Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918.

Bild:
<< vorherige Seite

merkenswerte Erscheinung erweist sich die Erfahrung,
nach der die Zunahme der Einführung des Frauen-
stimmrechts sich durchaus nicht immer gemäß den
nationalen Zusammenhängen, vielmehr auch auf Ein-
wirkung benachbarter Staaten vollzieht. So haben
in Kanada durch die Vereinigten Staaten angeregt,
sechs Einzelstaaten das Frauenwahlrecht noch vor
dem Mutterlande England eingeführt, nämlich Al-
berta, Saskatchewan, Manitoba, British Columbia,
Nova Scotia und Ontario. Zum Bundesparlament
(Dominium Parlament) hat gegenwärtig nur die
nächststehende weibliche Angehörige der im über-
seeischen Kriegsdienst abwesenden Männer das Wahl-
recht, während die Gewährung des allseitigen weib-
lichen Wahlrechts den Frauen erst nach Beendigung
des Krieges versprochen worden ist. In Alberta
wurde die Krankenschwester Miß Mac Adams
von den im überseeischen Kriegsdienst abwesenden
38 000 Soldaten und 75 militärischen Krankenpflege-
rinnen als Abgeordnete für das Staatsparlament prä-
sentiert. Australien hat die ersten Anträge zur
Einführung des Stimmrechts der Initiative der Män-
ner zu verdanken, obwohl die Zahl der weiblichen
Wähler beinahe die der Männer erreicht. Neusee-
land, Südaustralien
(1893), Queensland,
Neu-Südwales, Tasmania, Victoria
haben
aktives und passives Wahlrecht zum Parlament, aber
nicht überall kommunales Wahlrecht. Auch hier tra-
ten zunächst die Frauen für Erhöhung des Schutz-
alters und Hebung der Sittlichkeit ein. Frauen, die
Ausländer heiraten, verlieren dank des Einflusses der
Frauen in Australien nicht ihre Staatszugehörigkeit.
Im öffentlichen Dienst wird den Frauen gleicher Lohn
für gleiche Leistungen gewährt. Männer, denen nach-
gewiesen wird, daß sie ihre Frauen mißhandeln oder
daß sie Nährpflichtverletzer sind, sind vom Wahl-

merkenswerte Erscheinung erweist sich die Erfahrung,
nach der die Zunahme der Einführung des Frauen-
stimmrechts sich durchaus nicht immer gemäß den
nationalen Zusammenhängen, vielmehr auch auf Ein-
wirkung benachbarter Staaten vollzieht. So haben
in Kanada durch die Vereinigten Staaten angeregt,
sechs Einzelstaaten das Frauenwahlrecht noch vor
dem Mutterlande England eingeführt, nämlich Al-
berta, Saskatchewan, Manitoba, British Columbia,
Nova Scotia und Ontario. Zum Bundesparlament
(Dominium Parlament) hat gegenwärtig nur die
nächststehende weibliche Angehörige der im über-
seeischen Kriegsdienst abwesenden Männer das Wahl-
recht, während die Gewährung des allseitigen weib-
lichen Wahlrechts den Frauen erst nach Beendigung
des Krieges versprochen worden ist. In Alberta
wurde die Krankenschwester Miß Mac Adams
von den im überseeischen Kriegsdienst abwesenden
38 000 Soldaten und 75 militärischen Krankenpflege-
rinnen als Abgeordnete für das Staatsparlament prä-
sentiert. Australien hat die ersten Anträge zur
Einführung des Stimmrechts der Initiative der Män-
ner zu verdanken, obwohl die Zahl der weiblichen
Wähler beinahe die der Männer erreicht. Neusee-
land, Südaustralien
(1893), Queensland,
Neu-Südwales, Tasmania, Victoria
haben
aktives und passives Wahlrecht zum Parlament, aber
nicht überall kommunales Wahlrecht. Auch hier tra-
ten zunächst die Frauen für Erhöhung des Schutz-
alters und Hebung der Sittlichkeit ein. Frauen, die
Ausländer heiraten, verlieren dank des Einflusses der
Frauen in Australien nicht ihre Staatszugehörigkeit.
Im öffentlichen Dienst wird den Frauen gleicher Lohn
für gleiche Leistungen gewährt. Männer, denen nach-
gewiesen wird, daß sie ihre Frauen mißhandeln oder
daß sie Nährpflichtverletzer sind, sind vom Wahl-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0029" n="29"/>
merkenswerte Erscheinung erweist sich die Erfahrung,<lb/>
nach der die Zunahme der Einführung des Frauen-<lb/>
stimmrechts sich durchaus nicht immer gemäß den<lb/>
nationalen Zusammenhängen, vielmehr auch auf Ein-<lb/>
wirkung benachbarter Staaten vollzieht. So haben<lb/>
in <hi rendition="#g">Kanada</hi> durch die Vereinigten Staaten angeregt,<lb/>
sechs Einzelstaaten das Frauenwahlrecht noch vor<lb/>
dem Mutterlande England eingeführt, nämlich Al-<lb/>
berta, Saskatchewan, Manitoba, British Columbia,<lb/>
Nova Scotia und Ontario. Zum Bundesparlament<lb/>
(Dominium Parlament) hat gegenwärtig nur die<lb/>
nächststehende weibliche Angehörige der im über-<lb/>
seeischen Kriegsdienst abwesenden Männer das Wahl-<lb/>
recht, während die Gewährung des allseitigen weib-<lb/>
lichen Wahlrechts den Frauen erst nach Beendigung<lb/>
des Krieges versprochen worden ist. In <hi rendition="#g"> Alberta</hi><lb/>
wurde die Krankenschwester <persName> Miß <hi rendition="#g">Mac Adams</hi></persName><lb/>
von den im überseeischen Kriegsdienst abwesenden<lb/>
38 000 Soldaten und 75 militärischen Krankenpflege-<lb/>
rinnen als Abgeordnete für das Staatsparlament prä-<lb/>
sentiert. <hi rendition="#g">Australien</hi> hat die ersten Anträge zur<lb/>
Einführung des Stimmrechts der Initiative der Män-<lb/>
ner zu verdanken, obwohl die Zahl der weiblichen<lb/>
Wähler beinahe die der Männer erreicht. <hi rendition="#g">Neusee-<lb/>
land, Südaustralien</hi> (1893), <hi rendition="#g">Queensland,<lb/>
Neu-Südwales, Tasmania, Victoria</hi> haben<lb/>
aktives und passives Wahlrecht zum Parlament, aber<lb/>
nicht überall kommunales Wahlrecht. Auch hier tra-<lb/>
ten zunächst die Frauen für Erhöhung des Schutz-<lb/>
alters und Hebung der Sittlichkeit ein. Frauen, die<lb/>
Ausländer heiraten, verlieren dank des Einflusses der<lb/>
Frauen in Australien nicht ihre Staatszugehörigkeit.<lb/>
Im öffentlichen Dienst wird den Frauen gleicher Lohn<lb/>
für gleiche Leistungen gewährt. Männer, denen nach-<lb/>
gewiesen wird, daß sie ihre Frauen mißhandeln oder<lb/>
daß sie Nährpflichtverletzer sind, sind vom Wahl-<lb/>
&#x2003;
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0029] merkenswerte Erscheinung erweist sich die Erfahrung, nach der die Zunahme der Einführung des Frauen- stimmrechts sich durchaus nicht immer gemäß den nationalen Zusammenhängen, vielmehr auch auf Ein- wirkung benachbarter Staaten vollzieht. So haben in Kanada durch die Vereinigten Staaten angeregt, sechs Einzelstaaten das Frauenwahlrecht noch vor dem Mutterlande England eingeführt, nämlich Al- berta, Saskatchewan, Manitoba, British Columbia, Nova Scotia und Ontario. Zum Bundesparlament (Dominium Parlament) hat gegenwärtig nur die nächststehende weibliche Angehörige der im über- seeischen Kriegsdienst abwesenden Männer das Wahl- recht, während die Gewährung des allseitigen weib- lichen Wahlrechts den Frauen erst nach Beendigung des Krieges versprochen worden ist. In Alberta wurde die Krankenschwester Miß Mac Adams von den im überseeischen Kriegsdienst abwesenden 38 000 Soldaten und 75 militärischen Krankenpflege- rinnen als Abgeordnete für das Staatsparlament prä- sentiert. Australien hat die ersten Anträge zur Einführung des Stimmrechts der Initiative der Män- ner zu verdanken, obwohl die Zahl der weiblichen Wähler beinahe die der Männer erreicht. Neusee- land, Südaustralien (1893), Queensland, Neu-Südwales, Tasmania, Victoria haben aktives und passives Wahlrecht zum Parlament, aber nicht überall kommunales Wahlrecht. Auch hier tra- ten zunächst die Frauen für Erhöhung des Schutz- alters und Hebung der Sittlichkeit ein. Frauen, die Ausländer heiraten, verlieren dank des Einflusses der Frauen in Australien nicht ihre Staatszugehörigkeit. Im öffentlichen Dienst wird den Frauen gleicher Lohn für gleiche Leistungen gewährt. Männer, denen nach- gewiesen wird, daß sie ihre Frauen mißhandeln oder daß sie Nährpflichtverletzer sind, sind vom Wahl-  

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2015-06-26T14:08:50Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-26T14:08:50Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledermann_frauenstimmrechtsbewegung_1918
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledermann_frauenstimmrechtsbewegung_1918/29
Zitationshilfe: Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledermann_frauenstimmrechtsbewegung_1918/29>, abgerufen am 23.11.2024.