Lavater, Johann Caspar: Sammlung einiger Gebete auf die wichtigsten Angelegenheiten des menschlichen Lebens. Leipzig, 1778.wenn der Gedanke |nie uns verliesse, daß dein Wille Eins nur bekümmert mich, mein Vater! daß auch D
wenn der Gedanke |nie uns verlieſſe, daß dein Wille Eins nur bekümmert mich, mein Vater! daß auch D
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0051" n="49"/> wenn der Gedanke |nie uns verlieſſe, daß dein Wille<lb/> doch immer der beſte ſey; daß bey allen Verände-<lb/> rungen der Creaturen, dieß der hohe Endzweck dei-<lb/> ner Regierung bleibe, deine vernünftige Geſchöpfe<lb/> zu derjenigen Stufe zur Seligkeit zu führen, welche<lb/> ſie zu erreichen im Stande ſind: daß ich auch nur<lb/> ein kleiner, wenig bedeutender Theil des Ganzen<lb/> bin, und ſehr unbillig verlangte, daß ſo viele Mil-<lb/> lionen herrlicher Creaturen in ihren Verbindungen<lb/> ſich nach meinem Sinne richten, und alle zum Theil<lb/> oft ſehr thörichten Wünſche meines verderbten Her-<lb/> zens erfüllen ſollen. So will ich dir denn, mein<lb/> Gott, künftig mit ſtillem Geiſte gehorchen, dich,<lb/> meinen Herrn, den einzigen und höchſten Regenten<lb/> der Welt verehren, anbeten und ſchweigen. Befe-<lb/> ſtige du doch ſelbſt dieſen Grund einer dauerhaften<lb/> Ruhe des Geiſtes in mir, gieb daß ich alle meine<lb/> Begierden mit dem Gehorſam eines Kindes dir un-<lb/> terwerfe; ohne Murren das Ende deiner Führungen<lb/> erwarte, und beſtändig lebhaft überzeugt bleibe, daß<lb/> alle deine Wege eitel Güte und Wahrheit ſind. Die<lb/> Leiden, in welchen ich oft ſo traurig bin, ſind die nicht<lb/> oft die Früchte meiner eigenen Thorheit?</p><lb/> <p>Eins nur bekümmert mich, mein Vater! daß<lb/> meine eigene Wege nicht immer die beſten ſind. Wenn<lb/> ich doch nur immer verſichert wäre, daß, was ich<lb/> trage, eine geliebte Laſt ſey, von deiner Hand mir<lb/> aufgelegt; nicht eine betrübte Folge meiner begange-<lb/> nen Fehler? Wie unangenehm iſt es, ſich ſelbſt als<lb/> den Urheber ſeines Verdruſſes anſehen; tragen müſ-<lb/> ſen, was man verſchuldet hat? Welch ein erquicken-<lb/> der Troſt meines Glaubens iſt es denn nun, daß<lb/> der Heiland, welchen du mir geſchenkt haſt, durch<lb/> ſein Opfer die Schuld meiner Vergehungen getil-<lb/> get hat, daß er dieſe meine Fehler durch ſeine weiſe<lb/> Regierung in deiner Schöpfung itzt noch vergütet,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D</fw><fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [49/0051]
wenn der Gedanke |nie uns verlieſſe, daß dein Wille
doch immer der beſte ſey; daß bey allen Verände-
rungen der Creaturen, dieß der hohe Endzweck dei-
ner Regierung bleibe, deine vernünftige Geſchöpfe
zu derjenigen Stufe zur Seligkeit zu führen, welche
ſie zu erreichen im Stande ſind: daß ich auch nur
ein kleiner, wenig bedeutender Theil des Ganzen
bin, und ſehr unbillig verlangte, daß ſo viele Mil-
lionen herrlicher Creaturen in ihren Verbindungen
ſich nach meinem Sinne richten, und alle zum Theil
oft ſehr thörichten Wünſche meines verderbten Her-
zens erfüllen ſollen. So will ich dir denn, mein
Gott, künftig mit ſtillem Geiſte gehorchen, dich,
meinen Herrn, den einzigen und höchſten Regenten
der Welt verehren, anbeten und ſchweigen. Befe-
ſtige du doch ſelbſt dieſen Grund einer dauerhaften
Ruhe des Geiſtes in mir, gieb daß ich alle meine
Begierden mit dem Gehorſam eines Kindes dir un-
terwerfe; ohne Murren das Ende deiner Führungen
erwarte, und beſtändig lebhaft überzeugt bleibe, daß
alle deine Wege eitel Güte und Wahrheit ſind. Die
Leiden, in welchen ich oft ſo traurig bin, ſind die nicht
oft die Früchte meiner eigenen Thorheit?
Eins nur bekümmert mich, mein Vater! daß
meine eigene Wege nicht immer die beſten ſind. Wenn
ich doch nur immer verſichert wäre, daß, was ich
trage, eine geliebte Laſt ſey, von deiner Hand mir
aufgelegt; nicht eine betrübte Folge meiner begange-
nen Fehler? Wie unangenehm iſt es, ſich ſelbſt als
den Urheber ſeines Verdruſſes anſehen; tragen müſ-
ſen, was man verſchuldet hat? Welch ein erquicken-
der Troſt meines Glaubens iſt es denn nun, daß
der Heiland, welchen du mir geſchenkt haſt, durch
ſein Opfer die Schuld meiner Vergehungen getil-
get hat, daß er dieſe meine Fehler durch ſeine weiſe
Regierung in deiner Schöpfung itzt noch vergütet,
auch
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