fahren, der Hochofenbetrieb, steht so selbstständig da, dass wohl kaum ein anderer Weg zweckmässiger erscheinen kann.
Weniger leicht war die Frage nach der geeignetsten Eintheilung der genannten drei Hauptabschnitte, ganz besonders der Lehre von der Darstellung des schmiedbaren Eisens, in Unterabtheilungen zu erledigen.
Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts pflegte man die Metallurgie des kohlenstoffreicheren Stahles von der des kohlenstoffärmeren Schmiede- eisens zu trennen. Die Härtbarkeit des Stahles bildete das wesentliche Unterscheidungsmerkmal beider Eisengattungen. Durch die Einführung neuerer hochwichtiger Processe in das Eisenhüttengewerbe ist aber die Grenze zwischen Stahl und Schmiedeeisen undeutlich geworden; es ist bekannt, dass man heutzutage mit der Bezeichnung Stahl keineswegs immer den nämlichen Begriff verbindet.
Mehrfach wurde deshalb seit jener Zeit die chemische Eigenthüm- lichkeit der verschiedenen für die Darstellung schmiedbaren Eisens dienenden Processe als Mittel für die Eintheilung des ganzen Gebietes gewählt. Man unterschied Reductionsprocesse (Rennarbeiten), Frisch- processe, Kohlungsprocesse, Reinigungsprocesse.
Eine solche Eintheilung, so zweckmässig sie im ersten Augenblicke vielleicht erscheinen mag, erweist sich indess, wenn man die Processe eingehender prüft, als wenig zuverlässig und als noch weniger über- sichtlich. Bei dem Martinprocesse mit Erzen wie auch bei der selte- neren Darstellung des Uchatius-Gusstahles gehen die Oxydation der Kohle, des Siliciums, Mangans und die Reduction metallischen Eisens Hand in Hand. Beim Bessemern wie beim Martiniren findet anfäng- lich reichliche Verbrennung von Silicium, Mangan, Kohlenstoff statt; sie sind also in dem ersten Theile ihres Verlaufes wirkliche Frisch- processe. Später aber wird eine kohlenstoff- und manganhaltige Legi- rung zugesetzt, Eisenoxydul wird reducirt, Kohlenstoff und Mangan werden zugeführt; aus dem Frischprocesse ist ein Reductions- und Kohlungsprocess geworden. Wollte man also folgerecht verfahren, so müsste man den Martinprocess und das Tiegelschmelzen, je nachdem man mit oder ohne Erzen arbeitet, in ganz verschiedenen Abschnitten des Buches besprechen, ja, auch den Anfang und das Ende des Besse- mer- und Martinprocesses bei der Besprechung von einander trennen.
Vorwort.
fahren, der Hochofenbetrieb, steht so selbstständig da, dass wohl kaum ein anderer Weg zweckmässiger erscheinen kann.
Weniger leicht war die Frage nach der geeignetsten Eintheilung der genannten drei Hauptabschnitte, ganz besonders der Lehre von der Darstellung des schmiedbaren Eisens, in Unterabtheilungen zu erledigen.
Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts pflegte man die Metallurgie des kohlenstoffreicheren Stahles von der des kohlenstoffärmeren Schmiede- eisens zu trennen. Die Härtbarkeit des Stahles bildete das wesentliche Unterscheidungsmerkmal beider Eisengattungen. Durch die Einführung neuerer hochwichtiger Processe in das Eisenhüttengewerbe ist aber die Grenze zwischen Stahl und Schmiedeeisen undeutlich geworden; es ist bekannt, dass man heutzutage mit der Bezeichnung Stahl keineswegs immer den nämlichen Begriff verbindet.
Mehrfach wurde deshalb seit jener Zeit die chemische Eigenthüm- lichkeit der verschiedenen für die Darstellung schmiedbaren Eisens dienenden Processe als Mittel für die Eintheilung des ganzen Gebietes gewählt. Man unterschied Reductionsprocesse (Rennarbeiten), Frisch- processe, Kohlungsprocesse, Reinigungsprocesse.
Eine solche Eintheilung, so zweckmässig sie im ersten Augenblicke vielleicht erscheinen mag, erweist sich indess, wenn man die Processe eingehender prüft, als wenig zuverlässig und als noch weniger über- sichtlich. Bei dem Martinprocesse mit Erzen wie auch bei der selte- neren Darstellung des Uchatius-Gusstahles gehen die Oxydation der Kohle, des Siliciums, Mangans und die Reduction metallischen Eisens Hand in Hand. Beim Bessemern wie beim Martiniren findet anfäng- lich reichliche Verbrennung von Silicium, Mangan, Kohlenstoff statt; sie sind also in dem ersten Theile ihres Verlaufes wirkliche Frisch- processe. Später aber wird eine kohlenstoff- und manganhaltige Legi- rung zugesetzt, Eisenoxydul wird reducirt, Kohlenstoff und Mangan werden zugeführt; aus dem Frischprocesse ist ein Reductions- und Kohlungsprocess geworden. Wollte man also folgerecht verfahren, so müsste man den Martinprocess und das Tiegelschmelzen, je nachdem man mit oder ohne Erzen arbeitet, in ganz verschiedenen Abschnitten des Buches besprechen, ja, auch den Anfang und das Ende des Besse- mer- und Martinprocesses bei der Besprechung von einander trennen.
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[IV/0016]
Vorwort.
fahren, der Hochofenbetrieb, steht so selbstständig da, dass wohl kaum
ein anderer Weg zweckmässiger erscheinen kann.
Weniger leicht war die Frage nach der geeignetsten Eintheilung
der genannten drei Hauptabschnitte, ganz besonders der Lehre von
der Darstellung des schmiedbaren Eisens, in Unterabtheilungen zu
erledigen.
Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts pflegte man die Metallurgie des
kohlenstoffreicheren Stahles von der des kohlenstoffärmeren Schmiede-
eisens zu trennen. Die Härtbarkeit des Stahles bildete das wesentliche
Unterscheidungsmerkmal beider Eisengattungen. Durch die Einführung
neuerer hochwichtiger Processe in das Eisenhüttengewerbe ist aber die
Grenze zwischen Stahl und Schmiedeeisen undeutlich geworden; es ist
bekannt, dass man heutzutage mit der Bezeichnung Stahl keineswegs
immer den nämlichen Begriff verbindet.
Mehrfach wurde deshalb seit jener Zeit die chemische Eigenthüm-
lichkeit der verschiedenen für die Darstellung schmiedbaren Eisens
dienenden Processe als Mittel für die Eintheilung des ganzen Gebietes
gewählt. Man unterschied Reductionsprocesse (Rennarbeiten), Frisch-
processe, Kohlungsprocesse, Reinigungsprocesse.
Eine solche Eintheilung, so zweckmässig sie im ersten Augenblicke
vielleicht erscheinen mag, erweist sich indess, wenn man die Processe
eingehender prüft, als wenig zuverlässig und als noch weniger über-
sichtlich. Bei dem Martinprocesse mit Erzen wie auch bei der selte-
neren Darstellung des Uchatius-Gusstahles gehen die Oxydation der
Kohle, des Siliciums, Mangans und die Reduction metallischen Eisens
Hand in Hand. Beim Bessemern wie beim Martiniren findet anfäng-
lich reichliche Verbrennung von Silicium, Mangan, Kohlenstoff statt;
sie sind also in dem ersten Theile ihres Verlaufes wirkliche Frisch-
processe. Später aber wird eine kohlenstoff- und manganhaltige Legi-
rung zugesetzt, Eisenoxydul wird reducirt, Kohlenstoff und Mangan
werden zugeführt; aus dem Frischprocesse ist ein Reductions- und
Kohlungsprocess geworden. Wollte man also folgerecht verfahren, so
müsste man den Martinprocess und das Tiegelschmelzen, je nachdem
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/16>, abgerufen am 23.11.2024.
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