am 20. Juni 1798 durch einen Handstreich der Hauptstadt, die hierauf nach zwei- jähriger Blockade und Belagerung am 9. September 1800 in die Hände der Engländer fiel und seither mit grossartigen Festungswerken versehen, als völlig uneinnehmbares, von einer ständigen Garnison von 7000 Mann (das Local-Regiment eingeschlossen) beschütztes Bollwerk, als einer der Hauptstützpunkte der englischen Seemacht im Mittelmeere dem Vereinigten Königreiche angehört.
Der weitläufige Hafen von La Valetta bietet ein grandioses Bild voll malerischer Effecte. Wohin das Auge blickt, starren ihm Festungs- werke und Geschützreihen entgegen, die jeden Theil des Hafens wirk- sam bestreichen. Die kaum 350 m breite Einfahrt vertheidigen die stolzen Festen St. Elmo im Norden und Ricasoli im Süden. Ueber den Mauern und Bastionen baut sich die hochgelegene Hauptstadt mit ihren Thürmen und palastartigen Gebäuden auf; ihr südlich gegen- über liegen die Vorstädte Bighi, Il Birgo oder Citta Vittoriosa, Lisla und Bormla um die tief eingeschnittenen fjordartigen Buchten Bighi- Creek, Caleara Cr., Dockyard Cr. (mit dem grossen Seearsenal) und French Cr. Dann folgt das Marsa-Bassin, dessen Ausläufer das süd- westliche Ende des Hafens bildet. Zwischen den beiden gewaltigen Hornwerken, welche La Valetta gegen die Landseite abschliessen, hat sich die reizende Vorstadt Floriana gelagert.
Der lebhafte Charakter der Bewohner, ihre altberühmte Vorliebe für den Wassersport, die vorzüglichen, dem Verkehr und Vergnügen gewidmeten Ruder- und Segelboote, deren Gestalt und Linienführung an uralte, vortreffliche Muster erinnern, endlich das einladende Klima und der geschützte seestille Wasserplan verwandeln den Hafen zu einem reizenden Vergnügungsort aller Gesellschaftsclassen, der an Schönheit sowohl wie an fröhlichem Getriebe seines Gleichen sucht.
Das Bassin des Haupthafens (Grand harbour) bespült, wie unser Plan zeigt, die Südseite der Stadt La Valetta, an deren Quais der rege Verkehr der grossen Dampfer und Segler stattfindet.
Die Stadt zählt mit allen Vorstädten 70.000 Einwohner und besitzt mehrere ansehnliche Strassen, unter welchen die Strada Reale die ausgedehnteste und eleganteste ist. Im Centrum derselben wird sie von dem imposanten weitläufigen Gouverneurpalais, der ehemaligen Residenz des Grossmeisters der Malteserritter, der hier einen gläu- zenden Hofstaat nach fürstlichem Muster hielt, flankirt.
Das Palais ist prächtig eingerichtet und besitzt noch reiche Erinnerungen an die Souveränetät des Ordens. Gemälde, werthvolle Gobelins, Trophäen und eine kostbare Waffensammlung erheben das Gebäude zu einer interessanten Sehenswürdigkeit. Viele der Ordens- schätze hatte Bonaparte auf die Linienschiffe "L'Orient" und "Sen-
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La Valetta.
am 20. Juni 1798 durch einen Handstreich der Hauptstadt, die hierauf nach zwei- jähriger Blockade und Belagerung am 9. September 1800 in die Hände der Engländer fiel und seither mit grossartigen Festungswerken versehen, als völlig uneinnehmbares, von einer ständigen Garnison von 7000 Mann (das Local-Regiment eingeschlossen) beschütztes Bollwerk, als einer der Hauptstützpunkte der englischen Seemacht im Mittelmeere dem Vereinigten Königreiche angehört.
Der weitläufige Hafen von La Valetta bietet ein grandioses Bild voll malerischer Effecte. Wohin das Auge blickt, starren ihm Festungs- werke und Geschützreihen entgegen, die jeden Theil des Hafens wirk- sam bestreichen. Die kaum 350 m breite Einfahrt vertheidigen die stolzen Festen St. Elmo im Norden und Ricasoli im Süden. Ueber den Mauern und Bastionen baut sich die hochgelegene Hauptstadt mit ihren Thürmen und palastartigen Gebäuden auf; ihr südlich gegen- über liegen die Vorstädte Bighi, Il Birgo oder Città Vittoriosa, Lisla und Bormla um die tief eingeschnittenen fjordartigen Buchten Bighi- Creek, Caleara Cr., Dockyard Cr. (mit dem grossen Seearsenal) und French Cr. Dann folgt das Marsa-Bassin, dessen Ausläufer das süd- westliche Ende des Hafens bildet. Zwischen den beiden gewaltigen Hornwerken, welche La Valetta gegen die Landseite abschliessen, hat sich die reizende Vorstadt Floriana gelagert.
Der lebhafte Charakter der Bewohner, ihre altberühmte Vorliebe für den Wassersport, die vorzüglichen, dem Verkehr und Vergnügen gewidmeten Ruder- und Segelboote, deren Gestalt und Linienführung an uralte, vortreffliche Muster erinnern, endlich das einladende Klima und der geschützte seestille Wasserplan verwandeln den Hafen zu einem reizenden Vergnügungsort aller Gesellschaftsclassen, der an Schönheit sowohl wie an fröhlichem Getriebe seines Gleichen sucht.
Das Bassin des Haupthafens (Grand harbour) bespült, wie unser Plan zeigt, die Südseite der Stadt La Valetta, an deren Quais der rege Verkehr der grossen Dampfer und Segler stattfindet.
Die Stadt zählt mit allen Vorstädten 70.000 Einwohner und besitzt mehrere ansehnliche Strassen, unter welchen die Strada Reale die ausgedehnteste und eleganteste ist. Im Centrum derselben wird sie von dem imposanten weitläufigen Gouverneurpalais, der ehemaligen Residenz des Grossmeisters der Malteserritter, der hier einen gläu- zenden Hofstaat nach fürstlichem Muster hielt, flankirt.
Das Palais ist prächtig eingerichtet und besitzt noch reiche Erinnerungen an die Souveränetät des Ordens. Gemälde, werthvolle Gobelins, Trophäen und eine kostbare Waffensammlung erheben das Gebäude zu einer interessanten Sehenswürdigkeit. Viele der Ordens- schätze hatte Bonaparte auf die Linienschiffe „L’Orient“ und „Sen-
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La Valetta.
am 20. Juni 1798 durch einen Handstreich der Hauptstadt, die hierauf nach zwei-
jähriger Blockade und Belagerung am 9. September 1800 in die Hände der Engländer
fiel und seither mit grossartigen Festungswerken versehen, als völlig uneinnehmbares,
von einer ständigen Garnison von 7000 Mann (das Local-Regiment eingeschlossen)
beschütztes Bollwerk, als einer der Hauptstützpunkte der englischen Seemacht
im Mittelmeere dem Vereinigten Königreiche angehört.
Der weitläufige Hafen von La Valetta bietet ein grandioses Bild
voll malerischer Effecte. Wohin das Auge blickt, starren ihm Festungs-
werke und Geschützreihen entgegen, die jeden Theil des Hafens wirk-
sam bestreichen. Die kaum 350 m breite Einfahrt vertheidigen die
stolzen Festen St. Elmo im Norden und Ricasoli im Süden. Ueber den
Mauern und Bastionen baut sich die hochgelegene Hauptstadt mit
ihren Thürmen und palastartigen Gebäuden auf; ihr südlich gegen-
über liegen die Vorstädte Bighi, Il Birgo oder Città Vittoriosa, Lisla
und Bormla um die tief eingeschnittenen fjordartigen Buchten Bighi-
Creek, Caleara Cr., Dockyard Cr. (mit dem grossen Seearsenal) und
French Cr. Dann folgt das Marsa-Bassin, dessen Ausläufer das süd-
westliche Ende des Hafens bildet. Zwischen den beiden gewaltigen
Hornwerken, welche La Valetta gegen die Landseite abschliessen, hat
sich die reizende Vorstadt Floriana gelagert.
Der lebhafte Charakter der Bewohner, ihre altberühmte Vorliebe
für den Wassersport, die vorzüglichen, dem Verkehr und Vergnügen
gewidmeten Ruder- und Segelboote, deren Gestalt und Linienführung
an uralte, vortreffliche Muster erinnern, endlich das einladende Klima
und der geschützte seestille Wasserplan verwandeln den Hafen zu
einem reizenden Vergnügungsort aller Gesellschaftsclassen, der an
Schönheit sowohl wie an fröhlichem Getriebe seines Gleichen sucht.
Das Bassin des Haupthafens (Grand harbour) bespült, wie unser
Plan zeigt, die Südseite der Stadt La Valetta, an deren Quais der
rege Verkehr der grossen Dampfer und Segler stattfindet.
Die Stadt zählt mit allen Vorstädten 70.000 Einwohner und
besitzt mehrere ansehnliche Strassen, unter welchen die Strada Reale
die ausgedehnteste und eleganteste ist. Im Centrum derselben wird
sie von dem imposanten weitläufigen Gouverneurpalais, der ehemaligen
Residenz des Grossmeisters der Malteserritter, der hier einen gläu-
zenden Hofstaat nach fürstlichem Muster hielt, flankirt.
Das Palais ist prächtig eingerichtet und besitzt noch reiche
Erinnerungen an die Souveränetät des Ordens. Gemälde, werthvolle
Gobelins, Trophäen und eine kostbare Waffensammlung erheben das
Gebäude zu einer interessanten Sehenswürdigkeit. Viele der Ordens-
schätze hatte Bonaparte auf die Linienschiffe „L’Orient“ und „Sen-
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/335>, abgerufen am 24.11.2024.
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