Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lehmann, Rudolf: Deutsche Poetik. München, 1908.

Bild:
<< vorherige Seite

ple_171.001
das ganze Altertum hindurch.1) Auf die Entwicklung beider Gattungen ple_171.002
hat die Verbindung mit der Musik wesentlichen Einfluß geübt. -- Auch ple_171.003
bei der Entstehung des Dramas der neueren Zeit finden wir die Spuren ple_171.004
einer ähnlichen parallelen Entwicklung, und in der Zwiespältigkeit des ple_171.005
Shakespeareschen Dramenstils sieht man deutlich das Zusammentreffen ple_171.006
zweier an sich verschiedener Formen der Kunstübung.

ple_171.007
Aus der Verbindung von Bühnenkunst und Poesie ist die dramatische ple_171.008
Dichtung entstanden. So ist es denn begreiflich, daß von den beiden Elementen, ple_171.009
die sie enthalten, bald das eine, bald das andere überwiegt.2) Die ple_171.010
ausgeprägteste künstlerische Theaterphantasie unter allen deutschen Dichtern ple_171.011
besaß wohl Ferdinand Raimund. Er schwelgt in Bühnenbildern größtenteils ple_171.012
phantastischer Art, sein geistiges Ohr hört nicht Menschen, sondern ple_171.013
Schauspieler sprechen. Dennoch ist er Dichter genug, um seine Wirkungen ple_171.014
nicht zu berechnen, sondern zu fühlen, und in die Bühnenphantastik mischen ple_171.015
sich ihm Züge eines gesunden Wirklichkeitssinnes. Das Theater verbindet ple_171.016
ihm eine überirdische Geisterwelt mit der Realität des Lebens. Etwas Ähnliches ple_171.017
ist bei einem größeren, bei Richard Wagner, der Fall, wenigstens ple_171.018
in den meisten seiner Werke. Und in der Tat liegt es ja auch im Wesen ple_171.019
des Doppelkunstwerks, das er schafft, daß er es von vornherein als Darstellung ple_171.020
auf der Bühne und nur als solche sieht und denkt. In den beiden ple_171.021
tiefsten und bedeutendsten Tondichtungen freilich, die er geschaffen, dem ple_171.022
Tristan und den Meistersingern, geht die schöpferische Phantasie über das ple_171.023
Bühnenbild hinaus in die Höhen und Tiefen des reinsten Humors und ple_171.024
der innerlichen Gefühlserlebnisse. Hans Sachs unter dem Fliederbaum, ple_171.025
Tristan und Isolde in der nächtlichen Laube sind nicht für die Bühne

1) ple_171.026
Von dem Wesen und der Bedeutung des Mimus haben uns die Forschungen ple_171.027
Herm. Reichs (Der Mimus. Ein literarentwicklungsgeschichtlicher Versuch. 2 Bde. Berlin ple_171.028
1903) ein wertvolles, wenn auch vielleicht in einzelnen Teilen zu stark aufgetragenes ple_171.029
Bild gewährt. -- Über die Verschiedenheit des psychologischen Ursprungs handelt scharf ple_171.030
und geistreich Th. A. Meyer: Das Stilgesetz der Poesie, S. 108-111.
2) ple_171.031
Interessant sind die Zeugnisse, welche diese Verschiedenheit psychologisch belegen. ple_171.032
Der ausgeprägteste Typus des Bühnenschriftstellers ist Scribe. "Wenn ich eine ple_171.033
Szene schreibe," sagte Legouve zu ihm, "so höre ich, Sie aber sehen. Bei jedem Satz, ple_171.034
den ich schreibe, kommt mir die Stimme der sprechenden Person ins Ohr. Sie, der Sie ple_171.035
das Theater selbst sind, Ihre Schauspieler gehen und gestikulieren vor ihren Augen: ich ple_171.036
ein Hörer, Sie ein Zuschauer." -- "Nichts wahrer als dies," sagte Scribe, "wissen Sie, ple_171.037
wo ich mich im Geiste befinde, wenn ich ein Stück schreibe? Mitten im Parterre!" -- ple_171.038
(Binet, Psychologie du Raisonnement, angeführt bei James, Principles of psychologie, ple_171.039
II S. 60.) Dagegen schreibt Schiller an Goethe: "Ich wüßte nicht, was einen bei einer ple_171.040
dramatischen Ausarbeitung so streng in den Grenzen der Dichtart hielte, und wenn man ple_171.041
daraus getreten, so sicher darein zurückführte, als eine möglichst lebhafte Vorstellung der ple_171.042
wirklichen Repräsentation der Bretter eines angefüllten und buntgemischten Hauses, wodurch ple_171.043
die affektvolle unruhige Erwartung, mithin das Gesetz des intensiven und rastlosen ple_171.044
Fortschreitens und Bewegens einem so nahe gebracht wird." Man sieht, daß die Bühne ple_171.045
seiner Phantasie schon nicht mehr so unbedingt und unmittelbar vorschwebte.

ple_171.001
das ganze Altertum hindurch.1) Auf die Entwicklung beider Gattungen ple_171.002
hat die Verbindung mit der Musik wesentlichen Einfluß geübt. — Auch ple_171.003
bei der Entstehung des Dramas der neueren Zeit finden wir die Spuren ple_171.004
einer ähnlichen parallelen Entwicklung, und in der Zwiespältigkeit des ple_171.005
Shakespeareschen Dramenstils sieht man deutlich das Zusammentreffen ple_171.006
zweier an sich verschiedener Formen der Kunstübung.

ple_171.007
Aus der Verbindung von Bühnenkunst und Poesie ist die dramatische ple_171.008
Dichtung entstanden. So ist es denn begreiflich, daß von den beiden Elementen, ple_171.009
die sie enthalten, bald das eine, bald das andere überwiegt.2) Die ple_171.010
ausgeprägteste künstlerische Theaterphantasie unter allen deutschen Dichtern ple_171.011
besaß wohl Ferdinand Raimund. Er schwelgt in Bühnenbildern größtenteils ple_171.012
phantastischer Art, sein geistiges Ohr hört nicht Menschen, sondern ple_171.013
Schauspieler sprechen. Dennoch ist er Dichter genug, um seine Wirkungen ple_171.014
nicht zu berechnen, sondern zu fühlen, und in die Bühnenphantastik mischen ple_171.015
sich ihm Züge eines gesunden Wirklichkeitssinnes. Das Theater verbindet ple_171.016
ihm eine überirdische Geisterwelt mit der Realität des Lebens. Etwas Ähnliches ple_171.017
ist bei einem größeren, bei Richard Wagner, der Fall, wenigstens ple_171.018
in den meisten seiner Werke. Und in der Tat liegt es ja auch im Wesen ple_171.019
des Doppelkunstwerks, das er schafft, daß er es von vornherein als Darstellung ple_171.020
auf der Bühne und nur als solche sieht und denkt. In den beiden ple_171.021
tiefsten und bedeutendsten Tondichtungen freilich, die er geschaffen, dem ple_171.022
Tristan und den Meistersingern, geht die schöpferische Phantasie über das ple_171.023
Bühnenbild hinaus in die Höhen und Tiefen des reinsten Humors und ple_171.024
der innerlichen Gefühlserlebnisse. Hans Sachs unter dem Fliederbaum, ple_171.025
Tristan und Isolde in der nächtlichen Laube sind nicht für die Bühne

1) ple_171.026
Von dem Wesen und der Bedeutung des Mimus haben uns die Forschungen ple_171.027
Herm. Reichs (Der Mimus. Ein literarentwicklungsgeschichtlicher Versuch. 2 Bde. Berlin ple_171.028
1903) ein wertvolles, wenn auch vielleicht in einzelnen Teilen zu stark aufgetragenes ple_171.029
Bild gewährt. — Über die Verschiedenheit des psychologischen Ursprungs handelt scharf ple_171.030
und geistreich Th. A. Meyer: Das Stilgesetz der Poesie, S. 108–111.
2) ple_171.031
Interessant sind die Zeugnisse, welche diese Verschiedenheit psychologisch belegen. ple_171.032
Der ausgeprägteste Typus des Bühnenschriftstellers ist Scribe. „Wenn ich eine ple_171.033
Szene schreibe,“ sagte Legouvé zu ihm, „so höre ich, Sie aber sehen. Bei jedem Satz, ple_171.034
den ich schreibe, kommt mir die Stimme der sprechenden Person ins Ohr. Sie, der Sie ple_171.035
das Theater selbst sind, Ihre Schauspieler gehen und gestikulieren vor ihren Augen: ich ple_171.036
ein Hörer, Sie ein Zuschauer.“ — „Nichts wahrer als dies,“ sagte Scribe, „wissen Sie, ple_171.037
wo ich mich im Geiste befinde, wenn ich ein Stück schreibe? Mitten im Parterre!“ — ple_171.038
(Binet, Psychologie du Raisonnement, angeführt bei James, Principles of psychologie, ple_171.039
II S. 60.) Dagegen schreibt Schiller an Goethe: „Ich wüßte nicht, was einen bei einer ple_171.040
dramatischen Ausarbeitung so streng in den Grenzen der Dichtart hielte, und wenn man ple_171.041
daraus getreten, so sicher darein zurückführte, als eine möglichst lebhafte Vorstellung der ple_171.042
wirklichen Repräsentation der Bretter eines angefüllten und buntgemischten Hauses, wodurch ple_171.043
die affektvolle unruhige Erwartung, mithin das Gesetz des intensiven und rastlosen ple_171.044
Fortschreitens und Bewegens einem so nahe gebracht wird.“ Man sieht, daß die Bühne ple_171.045
seiner Phantasie schon nicht mehr so unbedingt und unmittelbar vorschwebte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0185" n="171"/><lb n="ple_171.001"/>
das ganze Altertum hindurch.<note xml:id="ple_171_1" place="foot" n="1)"><lb n="ple_171.026"/>
Von dem Wesen und der Bedeutung des Mimus haben uns die Forschungen <lb n="ple_171.027"/>
Herm. <hi rendition="#g">Reichs</hi> (Der Mimus. Ein literarentwicklungsgeschichtlicher Versuch. 2 Bde. Berlin <lb n="ple_171.028"/>
1903) ein wertvolles, wenn auch vielleicht in einzelnen Teilen zu stark aufgetragenes <lb n="ple_171.029"/>
Bild gewährt. &#x2014; Über die Verschiedenheit des psychologischen Ursprungs handelt scharf <lb n="ple_171.030"/>
und geistreich Th. A. Meyer: Das Stilgesetz der Poesie, S. 108&#x2013;111.</note>  Auf die Entwicklung beider Gattungen <lb n="ple_171.002"/>
hat die Verbindung mit der Musik wesentlichen Einfluß geübt. &#x2014; Auch <lb n="ple_171.003"/>
bei der Entstehung des Dramas der neueren Zeit finden wir die Spuren <lb n="ple_171.004"/>
einer ähnlichen parallelen Entwicklung, und in der Zwiespältigkeit des <lb n="ple_171.005"/>
Shakespeareschen Dramenstils sieht man deutlich das Zusammentreffen <lb n="ple_171.006"/>
zweier an sich verschiedener Formen der Kunstübung.</p>
            <p><lb n="ple_171.007"/>
Aus der Verbindung von Bühnenkunst und Poesie ist die dramatische <lb n="ple_171.008"/>
Dichtung entstanden. So ist es denn begreiflich, daß von den beiden Elementen, <lb n="ple_171.009"/>
die sie enthalten, bald das eine, bald das andere überwiegt.<note xml:id="ple_171_2" place="foot" n="2)"><lb n="ple_171.031"/>
Interessant sind die Zeugnisse, welche diese Verschiedenheit psychologisch belegen. <lb n="ple_171.032"/>
Der ausgeprägteste Typus des Bühnenschriftstellers ist <hi rendition="#g">Scribe.</hi> &#x201E;Wenn ich eine <lb n="ple_171.033"/>
Szene schreibe,&#x201C; sagte Legouvé zu ihm, &#x201E;so <hi rendition="#g">höre</hi> ich, Sie aber <hi rendition="#g">sehen.</hi> Bei jedem Satz, <lb n="ple_171.034"/>
den ich schreibe, kommt mir die Stimme der sprechenden Person ins Ohr. Sie, der Sie <lb n="ple_171.035"/>
das Theater selbst sind, Ihre Schauspieler gehen und gestikulieren vor ihren Augen: ich <lb n="ple_171.036"/>
ein Hörer, Sie ein Zuschauer.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Nichts wahrer als dies,&#x201C; sagte Scribe, &#x201E;wissen Sie, <lb n="ple_171.037"/>
wo ich mich im Geiste befinde, wenn ich ein Stück schreibe? Mitten im Parterre!&#x201C; &#x2014; <lb n="ple_171.038"/>
(Binet, Psychologie du Raisonnement, angeführt bei <hi rendition="#k">James,</hi> Principles of psychologie, <lb n="ple_171.039"/>
II S. 60.) Dagegen schreibt Schiller an Goethe: &#x201E;Ich wüßte nicht, was einen bei einer <lb n="ple_171.040"/>
dramatischen Ausarbeitung so streng in den Grenzen der Dichtart hielte, und wenn man <lb n="ple_171.041"/>
daraus getreten, so sicher darein zurückführte, als eine möglichst lebhafte Vorstellung der <lb n="ple_171.042"/>
wirklichen Repräsentation der Bretter eines angefüllten und buntgemischten Hauses, wodurch <lb n="ple_171.043"/>
die affektvolle unruhige Erwartung, mithin das Gesetz des intensiven und rastlosen <lb n="ple_171.044"/>
Fortschreitens und Bewegens einem so nahe gebracht wird.&#x201C; Man sieht, daß die Bühne <lb n="ple_171.045"/>
seiner Phantasie schon nicht mehr so unbedingt und unmittelbar vorschwebte.</note>  Die <lb n="ple_171.010"/>
ausgeprägteste künstlerische Theaterphantasie unter allen deutschen Dichtern <lb n="ple_171.011"/>
besaß wohl Ferdinand <hi rendition="#g">Raimund.</hi> Er schwelgt in Bühnenbildern größtenteils <lb n="ple_171.012"/>
phantastischer Art, sein geistiges Ohr hört nicht Menschen, sondern <lb n="ple_171.013"/>
Schauspieler sprechen. Dennoch ist er Dichter genug, um seine Wirkungen <lb n="ple_171.014"/>
nicht zu berechnen, sondern zu fühlen, und in die Bühnenphantastik mischen <lb n="ple_171.015"/>
sich ihm Züge eines gesunden Wirklichkeitssinnes. Das Theater verbindet <lb n="ple_171.016"/>
ihm eine überirdische Geisterwelt mit der Realität des Lebens. Etwas Ähnliches <lb n="ple_171.017"/>
ist bei einem größeren, bei Richard Wagner, der Fall, wenigstens <lb n="ple_171.018"/>
in den meisten seiner Werke. Und in der Tat liegt es ja auch im Wesen <lb n="ple_171.019"/>
des Doppelkunstwerks, das er schafft, daß er es von vornherein als Darstellung <lb n="ple_171.020"/>
auf der Bühne und nur als solche sieht und denkt. In den beiden <lb n="ple_171.021"/>
tiefsten und bedeutendsten Tondichtungen freilich, die er geschaffen, dem <lb n="ple_171.022"/>
Tristan und den Meistersingern, geht die schöpferische Phantasie über das <lb n="ple_171.023"/>
Bühnenbild hinaus in die Höhen und Tiefen des reinsten Humors und <lb n="ple_171.024"/>
der innerlichen Gefühlserlebnisse. Hans Sachs unter dem Fliederbaum, <lb n="ple_171.025"/>
Tristan und Isolde in der nächtlichen Laube sind nicht für die Bühne
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0185] ple_171.001 das ganze Altertum hindurch. 1) Auf die Entwicklung beider Gattungen ple_171.002 hat die Verbindung mit der Musik wesentlichen Einfluß geübt. — Auch ple_171.003 bei der Entstehung des Dramas der neueren Zeit finden wir die Spuren ple_171.004 einer ähnlichen parallelen Entwicklung, und in der Zwiespältigkeit des ple_171.005 Shakespeareschen Dramenstils sieht man deutlich das Zusammentreffen ple_171.006 zweier an sich verschiedener Formen der Kunstübung. ple_171.007 Aus der Verbindung von Bühnenkunst und Poesie ist die dramatische ple_171.008 Dichtung entstanden. So ist es denn begreiflich, daß von den beiden Elementen, ple_171.009 die sie enthalten, bald das eine, bald das andere überwiegt. 2) Die ple_171.010 ausgeprägteste künstlerische Theaterphantasie unter allen deutschen Dichtern ple_171.011 besaß wohl Ferdinand Raimund. Er schwelgt in Bühnenbildern größtenteils ple_171.012 phantastischer Art, sein geistiges Ohr hört nicht Menschen, sondern ple_171.013 Schauspieler sprechen. Dennoch ist er Dichter genug, um seine Wirkungen ple_171.014 nicht zu berechnen, sondern zu fühlen, und in die Bühnenphantastik mischen ple_171.015 sich ihm Züge eines gesunden Wirklichkeitssinnes. Das Theater verbindet ple_171.016 ihm eine überirdische Geisterwelt mit der Realität des Lebens. Etwas Ähnliches ple_171.017 ist bei einem größeren, bei Richard Wagner, der Fall, wenigstens ple_171.018 in den meisten seiner Werke. Und in der Tat liegt es ja auch im Wesen ple_171.019 des Doppelkunstwerks, das er schafft, daß er es von vornherein als Darstellung ple_171.020 auf der Bühne und nur als solche sieht und denkt. In den beiden ple_171.021 tiefsten und bedeutendsten Tondichtungen freilich, die er geschaffen, dem ple_171.022 Tristan und den Meistersingern, geht die schöpferische Phantasie über das ple_171.023 Bühnenbild hinaus in die Höhen und Tiefen des reinsten Humors und ple_171.024 der innerlichen Gefühlserlebnisse. Hans Sachs unter dem Fliederbaum, ple_171.025 Tristan und Isolde in der nächtlichen Laube sind nicht für die Bühne 1) ple_171.026 Von dem Wesen und der Bedeutung des Mimus haben uns die Forschungen ple_171.027 Herm. Reichs (Der Mimus. Ein literarentwicklungsgeschichtlicher Versuch. 2 Bde. Berlin ple_171.028 1903) ein wertvolles, wenn auch vielleicht in einzelnen Teilen zu stark aufgetragenes ple_171.029 Bild gewährt. — Über die Verschiedenheit des psychologischen Ursprungs handelt scharf ple_171.030 und geistreich Th. A. Meyer: Das Stilgesetz der Poesie, S. 108–111. 2) ple_171.031 Interessant sind die Zeugnisse, welche diese Verschiedenheit psychologisch belegen. ple_171.032 Der ausgeprägteste Typus des Bühnenschriftstellers ist Scribe. „Wenn ich eine ple_171.033 Szene schreibe,“ sagte Legouvé zu ihm, „so höre ich, Sie aber sehen. Bei jedem Satz, ple_171.034 den ich schreibe, kommt mir die Stimme der sprechenden Person ins Ohr. Sie, der Sie ple_171.035 das Theater selbst sind, Ihre Schauspieler gehen und gestikulieren vor ihren Augen: ich ple_171.036 ein Hörer, Sie ein Zuschauer.“ — „Nichts wahrer als dies,“ sagte Scribe, „wissen Sie, ple_171.037 wo ich mich im Geiste befinde, wenn ich ein Stück schreibe? Mitten im Parterre!“ — ple_171.038 (Binet, Psychologie du Raisonnement, angeführt bei James, Principles of psychologie, ple_171.039 II S. 60.) Dagegen schreibt Schiller an Goethe: „Ich wüßte nicht, was einen bei einer ple_171.040 dramatischen Ausarbeitung so streng in den Grenzen der Dichtart hielte, und wenn man ple_171.041 daraus getreten, so sicher darein zurückführte, als eine möglichst lebhafte Vorstellung der ple_171.042 wirklichen Repräsentation der Bretter eines angefüllten und buntgemischten Hauses, wodurch ple_171.043 die affektvolle unruhige Erwartung, mithin das Gesetz des intensiven und rastlosen ple_171.044 Fortschreitens und Bewegens einem so nahe gebracht wird.“ Man sieht, daß die Bühne ple_171.045 seiner Phantasie schon nicht mehr so unbedingt und unmittelbar vorschwebte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_poetik_1908
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_poetik_1908/185
Zitationshilfe: Lehmann, Rudolf: Deutsche Poetik. München, 1908, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_poetik_1908/185>, abgerufen am 21.11.2024.