Die weite Verbreitung des Kalksteines in der Natur, welche in den meisten Gegenden die Möglichkeit für die billige Beschaffung grösserer Mengen desselben gewährt, bildet eine nicht unwichtige Unter- stützung der Eisenindustrie. Wenn man erwägt, dass manchen Erzen mehr als 40 Proc. ihres Eigengewichtes an Kalkstein zugeschlagen werden müssen, so wird man ermessen können, dass für die Dar- stellungskosten des Eisens der Preis jenes Zuschlagsmaterials nicht ohne Wichtigkeit ist.
Der Kalkstein (Calciumcarbonat Ca C O3) enthält im ganz reinen Zustande 56 Gewichtstheile Kalkerde und 44 Gewichtstheile Kohlensäure, so dass man, um 100 Thle. Kalkerde den Erzen zuzuführen, 178.6 Ge- wichtstheile des Carbonats verwenden muss. Da der Kalkzuschlag, wie erwähnt, vorzugsweise zur Verschlackung der Kieselsäure oder, richtiger, zur Herstellung eines bestimmten Verhältnisses zwischen Kieselsäure und Basen dienen soll, so verliert der Kalkstein um so mehr Werth als Zuschlagsmaterial, je reicher er selbst an Kieselsäure ist; denn nicht allein wird unmittelbar der Procentgehalt seines nutzbaren Bestand- theils dadurch abgemindert, sondern die von dem Kalkstein zugeführte Kieselsäure bindet auch wieder eine entsprechende Menge seines eigenen Kalkgehaltes und entzieht dieselbe dadurch ihrer eigentlichen Be- stimmung.
Versteinerungsreiche Kalksteine enthalten mitunter Phosphorsäure in grösseren Mengen und sind deshalb, wenn phosphorreine Eisensorten dargestellt werden sollen, nur mit Vorsicht zu verwenden; noch reicher an Phosphorsäure und zugleich reich an Kieselsäure und daher wenig brauchbar für Eisendarstellung ist sogenannter Kalktuff oder Wiesen- mergel.
Manche Kalksteine enthalten Schwefel- und Kupferkies, Bleiglanz, Galmei, Gips. Einige sind reich an Eisen und bilden, sofern ihre sonstige Zusammensetzung nicht ihre Verwendung für Eisendarstellung ausschliesst, die schon früher erwähnten Uebergänge zu den Eisenerzen.
Am werthvollsten für die Zwecke des Eisenhüttenmannes pflegt der krystallinisch körnige Kalkstein (Marmor) zu sein, weil er durch- schnittlich den grössten Gehalt an Kalk, den geringsten an schädlichen Bestandtheilen besitzt. Wo dieser nicht zu einem ausreichend billigen Preise zu erhalten ist, pflegt man einen möglichst reinen sogenannten dichten Kalkstein als Zuschlag zu verwenden, der aber mitunter durch eingeschlossene Reste von Thieren phosphorhaltig, auch nicht selten durch Thon oder Sand stark verunreinigt ist. Auch oolithischer Kalkstein, welcher jedoch ebenfalls etwas phosphorhaltig zu sein pflegt, wird an verschiedenen Orten als Zuschlag verschmolzen. Weniger häufige Verwendung für diesen Zweck findet die Kreide, theils wegen des Umstandes, dass ihr Auftreten an einzelne Gegenden gebunden ist (Dover, Rügen), theils auch wegen der eingeschlossenen Feuerstein- knollen und Thonlagen. Reiner Kreidekalk soll von Dover aus nach verschiedenen Eisenwerken Englands als Zuschlagsmaterial geliefert werden. 1)
1)Percy-Wedding, Handbuch der Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 544; Preuss. Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen 1866, S. 299.
Die Zuschläge.
Die weite Verbreitung des Kalksteines in der Natur, welche in den meisten Gegenden die Möglichkeit für die billige Beschaffung grösserer Mengen desselben gewährt, bildet eine nicht unwichtige Unter- stützung der Eisenindustrie. Wenn man erwägt, dass manchen Erzen mehr als 40 Proc. ihres Eigengewichtes an Kalkstein zugeschlagen werden müssen, so wird man ermessen können, dass für die Dar- stellungskosten des Eisens der Preis jenes Zuschlagsmaterials nicht ohne Wichtigkeit ist.
Der Kalkstein (Calciumcarbonat Ca C O3) enthält im ganz reinen Zustande 56 Gewichtstheile Kalkerde und 44 Gewichtstheile Kohlensäure, so dass man, um 100 Thle. Kalkerde den Erzen zuzuführen, 178.6 Ge- wichtstheile des Carbonats verwenden muss. Da der Kalkzuschlag, wie erwähnt, vorzugsweise zur Verschlackung der Kieselsäure oder, richtiger, zur Herstellung eines bestimmten Verhältnisses zwischen Kieselsäure und Basen dienen soll, so verliert der Kalkstein um so mehr Werth als Zuschlagsmaterial, je reicher er selbst an Kieselsäure ist; denn nicht allein wird unmittelbar der Procentgehalt seines nutzbaren Bestand- theils dadurch abgemindert, sondern die von dem Kalkstein zugeführte Kieselsäure bindet auch wieder eine entsprechende Menge seines eigenen Kalkgehaltes und entzieht dieselbe dadurch ihrer eigentlichen Be- stimmung.
Versteinerungsreiche Kalksteine enthalten mitunter Phosphorsäure in grösseren Mengen und sind deshalb, wenn phosphorreine Eisensorten dargestellt werden sollen, nur mit Vorsicht zu verwenden; noch reicher an Phosphorsäure und zugleich reich an Kieselsäure und daher wenig brauchbar für Eisendarstellung ist sogenannter Kalktuff oder Wiesen- mergel.
Manche Kalksteine enthalten Schwefel- und Kupferkies, Bleiglanz, Galmei, Gips. Einige sind reich an Eisen und bilden, sofern ihre sonstige Zusammensetzung nicht ihre Verwendung für Eisendarstellung ausschliesst, die schon früher erwähnten Uebergänge zu den Eisenerzen.
Am werthvollsten für die Zwecke des Eisenhüttenmannes pflegt der krystallinisch körnige Kalkstein (Marmor) zu sein, weil er durch- schnittlich den grössten Gehalt an Kalk, den geringsten an schädlichen Bestandtheilen besitzt. Wo dieser nicht zu einem ausreichend billigen Preise zu erhalten ist, pflegt man einen möglichst reinen sogenannten dichten Kalkstein als Zuschlag zu verwenden, der aber mitunter durch eingeschlossene Reste von Thieren phosphorhaltig, auch nicht selten durch Thon oder Sand stark verunreinigt ist. Auch oolithischer Kalkstein, welcher jedoch ebenfalls etwas phosphorhaltig zu sein pflegt, wird an verschiedenen Orten als Zuschlag verschmolzen. Weniger häufige Verwendung für diesen Zweck findet die Kreide, theils wegen des Umstandes, dass ihr Auftreten an einzelne Gegenden gebunden ist (Dover, Rügen), theils auch wegen der eingeschlossenen Feuerstein- knollen und Thonlagen. Reiner Kreidekalk soll von Dover aus nach verschiedenen Eisenwerken Englands als Zuschlagsmaterial geliefert werden. 1)
1)Percy-Wedding, Handbuch der Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 544; Preuss. Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen 1866, S. 299.
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Die Zuschläge.
Die weite Verbreitung des Kalksteines in der Natur, welche in
den meisten Gegenden die Möglichkeit für die billige Beschaffung
grösserer Mengen desselben gewährt, bildet eine nicht unwichtige Unter-
stützung der Eisenindustrie. Wenn man erwägt, dass manchen Erzen
mehr als 40 Proc. ihres Eigengewichtes an Kalkstein zugeschlagen
werden müssen, so wird man ermessen können, dass für die Dar-
stellungskosten des Eisens der Preis jenes Zuschlagsmaterials nicht ohne
Wichtigkeit ist.
Der Kalkstein (Calciumcarbonat Ca C O3) enthält im ganz reinen
Zustande 56 Gewichtstheile Kalkerde und 44 Gewichtstheile Kohlensäure,
so dass man, um 100 Thle. Kalkerde den Erzen zuzuführen, 178.6 Ge-
wichtstheile des Carbonats verwenden muss. Da der Kalkzuschlag, wie
erwähnt, vorzugsweise zur Verschlackung der Kieselsäure oder, richtiger,
zur Herstellung eines bestimmten Verhältnisses zwischen Kieselsäure
und Basen dienen soll, so verliert der Kalkstein um so mehr Werth als
Zuschlagsmaterial, je reicher er selbst an Kieselsäure ist; denn nicht
allein wird unmittelbar der Procentgehalt seines nutzbaren Bestand-
theils dadurch abgemindert, sondern die von dem Kalkstein zugeführte
Kieselsäure bindet auch wieder eine entsprechende Menge seines eigenen
Kalkgehaltes und entzieht dieselbe dadurch ihrer eigentlichen Be-
stimmung.
Versteinerungsreiche Kalksteine enthalten mitunter Phosphorsäure
in grösseren Mengen und sind deshalb, wenn phosphorreine Eisensorten
dargestellt werden sollen, nur mit Vorsicht zu verwenden; noch reicher
an Phosphorsäure und zugleich reich an Kieselsäure und daher wenig
brauchbar für Eisendarstellung ist sogenannter Kalktuff oder Wiesen-
mergel.
Manche Kalksteine enthalten Schwefel- und Kupferkies, Bleiglanz,
Galmei, Gips. Einige sind reich an Eisen und bilden, sofern ihre
sonstige Zusammensetzung nicht ihre Verwendung für Eisendarstellung
ausschliesst, die schon früher erwähnten Uebergänge zu den Eisenerzen.
Am werthvollsten für die Zwecke des Eisenhüttenmannes pflegt der
krystallinisch körnige Kalkstein (Marmor) zu sein, weil er durch-
schnittlich den grössten Gehalt an Kalk, den geringsten an schädlichen
Bestandtheilen besitzt. Wo dieser nicht zu einem ausreichend billigen
Preise zu erhalten ist, pflegt man einen möglichst reinen sogenannten
dichten Kalkstein als Zuschlag zu verwenden, der aber mitunter
durch eingeschlossene Reste von Thieren phosphorhaltig, auch nicht
selten durch Thon oder Sand stark verunreinigt ist. Auch oolithischer
Kalkstein, welcher jedoch ebenfalls etwas phosphorhaltig zu sein
pflegt, wird an verschiedenen Orten als Zuschlag verschmolzen. Weniger
häufige Verwendung für diesen Zweck findet die Kreide, theils wegen
des Umstandes, dass ihr Auftreten an einzelne Gegenden gebunden ist
(Dover, Rügen), theils auch wegen der eingeschlossenen Feuerstein-
knollen und Thonlagen. Reiner Kreidekalk soll von Dover aus nach
verschiedenen Eisenwerken Englands als Zuschlagsmaterial geliefert
werden. 1)
1) Percy-Wedding, Handbuch der Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 544;
Preuss. Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen 1866, S. 299.
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/213>, abgerufen am 04.12.2024.
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