schen Seeräuberei, nachdem es ihm mittelst türkischer Hilfstruppen gelungen war, durch die Vertreibung der Spanier aus dem Inselfort jede Schranke gegen die Piraterie zu beseitigen.
Die unter Kaiser Karl V. 1541 unternommene grossartige Expedition zur Er- oberung von Algier und Unterdrückung des Seeraubes im Mittelmeere scheiterte vollkommen, und die Raubzüge der Piraten währten fort, welche ihre Macht auch im Innern Algeriens erweiterten und an der Küste, das spanische Oran ausgenom- men, bis an die Grenze von Marokko ausdehnten.
Als 1600 die Janitscharen das Recht erlangten, einen Dey zu wählen, der dem Pascha zur Seite ihr erkorener Gebieter war, vermehrten sich die Kämpfe im Innern des Landes, riefen jedoch bei Fortbestand des Piratenwesens zu wieder- holtenmalen Anstrengungen europäischer Staaten hervor, diesem Unwesen ein Ende zu bereiten.
Doch hatten weder die Bemühungen der Engländer 1655, noch jene Eng- lands im Vereine mit den Holländern 1669 Erfolg, und selbst die späteren und wiederholt von Engländern und Franzosen angestellten Bombardements, wobei Algier 1687 durch die Geschütze französischer Schiffe in Asche gelegt wurde, konnten die Piraterie nicht brechen. Diese war zu einer staatlichen Institution geworden, welche dem Dey reiche Einkünfte an Gold und Sclaven einbrachte.
Oran, die letzte Besitzung der Spanier, ging denselben sogar im Jahre 1708 verloren und wurde erst 1732 zurückerobert und dann bis 179: gehalten.
Das Wiederaufleben der Piraterie, welche nur während der Kriege zwischen Frankreich und England zu Ende des vorigen und zu Anfang dieses Jahrhunderts durch die Anwesenheit grosser Flotten im Mittelmeere an Intensität eingebüsst hatte, zwang schliesslich zu einem energischeren Vorgehen gegen die Barbaresken- staaten.
Am 28. August 1816 wurde die Stadt Algier von einer englischen Flotte unter Lord Exmouth bei Mitwirkung einer holländischen Escadre bombardirt. Alle abgerungenen Zugeständnisse fruchteten jedoch wenig, und die Tributpflichtigkeit der europäischen Staaten, selbst Dänemarks, endete nur mit dem Aufhören des moslemischen Regimentes in Algerien.
Erst Frankreich war es vorbehalten, den Barbareskenstaaten ein Ende zu bereiten. Die Beleidigung des französischen Consuls durch den Dey Hussein bot eine bequeme äussere Veranlassung für Karl X., der durch diese Expedition die Aufmerksamkeit des gährenden Frankreich nach aussen ablenken wollte. Die im Juni 1830 mit grosser Macht inscenirte Occupation Algeriens wurde durch die Einnahme der Stadt Algier am 5. Juli eingeleitet, für Karl X. leider zu spät, als dass sie die Fluten der Julirevolution von seinem Throne abgehalten hätte. Er hatte seinen gehassten Vettern vorgearbeitet, diesen selbst aber in Algier genug Arbeit zurückgelassen.
Mit der Entsendung einer imposanten Flotte unter Admiral Duperre und der 40.000 Mann starken Armee unter General Graf von Bourmont nach Algerien, selbst mit dem Falle der Hauptstadt und der Capitulation des feigen Dey war es nicht abgethan, sondern es bedurfte grosser und consequenter Anstrengungen, um die feste Wurzelung der französischen Herrschaft, die Organisation der Ver- waltung und endliche Besänftigung der Bevölkerung, welche sich wiederholt gegen die neue Herrschaft erhob und schliesslich theilweise emigrirte, zu erzielen.
Zu wiederholtenmalen fielen die Araber über die europäischen Nieder-
Algier.
schen Seeräuberei, nachdem es ihm mittelst türkischer Hilfstruppen gelungen war, durch die Vertreibung der Spanier aus dem Inselfort jede Schranke gegen die Piraterie zu beseitigen.
Die unter Kaiser Karl V. 1541 unternommene grossartige Expedition zur Er- oberung von Algier und Unterdrückung des Seeraubes im Mittelmeere scheiterte vollkommen, und die Raubzüge der Piraten währten fort, welche ihre Macht auch im Innern Algeriens erweiterten und an der Küste, das spanische Oran ausgenom- men, bis an die Grenze von Marokko ausdehnten.
Als 1600 die Janitscharen das Recht erlangten, einen Dey zu wählen, der dem Pascha zur Seite ihr erkorener Gebieter war, vermehrten sich die Kämpfe im Innern des Landes, riefen jedoch bei Fortbestand des Piratenwesens zu wieder- holtenmalen Anstrengungen europäischer Staaten hervor, diesem Unwesen ein Ende zu bereiten.
Doch hatten weder die Bemühungen der Engländer 1655, noch jene Eng- lands im Vereine mit den Holländern 1669 Erfolg, und selbst die späteren und wiederholt von Engländern und Franzosen angestellten Bombardements, wobei Algier 1687 durch die Geschütze französischer Schiffe in Asche gelegt wurde, konnten die Piraterie nicht brechen. Diese war zu einer staatlichen Institution geworden, welche dem Dey reiche Einkünfte an Gold und Sclaven einbrachte.
Oran, die letzte Besitzung der Spanier, ging denselben sogar im Jahre 1708 verloren und wurde erst 1732 zurückerobert und dann bis 179: gehalten.
Das Wiederaufleben der Piraterie, welche nur während der Kriege zwischen Frankreich und England zu Ende des vorigen und zu Anfang dieses Jahrhunderts durch die Anwesenheit grosser Flotten im Mittelmeere an Intensität eingebüsst hatte, zwang schliesslich zu einem energischeren Vorgehen gegen die Barbaresken- staaten.
Am 28. August 1816 wurde die Stadt Algier von einer englischen Flotte unter Lord Exmouth bei Mitwirkung einer holländischen Escadre bombardirt. Alle abgerungenen Zugeständnisse fruchteten jedoch wenig, und die Tributpflichtigkeit der europäischen Staaten, selbst Dänemarks, endete nur mit dem Aufhören des moslemischen Regimentes in Algerien.
Erst Frankreich war es vorbehalten, den Barbareskenstaaten ein Ende zu bereiten. Die Beleidigung des französischen Consuls durch den Dey Hussein bot eine bequeme äussere Veranlassung für Karl X., der durch diese Expedition die Aufmerksamkeit des gährenden Frankreich nach aussen ablenken wollte. Die im Juni 1830 mit grosser Macht inscenirte Occupation Algeriens wurde durch die Einnahme der Stadt Algier am 5. Juli eingeleitet, für Karl X. leider zu spät, als dass sie die Fluten der Julirevolution von seinem Throne abgehalten hätte. Er hatte seinen gehassten Vettern vorgearbeitet, diesen selbst aber in Algier genug Arbeit zurückgelassen.
Mit der Entsendung einer imposanten Flotte unter Admiral Duperré und der 40.000 Mann starken Armee unter General Graf von Bourmont nach Algerien, selbst mit dem Falle der Hauptstadt und der Capitulation des feigen Dey war es nicht abgethan, sondern es bedurfte grosser und consequenter Anstrengungen, um die feste Wurzelung der französischen Herrschaft, die Organisation der Ver- waltung und endliche Besänftigung der Bevölkerung, welche sich wiederholt gegen die neue Herrschaft erhob und schliesslich theilweise emigrirte, zu erzielen.
Zu wiederholtenmalen fielen die Araber über die europäischen Nieder-
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schen Seeräuberei, nachdem es ihm mittelst türkischer Hilfstruppen gelungen war,
durch die Vertreibung der Spanier aus dem Inselfort jede Schranke gegen die
Piraterie zu beseitigen.
Die unter Kaiser Karl V. 1541 unternommene grossartige Expedition zur Er-
oberung von Algier und Unterdrückung des Seeraubes im Mittelmeere scheiterte
vollkommen, und die Raubzüge der Piraten währten fort, welche ihre Macht auch
im Innern Algeriens erweiterten und an der Küste, das spanische Oran ausgenom-
men, bis an die Grenze von Marokko ausdehnten.
Als 1600 die Janitscharen das Recht erlangten, einen Dey zu wählen, der
dem Pascha zur Seite ihr erkorener Gebieter war, vermehrten sich die Kämpfe
im Innern des Landes, riefen jedoch bei Fortbestand des Piratenwesens zu wieder-
holtenmalen Anstrengungen europäischer Staaten hervor, diesem Unwesen ein Ende
zu bereiten.
Doch hatten weder die Bemühungen der Engländer 1655, noch jene Eng-
lands im Vereine mit den Holländern 1669 Erfolg, und selbst die späteren und
wiederholt von Engländern und Franzosen angestellten Bombardements, wobei
Algier 1687 durch die Geschütze französischer Schiffe in Asche gelegt wurde,
konnten die Piraterie nicht brechen. Diese war zu einer staatlichen Institution
geworden, welche dem Dey reiche Einkünfte an Gold und Sclaven einbrachte.
Oran, die letzte Besitzung der Spanier, ging denselben sogar im Jahre 1708
verloren und wurde erst 1732 zurückerobert und dann bis 179: gehalten.
Das Wiederaufleben der Piraterie, welche nur während der Kriege zwischen
Frankreich und England zu Ende des vorigen und zu Anfang dieses Jahrhunderts
durch die Anwesenheit grosser Flotten im Mittelmeere an Intensität eingebüsst
hatte, zwang schliesslich zu einem energischeren Vorgehen gegen die Barbaresken-
staaten.
Am 28. August 1816 wurde die Stadt Algier von einer englischen Flotte
unter Lord Exmouth bei Mitwirkung einer holländischen Escadre bombardirt. Alle
abgerungenen Zugeständnisse fruchteten jedoch wenig, und die Tributpflichtigkeit
der europäischen Staaten, selbst Dänemarks, endete nur mit dem Aufhören des
moslemischen Regimentes in Algerien.
Erst Frankreich war es vorbehalten, den Barbareskenstaaten ein Ende zu
bereiten. Die Beleidigung des französischen Consuls durch den Dey Hussein bot
eine bequeme äussere Veranlassung für Karl X., der durch diese Expedition die
Aufmerksamkeit des gährenden Frankreich nach aussen ablenken wollte. Die im
Juni 1830 mit grosser Macht inscenirte Occupation Algeriens wurde durch die
Einnahme der Stadt Algier am 5. Juli eingeleitet, für Karl X. leider zu spät, als
dass sie die Fluten der Julirevolution von seinem Throne abgehalten hätte. Er
hatte seinen gehassten Vettern vorgearbeitet, diesen selbst aber in Algier genug
Arbeit zurückgelassen.
Mit der Entsendung einer imposanten Flotte unter Admiral Duperré und
der 40.000 Mann starken Armee unter General Graf von Bourmont nach Algerien,
selbst mit dem Falle der Hauptstadt und der Capitulation des feigen Dey war
es nicht abgethan, sondern es bedurfte grosser und consequenter Anstrengungen,
um die feste Wurzelung der französischen Herrschaft, die Organisation der Ver-
waltung und endliche Besänftigung der Bevölkerung, welche sich wiederholt gegen
die neue Herrschaft erhob und schliesslich theilweise emigrirte, zu erzielen.
Zu wiederholtenmalen fielen die Araber über die europäischen Nieder-
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/441>, abgerufen am 22.11.2024.
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