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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.
Belgien, und durch die Einmündung des Veurne-Canals in das
Canalsystem mit Dünkirchen in Verbindung.

Die Gesammtlänge der belgischen Schiffahrtscanäle beträgt nahezu
2100 km.

Bisher ist noch immer keine geeignete Wasserstrasse für die
directe Verbindung des rheinisch-westfälischen Industriebezirkes mit
dem belgischen Canalnetze vorhanden, welche die Concurrenz mit
Rotterdam erleichtern würde.

Antwerpen ist ferner das Centrum von fünf Hauptbahnen und
einer Nebenlinie, welche im Vereine mit den Canälen den Hafen mit
dem grössten Theile von Mitteleuropa direct verbinden. Man plant
schon seit längerer Zeit eine Abkürzung der Eisenbahnverbindungen
gegen den Gotthard hin, um theilweise den verloren gegangenen
Verkehr zwischen England und Oberitalien via Gotthard wieder zu
gewinnen.

Die Seele des Handels von Antwerpen ist die Einfuhr, die wir daher
auch an die Spitze stellen.

In der Einfuhr von Cerealien, die sich im Laufe der Zeit gewaltig ge-
steigert hat, besonders infolge der grossen Ausdehnung der Branntweinbrennereien,
hat Amerika gegen früher seinen führenden Platz an Europa wieder überlassen
müssen, und zwar stehen in der Einfuhr von Weizen zur See mit 9,325.307 hl im
Jahre 1889 gegen 10,192.013 hl im Jahre 1888, die Donaufürstenthümer mit einer
Einfuhr von 5,204.852 hl an erster Stelle, dann folgen Südrussland, Britisch-Indien
und die Union.

Roggen liefern Russland und Rumänien, es kamen 1889 1,484.381 hl nach
Antwerpen, 1888 2,126.846 hl.

Dieselben Länder lieferten auch Gerste, und zwar 1889 2,125.443 hl, 1888
2,636.756 hl, während die Hafereinfuhr allein auf Russland entfiel mit 1,880.588 hl
im Jahre 1889, 3,347.975 hl im Jahre 1888.

Die Einfuhr von Mais aus den Vereinigten Staaten, aus Südrussland und
Uruguay betrug 1889 2,185.657 hl, 1888 893.547 hl.

Alles in Allem betrug die durchschnittliche Einfuhr an allen Cerealien
1849--1853 1,052.174 hl, 1870--1879 8,540.080 hl, 1888 19,197.177 hl und 1889
17,003.376 hl.

Die Zufuhr von Mehl betrug 1887 330.641, 1888 280.063 und 1889
261.828 Säcke. Die Hauptlieferanten sind die Union und Deutschland.

Die Zufuhr von Reis erreichte 1888 mit 1,031.165 Säcken ihren Höhe-
punkt, 1889 wurden nur 519.646 Säcke zugeführt. Hauptimportland ist Birma,
gegen dieses steht Siam weit zurück, 1860 betrug die Zufuhr nur 184.664 Ballen.
Die Steigerung hängt mit der Errichtung einer Anzahl von Reisschälmühlen und
Reisstärkemehlfabriken in Antwerpen zusammen.

Von Genussmitteln werden in Antwerpen in grösseren Mengen Kaffee,
Cacao, Zucker und Tabak eingeführt.

Antwerpen ist einer der wichtigten Plätze Europas für Brasilkaffee und
hat nach dem Beispiele von Havre in diesem Artikel auch das Termingeschäft

Der atlantische Ocean.
Belgien, und durch die Einmündung des Veurne-Canals in das
Canalsystem mit Dünkirchen in Verbindung.

Die Gesammtlänge der belgischen Schiffahrtscanäle beträgt nahezu
2100 km.

Bisher ist noch immer keine geeignete Wasserstrasse für die
directe Verbindung des rheinisch-westfälischen Industriebezirkes mit
dem belgischen Canalnetze vorhanden, welche die Concurrenz mit
Rotterdam erleichtern würde.

Antwerpen ist ferner das Centrum von fünf Hauptbahnen und
einer Nebenlinie, welche im Vereine mit den Canälen den Hafen mit
dem grössten Theile von Mitteleuropa direct verbinden. Man plant
schon seit längerer Zeit eine Abkürzung der Eisenbahnverbindungen
gegen den Gotthard hin, um theilweise den verloren gegangenen
Verkehr zwischen England und Oberitalien via Gotthard wieder zu
gewinnen.

Die Seele des Handels von Antwerpen ist die Einfuhr, die wir daher
auch an die Spitze stellen.

In der Einfuhr von Cerealien, die sich im Laufe der Zeit gewaltig ge-
steigert hat, besonders infolge der grossen Ausdehnung der Branntweinbrennereien,
hat Amerika gegen früher seinen führenden Platz an Europa wieder überlassen
müssen, und zwar stehen in der Einfuhr von Weizen zur See mit 9,325.307 hl im
Jahre 1889 gegen 10,192.013 hl im Jahre 1888, die Donaufürstenthümer mit einer
Einfuhr von 5,204.852 hl an erster Stelle, dann folgen Südrussland, Britisch-Indien
und die Union.

Roggen liefern Russland und Rumänien, es kamen 1889 1,484.381 hl nach
Antwerpen, 1888 2,126.846 hl.

Dieselben Länder lieferten auch Gerste, und zwar 1889 2,125.443 hl, 1888
2,636.756 hl, während die Hafereinfuhr allein auf Russland entfiel mit 1,880.588 hl
im Jahre 1889, 3,347.975 hl im Jahre 1888.

Die Einfuhr von Mais aus den Vereinigten Staaten, aus Südrussland und
Uruguay betrug 1889 2,185.657 hl, 1888 893.547 hl.

Alles in Allem betrug die durchschnittliche Einfuhr an allen Cerealien
1849—1853 1,052.174 hl, 1870—1879 8,540.080 hl, 1888 19,197.177 hl und 1889
17,003.376 hl.

Die Zufuhr von Mehl betrug 1887 330.641, 1888 280.063 und 1889
261.828 Säcke. Die Hauptlieferanten sind die Union und Deutschland.

Die Zufuhr von Reis erreichte 1888 mit 1,031.165 Säcken ihren Höhe-
punkt, 1889 wurden nur 519.646 Säcke zugeführt. Hauptimportland ist Birma,
gegen dieses steht Siam weit zurück, 1860 betrug die Zufuhr nur 184.664 Ballen.
Die Steigerung hängt mit der Errichtung einer Anzahl von Reisschälmühlen und
Reisstärkemehlfabriken in Antwerpen zusammen.

Von Genussmitteln werden in Antwerpen in grösseren Mengen Kaffee,
Cacao, Zucker und Tabak eingeführt.

Antwerpen ist einer der wichtigten Plätze Europas für Brasilkaffee und
hat nach dem Beispiele von Hâvre in diesem Artikel auch das Termingeschäft

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[662/0682] Der atlantische Ocean. Belgien, und durch die Einmündung des Veurne-Canals in das Canalsystem mit Dünkirchen in Verbindung. Die Gesammtlänge der belgischen Schiffahrtscanäle beträgt nahezu 2100 km. Bisher ist noch immer keine geeignete Wasserstrasse für die directe Verbindung des rheinisch-westfälischen Industriebezirkes mit dem belgischen Canalnetze vorhanden, welche die Concurrenz mit Rotterdam erleichtern würde. Antwerpen ist ferner das Centrum von fünf Hauptbahnen und einer Nebenlinie, welche im Vereine mit den Canälen den Hafen mit dem grössten Theile von Mitteleuropa direct verbinden. Man plant schon seit längerer Zeit eine Abkürzung der Eisenbahnverbindungen gegen den Gotthard hin, um theilweise den verloren gegangenen Verkehr zwischen England und Oberitalien via Gotthard wieder zu gewinnen. Die Seele des Handels von Antwerpen ist die Einfuhr, die wir daher auch an die Spitze stellen. In der Einfuhr von Cerealien, die sich im Laufe der Zeit gewaltig ge- steigert hat, besonders infolge der grossen Ausdehnung der Branntweinbrennereien, hat Amerika gegen früher seinen führenden Platz an Europa wieder überlassen müssen, und zwar stehen in der Einfuhr von Weizen zur See mit 9,325.307 hl im Jahre 1889 gegen 10,192.013 hl im Jahre 1888, die Donaufürstenthümer mit einer Einfuhr von 5,204.852 hl an erster Stelle, dann folgen Südrussland, Britisch-Indien und die Union. Roggen liefern Russland und Rumänien, es kamen 1889 1,484.381 hl nach Antwerpen, 1888 2,126.846 hl. Dieselben Länder lieferten auch Gerste, und zwar 1889 2,125.443 hl, 1888 2,636.756 hl, während die Hafereinfuhr allein auf Russland entfiel mit 1,880.588 hl im Jahre 1889, 3,347.975 hl im Jahre 1888. Die Einfuhr von Mais aus den Vereinigten Staaten, aus Südrussland und Uruguay betrug 1889 2,185.657 hl, 1888 893.547 hl. Alles in Allem betrug die durchschnittliche Einfuhr an allen Cerealien 1849—1853 1,052.174 hl, 1870—1879 8,540.080 hl, 1888 19,197.177 hl und 1889 17,003.376 hl. Die Zufuhr von Mehl betrug 1887 330.641, 1888 280.063 und 1889 261.828 Säcke. Die Hauptlieferanten sind die Union und Deutschland. Die Zufuhr von Reis erreichte 1888 mit 1,031.165 Säcken ihren Höhe- punkt, 1889 wurden nur 519.646 Säcke zugeführt. Hauptimportland ist Birma, gegen dieses steht Siam weit zurück, 1860 betrug die Zufuhr nur 184.664 Ballen. Die Steigerung hängt mit der Errichtung einer Anzahl von Reisschälmühlen und Reisstärkemehlfabriken in Antwerpen zusammen. Von Genussmitteln werden in Antwerpen in grösseren Mengen Kaffee, Cacao, Zucker und Tabak eingeführt. Antwerpen ist einer der wichtigten Plätze Europas für Brasilkaffee und hat nach dem Beispiele von Hâvre in diesem Artikel auch das Termingeschäft

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/682>, abgerufen am 22.11.2024.