Thürmen und der nüchternen Facade den Eindruck des Unfertigen ausübt. Die Kirche wurde an Stelle einer noch vor der arabischen Domination dort erbauten durch Alfonso Henriques errichtet, erlitt aber im Laufe der Jahrhunderte mancherlei Modificationen.
Von der Höhe des einen der Thürme wurde 1383 der Bischof D. Martinho, weil er die Partei der Castilianer begünstigte, durch den aufgeregten Pöbel herabgestürzt und sein Leichnam durch die Strassen geschleift.
In der Se werden die Reliquien des heiligen Vincenz, welcher bei dem nach ihm genannten Cap den Märtyrertod erlitt, aufbe- wahrt. An diesen Heiligen knüpft sich die Legende, dass eine Zahl von Raben seinen Leichnam am Cap bewachte, und als Alfonso Henriques diesen nach Lissabon überführen liess, hätten diese Thiere das Schiff begleitet. Seither werden in den Cloisters der Kathedrale zwei Raben unterhalten. Die beiden Raben im Stadtwappen beziehen sich ebenfalls auf obgedachte Legende.
Die Igreja de S. Roque, 1567 durch die Gesellschaft Jesu er- baut, enthält die von Joao V. errichtete sehenswerthe Capelle des heiligen Johannes des Täufers, welche vermöge ihres Reichthums an Kunstwerken und kostbarem Marmor mit der Sixtinischen Capelle in Rom wetteifert.
Die Perle unter allen Bauten der Stadt durch Schönheit des Styles und Reichthum an Ausschmückung ist jedoch die Kirche und das Kloster des Jeronymos von Belem, welches der König D. Manuel in dankbarer Erinnerung an die Entdeckung Ostindiens durch Vasco da Gama nach den Plänen des Italieners Potassi (1500) erbauen liess.
Weit reicher als die religiösen Bauten der Stadt sind die der Wissenschaft geweihten Stätten. Lissabon besitzt viele Sammlungen und Gallerien mit Objecten von unschätzbarem Werth. Die Bibliotheca Nacional, eine Schöpfung der Königin D. Maria I. (1776) ist in dem aufgelassenen Kloster S. Francisco untergebracht und zählt über 200.000 Bände, 38.200 Medaillen, zahlreiche Manuscripte, Bibeln, darunter eine von Gutenberg gedruckte. In demselben Gebäude hat auch die Bibliotheca da Academia das Bellas Artes mit 12.000 Bän- den Kunstliteratur eine Unterkunft gefunden.
Von Bedeutung ist die Bibliotheca da Academia im Terceira- Kloster, welche über 80.000 Bände zählt und kostbare altarabische und persische Manuscripte besitzt. Sehenswerthe Kunstobjecte und Seltenheiten werden in der Bibliotheca da Ajuda im gleichnamigen königlichen Palais aufbewahrt.
Der atlantische Ocean.
Thürmen und der nüchternen Façade den Eindruck des Unfertigen ausübt. Die Kirche wurde an Stelle einer noch vor der arabischen Domination dort erbauten durch Alfonso Henriques errichtet, erlitt aber im Laufe der Jahrhunderte mancherlei Modificationen.
Von der Höhe des einen der Thürme wurde 1383 der Bischof D. Martinho, weil er die Partei der Castilianer begünstigte, durch den aufgeregten Pöbel herabgestürzt und sein Leichnam durch die Strassen geschleift.
In der Sé werden die Reliquien des heiligen Vincenz, welcher bei dem nach ihm genannten Cap den Märtyrertod erlitt, aufbe- wahrt. An diesen Heiligen knüpft sich die Legende, dass eine Zahl von Raben seinen Leichnam am Cap bewachte, und als Alfonso Henriques diesen nach Lissabon überführen liess, hätten diese Thiere das Schiff begleitet. Seither werden in den Cloisters der Kathedrale zwei Raben unterhalten. Die beiden Raben im Stadtwappen beziehen sich ebenfalls auf obgedachte Legende.
Die Igreja de S. Roque, 1567 durch die Gesellschaft Jesu er- baut, enthält die von Joao V. errichtete sehenswerthe Capelle des heiligen Johannes des Täufers, welche vermöge ihres Reichthums an Kunstwerken und kostbarem Marmor mit der Sixtinischen Capelle in Rom wetteifert.
Die Perle unter allen Bauten der Stadt durch Schönheit des Styles und Reichthum an Ausschmückung ist jedoch die Kirche und das Kloster des Jeronymos von Belem, welches der König D. Manuel in dankbarer Erinnerung an die Entdeckung Ostindiens durch Vasco da Gama nach den Plänen des Italieners Potassi (1500) erbauen liess.
Weit reicher als die religiösen Bauten der Stadt sind die der Wissenschaft geweihten Stätten. Lissabon besitzt viele Sammlungen und Gallerien mit Objecten von unschätzbarem Werth. Die Bibliotheca Nacional, eine Schöpfung der Königin D. Maria I. (1776) ist in dem aufgelassenen Kloster S. Francisco untergebracht und zählt über 200.000 Bände, 38.200 Medaillen, zahlreiche Manuscripte, Bibeln, darunter eine von Gutenberg gedruckte. In demselben Gebäude hat auch die Bibliotheca da Academia das Bellas Artes mit 12.000 Bän- den Kunstliteratur eine Unterkunft gefunden.
Von Bedeutung ist die Bibliotheca da Academia im Terceira- Kloster, welche über 80.000 Bände zählt und kostbare altarabische und persische Manuscripte besitzt. Sehenswerthe Kunstobjecte und Seltenheiten werden in der Bibliotheca da Ajuda im gleichnamigen königlichen Palais aufbewahrt.
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Der atlantische Ocean.
Thürmen und der nüchternen Façade den Eindruck des Unfertigen
ausübt. Die Kirche wurde an Stelle einer noch vor der arabischen
Domination dort erbauten durch Alfonso Henriques errichtet, erlitt
aber im Laufe der Jahrhunderte mancherlei Modificationen.
Von der Höhe des einen der Thürme wurde 1383 der Bischof
D. Martinho, weil er die Partei der Castilianer begünstigte, durch
den aufgeregten Pöbel herabgestürzt und sein Leichnam durch die
Strassen geschleift.
In der Sé werden die Reliquien des heiligen Vincenz, welcher
bei dem nach ihm genannten Cap den Märtyrertod erlitt, aufbe-
wahrt. An diesen Heiligen knüpft sich die Legende, dass eine Zahl von
Raben seinen Leichnam am Cap bewachte, und als Alfonso Henriques
diesen nach Lissabon überführen liess, hätten diese Thiere das Schiff
begleitet. Seither werden in den Cloisters der Kathedrale zwei Raben
unterhalten. Die beiden Raben im Stadtwappen beziehen sich ebenfalls
auf obgedachte Legende.
Die Igreja de S. Roque, 1567 durch die Gesellschaft Jesu er-
baut, enthält die von Joao V. errichtete sehenswerthe Capelle des
heiligen Johannes des Täufers, welche vermöge ihres Reichthums an
Kunstwerken und kostbarem Marmor mit der Sixtinischen Capelle
in Rom wetteifert.
Die Perle unter allen Bauten der Stadt durch Schönheit des
Styles und Reichthum an Ausschmückung ist jedoch die Kirche und
das Kloster des Jeronymos von Belem, welches der König D. Manuel
in dankbarer Erinnerung an die Entdeckung Ostindiens durch Vasco
da Gama nach den Plänen des Italieners Potassi (1500) erbauen liess.
Weit reicher als die religiösen Bauten der Stadt sind die der
Wissenschaft geweihten Stätten. Lissabon besitzt viele Sammlungen
und Gallerien mit Objecten von unschätzbarem Werth. Die Bibliotheca
Nacional, eine Schöpfung der Königin D. Maria I. (1776) ist in dem
aufgelassenen Kloster S. Francisco untergebracht und zählt über
200.000 Bände, 38.200 Medaillen, zahlreiche Manuscripte, Bibeln,
darunter eine von Gutenberg gedruckte. In demselben Gebäude hat
auch die Bibliotheca da Academia das Bellas Artes mit 12.000 Bän-
den Kunstliteratur eine Unterkunft gefunden.
Von Bedeutung ist die Bibliotheca da Academia im Terceira-
Kloster, welche über 80.000 Bände zählt und kostbare altarabische
und persische Manuscripte besitzt. Sehenswerthe Kunstobjecte und
Seltenheiten werden in der Bibliotheca da Ajuda im gleichnamigen
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/554>, abgerufen am 22.11.2024.
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