebe zu 9. und 10. am meisten Achtung für 12. 13. und 14. die höchste
Bewunderung für 19. und 20.
4) Die fatale äußerst unwahre Stellung schwächt den Eindruck von Verstand, den die
Stirn, und der Festigkeit, die Oberlippe und Oberkinn macht; liebt alle sehr -- und wird von
allen sehr geliebt -- und ist überhaupt einer von den allergeliebtesten Menschen, die ich in meinem
Leben gesehen.
5) Sehr innig und treu, kann sich 7. und 14. am innigsten und ganzesten mittheilen. Eine
Seele voll Licht und Durst nach Licht; voll Glaubens und Hoffnung, weniger schimmernd durchs
Profil, als durchs himmlische Auge.
6) Ein Genie des Denkens, Empfindens und Handelns. Liebt 15. und 16. und 9.
am meisten.
7) Ein selbstständiger, edler gedrängter Jüngling. Liebt 5. 14. 9. und 10. am meisten --
und wird hinwieder von diesen aufs zärtlichste geliebt.
8) Allzusehr verjüngt -- Vom gesundesten Gefühle, das in einem Nebel von Schwer-
muth sich immer sanft auf und nieder regt. Hängt fest mit 4, fester mit 15. und 16. und ganz
unzertrennlich in Demuth und Liebe mit 20. zusammen.
9) Ein Mann von verrufener Jmagination. Mehr gehaßt und geliebt, als er zu verdie-
nen glaubt. Liebt alle 19. und wird von allen geliebt; ist beym ersten Kind im Hause; öffnet sei-
ne Liebe dem zweyten; nimmt Warnungen an vom dritten, und kann diesen höher spannen; lehnt
sich an den vierten -- weint, daß er die innige Zuneigung des fünften nicht befriedigen kann --
Bewundert den sechsten, und entdeckt ihm Entwürfe der Klugheit -- Verschließt mit gehaltener
Kraft, Verliebtheit gegen den siebenten; hat zu der Theilnehmung und Verschlossenheit von 8, das
unbeschränkteste Zutrauen, und für sein Gefühl die größte Achtung -- Theilt dem 10. alle seine
Gedanken, all sein Thun und Lassen, Wünschen und Hoffen mit, und hält seinen Tadel für Ora-
kel -- -- Staunt an die Feste und Gerechtigkeit des 11. hinauf -- und erkennt in 12. das
Creditif
E 3
Phyſiognomik, Pfeiler der Freundſchaft und Achtung.
2) Trugloſe, ſanfte, hell reine, jungfraͤuliche Seele. Jm ganzen ſanften Umriſſe ſicht-
bar — fließt beſonders mit 15. und 16. in Eins zuſammen.
3) Denkender, wuͤrkſamer, als der vorige. Jn der Naſe mehr Reizbarkeit und Produkti-
fitaͤt — hat am meiſten Liebe zu 9. und 10. am meiſten Achtung fuͤr 12. 13. und 14. die hoͤchſte
Bewunderung fuͤr 19. und 20.
4) Die fatale aͤußerſt unwahre Stellung ſchwaͤcht den Eindruck von Verſtand, den die
Stirn, und der Feſtigkeit, die Oberlippe und Oberkinn macht; liebt alle ſehr — und wird von
allen ſehr geliebt — und iſt uͤberhaupt einer von den allergeliebteſten Menſchen, die ich in meinem
Leben geſehen.
5) Sehr innig und treu, kann ſich 7. und 14. am innigſten und ganzeſten mittheilen. Eine
Seele voll Licht und Durſt nach Licht; voll Glaubens und Hoffnung, weniger ſchimmernd durchs
Profil, als durchs himmliſche Auge.
6) Ein Genie des Denkens, Empfindens und Handelns. Liebt 15. und 16. und 9.
am meiſten.
7) Ein ſelbſtſtaͤndiger, edler gedraͤngter Juͤngling. Liebt 5. 14. 9. und 10. am meiſten —
und wird hinwieder von dieſen aufs zaͤrtlichſte geliebt.
8) Allzuſehr verjuͤngt — Vom geſundeſten Gefuͤhle, das in einem Nebel von Schwer-
muth ſich immer ſanft auf und nieder regt. Haͤngt feſt mit 4, feſter mit 15. und 16. und ganz
unzertrennlich in Demuth und Liebe mit 20. zuſammen.
9) Ein Mann von verrufener Jmagination. Mehr gehaßt und geliebt, als er zu verdie-
nen glaubt. Liebt alle 19. und wird von allen geliebt; iſt beym erſten Kind im Hauſe; oͤffnet ſei-
ne Liebe dem zweyten; nimmt Warnungen an vom dritten, und kann dieſen hoͤher ſpannen; lehnt
ſich an den vierten — weint, daß er die innige Zuneigung des fuͤnften nicht befriedigen kann —
Bewundert den ſechsten, und entdeckt ihm Entwuͤrfe der Klugheit — Verſchließt mit gehaltener
Kraft, Verliebtheit gegen den ſiebenten; hat zu der Theilnehmung und Verſchloſſenheit von 8, das
unbeſchraͤnkteſte Zutrauen, und fuͤr ſein Gefuͤhl die groͤßte Achtung — Theilt dem 10. alle ſeine
Gedanken, all ſein Thun und Laſſen, Wuͤnſchen und Hoffen mit, und haͤlt ſeinen Tadel fuͤr Ora-
kel — — Staunt an die Feſte und Gerechtigkeit des 11. hinauf — und erkennt in 12. das
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[37/0055] Phyſiognomik, Pfeiler der Freundſchaft und Achtung. 2) Trugloſe, ſanfte, hell reine, jungfraͤuliche Seele. Jm ganzen ſanften Umriſſe ſicht- bar — fließt beſonders mit 15. und 16. in Eins zuſammen. 3) Denkender, wuͤrkſamer, als der vorige. Jn der Naſe mehr Reizbarkeit und Produkti- fitaͤt — hat am meiſten Liebe zu 9. und 10. am meiſten Achtung fuͤr 12. 13. und 14. die hoͤchſte Bewunderung fuͤr 19. und 20. 4) Die fatale aͤußerſt unwahre Stellung ſchwaͤcht den Eindruck von Verſtand, den die Stirn, und der Feſtigkeit, die Oberlippe und Oberkinn macht; liebt alle ſehr — und wird von allen ſehr geliebt — und iſt uͤberhaupt einer von den allergeliebteſten Menſchen, die ich in meinem Leben geſehen. 5) Sehr innig und treu, kann ſich 7. und 14. am innigſten und ganzeſten mittheilen. Eine Seele voll Licht und Durſt nach Licht; voll Glaubens und Hoffnung, weniger ſchimmernd durchs Profil, als durchs himmliſche Auge. 6) Ein Genie des Denkens, Empfindens und Handelns. Liebt 15. und 16. und 9. am meiſten. 7) Ein ſelbſtſtaͤndiger, edler gedraͤngter Juͤngling. Liebt 5. 14. 9. und 10. am meiſten — und wird hinwieder von dieſen aufs zaͤrtlichſte geliebt. 8) Allzuſehr verjuͤngt — Vom geſundeſten Gefuͤhle, das in einem Nebel von Schwer- muth ſich immer ſanft auf und nieder regt. Haͤngt feſt mit 4, feſter mit 15. und 16. und ganz unzertrennlich in Demuth und Liebe mit 20. zuſammen. 9) Ein Mann von verrufener Jmagination. Mehr gehaßt und geliebt, als er zu verdie- nen glaubt. Liebt alle 19. und wird von allen geliebt; iſt beym erſten Kind im Hauſe; oͤffnet ſei- ne Liebe dem zweyten; nimmt Warnungen an vom dritten, und kann dieſen hoͤher ſpannen; lehnt ſich an den vierten — weint, daß er die innige Zuneigung des fuͤnften nicht befriedigen kann — Bewundert den ſechsten, und entdeckt ihm Entwuͤrfe der Klugheit — Verſchließt mit gehaltener Kraft, Verliebtheit gegen den ſiebenten; hat zu der Theilnehmung und Verſchloſſenheit von 8, das unbeſchraͤnkteſte Zutrauen, und fuͤr ſein Gefuͤhl die groͤßte Achtung — Theilt dem 10. alle ſeine Gedanken, all ſein Thun und Laſſen, Wuͤnſchen und Hoffen mit, und haͤlt ſeinen Tadel fuͤr Ora- kel — — Staunt an die Feſte und Gerechtigkeit des 11. hinauf — und erkennt in 12. das Creditif E 3

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/55>, abgerufen am 18.05.2024.