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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.

Davon waren

[Tabelle]

Stark betheiligt sind ferner die russische, die französische, die italienische
und schwedisch-norwegische Flagge.

Die grosse Steigerung des Schiffsverkehres von 1888 wurde fast ausschliess-
lich von der britischen Flagge besorgt. Bemerkenswerth ist die zunehmende Thä-
tigkeit der deutschen Flagge schon vor der Errichtung der Linie aus Hamburg.

Die in Constantinopel regelmässig verkehrenden Dampfergesellschaften sind:
der österreichisch-ungarische Lloyd, die Messageries maritimes, die Compagnie
Fraissinet & Co. (Marseille, französisch), die Compagnie Russe de navigation a
vapeur (Odessa), welche englische Massengüter von Constantinopel nach Trapezunt
befördert und directe Fahrten nach Alexandrien unternimmt, Navigazione Generale
Italiana (Genua), Compagnie Mahsousse (türkisch, hat 32 Schiffe), Compagnie
Khedivie (egyptisch), Compagnie l'Egee Courtgi & Comp. (griechisch).

Constantinopel ist auch ein Centrum der Telegraphenleitungen der
Levante
. Hier geht durch eine der Verbindungen zwischen Europa und Indien, an
welche sich auf der europäischen und der asiatischen Seite zahlreiche Nebenlinien
anschliessen. In diesem Hafen landet das Kabel der Black Sea Telegraph Cy., das
von Odessa ausgeht. Von dem nahegelegenen Kartal geht ein Kabel der schon
öfter genannten Eastern Telegraph Cy. durch die Dardanellen nach Tenedos, von
wo eine Fortsetzung nach Salonich, die andere nach Chios (Smyrna) Syra führt.

Constantinopel ist der einzige Ort der Türkei, in welchem das
Bank- und Creditwesen besser entwickelt ist. Die wichtigste Bank ist
die Banque Imperiale Ottomane, welche das Privilegium der Noten-
ausgabe besitzt. An sie reiht sich die Banque de Constantinople. In
Galata befindet sich eine Börse.

Für die Bedürfnisse der kleinen Leute sorgen die Geldwechsler,
"Sarafi", welche in zwei Zünfte zerfallen. Die Zunft der "Keuche
Saraf", der Geldwechsler, die unter Umständen auch auf der Strasse
ihren Wechslertisch aufschlagen, steht unter strenger Aufsicht, denn
ihre Mitglieder sind nur zu sehr geneigt, denjenigen, der ihre Ver-
mittlung in Anspruch nehmen muss, zu übervortheilen.

Die misslichen Geldverhältnisse sind überhaupt das wichtigste
Hinderniss des Aufschwunges der Türkei und Constantinopels insbe-
sondere, trotz der wunderbaren Handelslage dieser Hauptstadt. Allge-
mein herrscht hier der Zinsfuss von 12 % für sichere Pfandschaften.
In diesem capitalsarmen Lande fällt es daher keinem Einheimischen
ein, sein Geld in gewerblichen Unternehmungen, in Landgütern anzu-
legen, die als erste Bedingung ihrer Rentabilität einen Grossbetrieb

Das Mittelmeerbecken.

Davon waren

[Tabelle]

Stark betheiligt sind ferner die russische, die französische, die italienische
und schwedisch-norwegische Flagge.

Die grosse Steigerung des Schiffsverkehres von 1888 wurde fast ausschliess-
lich von der britischen Flagge besorgt. Bemerkenswerth ist die zunehmende Thä-
tigkeit der deutschen Flagge schon vor der Errichtung der Linie aus Hamburg.

Die in Constantinopel regelmässig verkehrenden Dampfergesellschaften sind:
der österreichisch-ungarische Lloyd, die Messageries maritimes, die Compagnie
Fraissinet & Co. (Marseille, französisch), die Compagnie Russe de navigation à
vapeur (Odessa), welche englische Massengüter von Constantinopel nach Trapezunt
befördert und directe Fahrten nach Alexandrien unternimmt, Navigazione Generale
Italiana (Genua), Compagnie Mahsoussé (türkisch, hat 32 Schiffe), Compagnie
Khédivié (egyptisch), Compagnie l’Egée Courtgi & Comp. (griechisch).

Constantinopel ist auch ein Centrum der Telegraphenleitungen der
Levante
. Hier geht durch eine der Verbindungen zwischen Europa und Indien, an
welche sich auf der europäischen und der asiatischen Seite zahlreiche Nebenlinien
anschliessen. In diesem Hafen landet das Kabel der Black Sea Telegraph Cy., das
von Odessa ausgeht. Von dem nahegelegenen Kartal geht ein Kabel der schon
öfter genannten Eastern Telegraph Cy. durch die Dardanellen nach Tenedos, von
wo eine Fortsetzung nach Salonich, die andere nach Chios (Smyrna) Syra führt.

Constantinopel ist der einzige Ort der Türkei, in welchem das
Bank- und Creditwesen besser entwickelt ist. Die wichtigste Bank ist
die Banque Impériale Ottomane, welche das Privilegium der Noten-
ausgabe besitzt. An sie reiht sich die Banque de Constantinople. In
Galata befindet sich eine Börse.

Für die Bedürfnisse der kleinen Leute sorgen die Geldwechsler,
„Sarafi“, welche in zwei Zünfte zerfallen. Die Zunft der „Keuchè
Saraf“, der Geldwechsler, die unter Umständen auch auf der Strasse
ihren Wechslertisch aufschlagen, steht unter strenger Aufsicht, denn
ihre Mitglieder sind nur zu sehr geneigt, denjenigen, der ihre Ver-
mittlung in Anspruch nehmen muss, zu übervortheilen.

Die misslichen Geldverhältnisse sind überhaupt das wichtigste
Hinderniss des Aufschwunges der Türkei und Constantinopels insbe-
sondere, trotz der wunderbaren Handelslage dieser Hauptstadt. Allge-
mein herrscht hier der Zinsfuss von 12 % für sichere Pfandschaften.
In diesem capitalsarmen Lande fällt es daher keinem Einheimischen
ein, sein Geld in gewerblichen Unternehmungen, in Landgütern anzu-
legen, die als erste Bedingung ihrer Rentabilität einen Grossbetrieb

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[130/0150] Das Mittelmeerbecken. Davon waren _ Stark betheiligt sind ferner die russische, die französische, die italienische und schwedisch-norwegische Flagge. Die grosse Steigerung des Schiffsverkehres von 1888 wurde fast ausschliess- lich von der britischen Flagge besorgt. Bemerkenswerth ist die zunehmende Thä- tigkeit der deutschen Flagge schon vor der Errichtung der Linie aus Hamburg. Die in Constantinopel regelmässig verkehrenden Dampfergesellschaften sind: der österreichisch-ungarische Lloyd, die Messageries maritimes, die Compagnie Fraissinet & Co. (Marseille, französisch), die Compagnie Russe de navigation à vapeur (Odessa), welche englische Massengüter von Constantinopel nach Trapezunt befördert und directe Fahrten nach Alexandrien unternimmt, Navigazione Generale Italiana (Genua), Compagnie Mahsoussé (türkisch, hat 32 Schiffe), Compagnie Khédivié (egyptisch), Compagnie l’Egée Courtgi & Comp. (griechisch). Constantinopel ist auch ein Centrum der Telegraphenleitungen der Levante. Hier geht durch eine der Verbindungen zwischen Europa und Indien, an welche sich auf der europäischen und der asiatischen Seite zahlreiche Nebenlinien anschliessen. In diesem Hafen landet das Kabel der Black Sea Telegraph Cy., das von Odessa ausgeht. Von dem nahegelegenen Kartal geht ein Kabel der schon öfter genannten Eastern Telegraph Cy. durch die Dardanellen nach Tenedos, von wo eine Fortsetzung nach Salonich, die andere nach Chios (Smyrna) Syra führt. Constantinopel ist der einzige Ort der Türkei, in welchem das Bank- und Creditwesen besser entwickelt ist. Die wichtigste Bank ist die Banque Impériale Ottomane, welche das Privilegium der Noten- ausgabe besitzt. An sie reiht sich die Banque de Constantinople. In Galata befindet sich eine Börse. Für die Bedürfnisse der kleinen Leute sorgen die Geldwechsler, „Sarafi“, welche in zwei Zünfte zerfallen. Die Zunft der „Keuchè Saraf“, der Geldwechsler, die unter Umständen auch auf der Strasse ihren Wechslertisch aufschlagen, steht unter strenger Aufsicht, denn ihre Mitglieder sind nur zu sehr geneigt, denjenigen, der ihre Ver- mittlung in Anspruch nehmen muss, zu übervortheilen. Die misslichen Geldverhältnisse sind überhaupt das wichtigste Hinderniss des Aufschwunges der Türkei und Constantinopels insbe- sondere, trotz der wunderbaren Handelslage dieser Hauptstadt. Allge- mein herrscht hier der Zinsfuss von 12 % für sichere Pfandschaften. In diesem capitalsarmen Lande fällt es daher keinem Einheimischen ein, sein Geld in gewerblichen Unternehmungen, in Landgütern anzu- legen, die als erste Bedingung ihrer Rentabilität einen Grossbetrieb

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/150>, abgerufen am 24.11.2024.