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Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918.

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Propaganda in Spanien, Portugal, Frank-
reich
und Italien, den Ländern der romanischen
Sprachgemeinschaft, sind die Frauen noch von allen
politischen Rechten ausgeschlossen. In Portugal
ist es zwar auf Grund richterlicher Erkenntnis einer
Frau gelungen, als Wählerin zu fungieren. Aber dieser
Fall hat zu keiner allgemeinen Einführung des gesetz-
lichen Wahlrechtes geführt. In Italien und Frankreich
haben die Sympathien für das Frauenwahlrecht auch
in Männerkreisen bemerkenswerte Fortschritte ge-
macht, ohne jedoch bisher greifbare Resultate zu er-
geben. In Frankreich soll nach dem Kriege ein
Gesetzentwurf für das Frauenstimmrecht in der Ge-
meinde vorgelegt werden, ln Rußland, wo die
alten Verhältnisse eine straff organisierte Stimmrechts-
bewegung bisher hinderten, sehen wir, daß da, wo
die Frauen mit Männern seit langem gemeinsam
für die freiheitliche Entwicklung ihres Vaterlandes
und für das Selbstbestimmungsrecht aller Volksgenos-
sen gekämpft haben, sich ihre Eingliederung zur poli-
tischen Selbständigkeit anläßlich einer Volkserhebung
plötzlich vollzieht. Bei unseren nächsten Nachbarn,
in Oesterreich-Ungarn, sind, infolge der kom-
plizierten Stellung der fremdsprachlichen Nationen zu-
einander, die politischen Rechte der Frauen völlig
ungleich. In Ungarn mit seinem starken National-
bewußtsein ist das politische Verständnis weitester
Kreise der Frauenforderung so günstig gewesen, daß
parlamentarische Führer und Volkswille anläßlich der
Wahlrechtsreform auch einen Gesetzentwurf zum
Frauenwahlrecht erlangen konnten. Nach diesem soll
die politische Reife für das aktive und passive Wahl-
recht allen Frauen über 24 Jahren zugesprochen wer-
den, die eine vierklassige Bürgerschule besucht haben,
ferner jenen Frauen, die seit zwei Jahren tätiges Mit-
glied eines wissenschaftlichen, literarischen oder

Propaganda in Spanien, Portugal, Frank-
reich
und Italien, den Ländern der romanischen
Sprachgemeinschaft, sind die Frauen noch von allen
politischen Rechten ausgeschlossen. In Portugal
ist es zwar auf Grund richterlicher Erkenntnis einer
Frau gelungen, als Wählerin zu fungieren. Aber dieser
Fall hat zu keiner allgemeinen Einführung des gesetz-
lichen Wahlrechtes geführt. In Italien und Frankreich
haben die Sympathien für das Frauenwahlrecht auch
in Männerkreisen bemerkenswerte Fortschritte ge-
macht, ohne jedoch bisher greifbare Resultate zu er-
geben. In Frankreich soll nach dem Kriege ein
Gesetzentwurf für das Frauenstimmrecht in der Ge-
meinde vorgelegt werden, ln Rußland, wo die
alten Verhältnisse eine straff organisierte Stimmrechts-
bewegung bisher hinderten, sehen wir, daß da, wo
die Frauen mit Männern seit langem gemeinsam
für die freiheitliche Entwicklung ihres Vaterlandes
und für das Selbstbestimmungsrecht aller Volksgenos-
sen gekämpft haben, sich ihre Eingliederung zur poli-
tischen Selbständigkeit anläßlich einer Volkserhebung
plötzlich vollzieht. Bei unseren nächsten Nachbarn,
in Oesterreich-Ungarn, sind, infolge der kom-
plizierten Stellung der fremdsprachlichen Nationen zu-
einander, die politischen Rechte der Frauen völlig
ungleich. In Ungarn mit seinem starken National-
bewußtsein ist das politische Verständnis weitester
Kreise der Frauenforderung so günstig gewesen, daß
parlamentarische Führer und Volkswille anläßlich der
Wahlrechtsreform auch einen Gesetzentwurf zum
Frauenwahlrecht erlangen konnten. Nach diesem soll
die politische Reife für das aktive und passive Wahl-
recht allen Frauen über 24 Jahren zugesprochen wer-
den, die eine vierklassige Bürgerschule besucht haben,
ferner jenen Frauen, die seit zwei Jahren tätiges Mit-
glied eines wissenschaftlichen, literarischen oder

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[35/0035] Propaganda in Spanien, Portugal, Frank- reich und Italien, den Ländern der romanischen Sprachgemeinschaft, sind die Frauen noch von allen politischen Rechten ausgeschlossen. In Portugal ist es zwar auf Grund richterlicher Erkenntnis einer Frau gelungen, als Wählerin zu fungieren. Aber dieser Fall hat zu keiner allgemeinen Einführung des gesetz- lichen Wahlrechtes geführt. In Italien und Frankreich haben die Sympathien für das Frauenwahlrecht auch in Männerkreisen bemerkenswerte Fortschritte ge- macht, ohne jedoch bisher greifbare Resultate zu er- geben. In Frankreich soll nach dem Kriege ein Gesetzentwurf für das Frauenstimmrecht in der Ge- meinde vorgelegt werden, ln Rußland, wo die alten Verhältnisse eine straff organisierte Stimmrechts- bewegung bisher hinderten, sehen wir, daß da, wo die Frauen mit Männern seit langem gemeinsam für die freiheitliche Entwicklung ihres Vaterlandes und für das Selbstbestimmungsrecht aller Volksgenos- sen gekämpft haben, sich ihre Eingliederung zur poli- tischen Selbständigkeit anläßlich einer Volkserhebung plötzlich vollzieht. Bei unseren nächsten Nachbarn, in Oesterreich-Ungarn, sind, infolge der kom- plizierten Stellung der fremdsprachlichen Nationen zu- einander, die politischen Rechte der Frauen völlig ungleich. In Ungarn mit seinem starken National- bewußtsein ist das politische Verständnis weitester Kreise der Frauenforderung so günstig gewesen, daß parlamentarische Führer und Volkswille anläßlich der Wahlrechtsreform auch einen Gesetzentwurf zum Frauenwahlrecht erlangen konnten. Nach diesem soll die politische Reife für das aktive und passive Wahl- recht allen Frauen über 24 Jahren zugesprochen wer- den, die eine vierklassige Bürgerschule besucht haben, ferner jenen Frauen, die seit zwei Jahren tätiges Mit- glied eines wissenschaftlichen, literarischen oder  

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Zitationshilfe: Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledermann_frauenstimmrechtsbewegung_1918/35>, abgerufen am 23.11.2024.