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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Lissabon.

Im Nationalarchiv (Archivo da Torre do Tombo) sind die wich-
tigsten Documente, welche bis zur Zeit der Begründung des portu-
giesischen Königreiches zurückreichen, aufbewahrt.

Zahlreiche Museen und Bildergallerien sowie gelehrte Gesell-
schaften zeigen von dem lebhaften Interesse, welches die Dynastie
und die Einwohnerschaft Lissabons der Pflege der Wissenschaft und
Kunst entgegenbringen.

Bei den lebhaften geistigen Bestrebungen ist indes der Anfor-
derung des Vergnügens nicht vergessen worden, und verfügt die Stadt
über eine Reihe hübscher Theater, von welchen das Theatro de Sao
Carlos (italienisches Opernhaus) das grösste und vornehmste ist.

Dass es in Lissabon auch eine Arena für Stierkämpfe (Circo
dos Touros) gibt, ist selbstverständlich. Die portugiesischen Kämpfe
unterscheiden sich jedoch wesentlich von den spanischen dadurch,
dass die Hörnerspitzen der Stiere mit grossen Holzkugeln verkleidet
sind, durch welchen Schutz weder die kämpfenden Männer noch die
Pferde und Stiere in besondere Lebensgefahr gerathen; dafür bietet
der portugiesische Stierkampf keine jener abstossenden Scenen, wie
sie der spanischen Arena eigen sind. Interessant, aber auch beunruhi-
gend ist für den Fremden der ganz aus Holz erbaute Circus, welcher
mehrere tausend Zuseher fasst, von denen mindestens die Hälfte Ciga-
retten raucht und dabei die allgemein benützten Wachszünder herum-
wirft, als ob noch nie in der Welt ein Theater abgebrannt wäre.

Wohlthätigkeitsanstalten, Spitäler und Asyle sind reichlich vor-
handen. Dem Seeverkehr dient ein grossartiges Lazareth, das am
linken Tejoufer gegenüber der Belemspitze gelegen Raum für 1000
Passagiere bietet.

Von seiner Terrasse ist ein herrliches Panorama über die ganze
Ausdehnung von Lissabon und über die Höhen von Cintra zu ge-
niessen.


"Führwahr ein Anblick, holder nicht zu träumen,
Was Gott für dieses schöne Land gethan!"

singt Lord Byron.

Die Ausflüge in die paradiesische Umgebung machen für die
Reisenden das Verweilen in Lissabon zum höchsten Genusse. Die
entzückenden Höhen am Tejoufer, die Höhen von Cacilhas mit ihrer
unvergleichlichen Aussicht, der Gebirgszug von Cintra mit seinen
phantastischen Schlössern, dem alten Kloster und den märchenhaften
Kameliengärten; auf der anderen Seite der Bai das kleine Setubal,
das Caetobriga der Römer, heute das Prototyp einer altportugiesischen

Lissabon.

Im Nationalarchiv (Archivo da Torre do Tombo) sind die wich-
tigsten Documente, welche bis zur Zeit der Begründung des portu-
giesischen Königreiches zurückreichen, aufbewahrt.

Zahlreiche Museen und Bildergallerien sowie gelehrte Gesell-
schaften zeigen von dem lebhaften Interesse, welches die Dynastie
und die Einwohnerschaft Lissabons der Pflege der Wissenschaft und
Kunst entgegenbringen.

Bei den lebhaften geistigen Bestrebungen ist indes der Anfor-
derung des Vergnügens nicht vergessen worden, und verfügt die Stadt
über eine Reihe hübscher Theater, von welchen das Theatro de São
Carlos (italienisches Opernhaus) das grösste und vornehmste ist.

Dass es in Lissabon auch eine Arena für Stierkämpfe (Circo
dos Touros) gibt, ist selbstverständlich. Die portugiesischen Kämpfe
unterscheiden sich jedoch wesentlich von den spanischen dadurch,
dass die Hörnerspitzen der Stiere mit grossen Holzkugeln verkleidet
sind, durch welchen Schutz weder die kämpfenden Männer noch die
Pferde und Stiere in besondere Lebensgefahr gerathen; dafür bietet
der portugiesische Stierkampf keine jener abstossenden Scenen, wie
sie der spanischen Arena eigen sind. Interessant, aber auch beunruhi-
gend ist für den Fremden der ganz aus Holz erbaute Circus, welcher
mehrere tausend Zuseher fasst, von denen mindestens die Hälfte Ciga-
retten raucht und dabei die allgemein benützten Wachszünder herum-
wirft, als ob noch nie in der Welt ein Theater abgebrannt wäre.

Wohlthätigkeitsanstalten, Spitäler und Asyle sind reichlich vor-
handen. Dem Seeverkehr dient ein grossartiges Lazareth, das am
linken Tejoufer gegenüber der Belemspitze gelegen Raum für 1000
Passagiere bietet.

Von seiner Terrasse ist ein herrliches Panorama über die ganze
Ausdehnung von Lissabon und über die Höhen von Cintra zu ge-
niessen.


„Führwahr ein Anblick, holder nicht zu träumen,
Was Gott für dieses schöne Land gethan!“

singt Lord Byron.

Die Ausflüge in die paradiesische Umgebung machen für die
Reisenden das Verweilen in Lissabon zum höchsten Genusse. Die
entzückenden Höhen am Tejoufer, die Höhen von Cacilhas mit ihrer
unvergleichlichen Aussicht, der Gebirgszug von Cintra mit seinen
phantastischen Schlössern, dem alten Kloster und den märchenhaften
Kameliengärten; auf der anderen Seite der Bai das kleine Setubal,
das Caetobriga der Römer, heute das Prototyp einer altportugiesischen

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[535/0555] Lissabon. Im Nationalarchiv (Archivo da Torre do Tombo) sind die wich- tigsten Documente, welche bis zur Zeit der Begründung des portu- giesischen Königreiches zurückreichen, aufbewahrt. Zahlreiche Museen und Bildergallerien sowie gelehrte Gesell- schaften zeigen von dem lebhaften Interesse, welches die Dynastie und die Einwohnerschaft Lissabons der Pflege der Wissenschaft und Kunst entgegenbringen. Bei den lebhaften geistigen Bestrebungen ist indes der Anfor- derung des Vergnügens nicht vergessen worden, und verfügt die Stadt über eine Reihe hübscher Theater, von welchen das Theatro de São Carlos (italienisches Opernhaus) das grösste und vornehmste ist. Dass es in Lissabon auch eine Arena für Stierkämpfe (Circo dos Touros) gibt, ist selbstverständlich. Die portugiesischen Kämpfe unterscheiden sich jedoch wesentlich von den spanischen dadurch, dass die Hörnerspitzen der Stiere mit grossen Holzkugeln verkleidet sind, durch welchen Schutz weder die kämpfenden Männer noch die Pferde und Stiere in besondere Lebensgefahr gerathen; dafür bietet der portugiesische Stierkampf keine jener abstossenden Scenen, wie sie der spanischen Arena eigen sind. Interessant, aber auch beunruhi- gend ist für den Fremden der ganz aus Holz erbaute Circus, welcher mehrere tausend Zuseher fasst, von denen mindestens die Hälfte Ciga- retten raucht und dabei die allgemein benützten Wachszünder herum- wirft, als ob noch nie in der Welt ein Theater abgebrannt wäre. Wohlthätigkeitsanstalten, Spitäler und Asyle sind reichlich vor- handen. Dem Seeverkehr dient ein grossartiges Lazareth, das am linken Tejoufer gegenüber der Belemspitze gelegen Raum für 1000 Passagiere bietet. Von seiner Terrasse ist ein herrliches Panorama über die ganze Ausdehnung von Lissabon und über die Höhen von Cintra zu ge- niessen. „Führwahr ein Anblick, holder nicht zu träumen, Was Gott für dieses schöne Land gethan!“ singt Lord Byron. Die Ausflüge in die paradiesische Umgebung machen für die Reisenden das Verweilen in Lissabon zum höchsten Genusse. Die entzückenden Höhen am Tejoufer, die Höhen von Cacilhas mit ihrer unvergleichlichen Aussicht, der Gebirgszug von Cintra mit seinen phantastischen Schlössern, dem alten Kloster und den märchenhaften Kameliengärten; auf der anderen Seite der Bai das kleine Setubal, das Caetobriga der Römer, heute das Prototyp einer altportugiesischen

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/555>, abgerufen am 22.11.2024.