Zahlreiche Ortschaften, Landhäuser und Gärten, darunter das reizende Charlottenlund, der Sommerwohnsitz des Kronprinzen, dann das hübsch gelegene Seebad Klampenborg mit grossem Thiergarten und andere liegen hier an der Küste, welche durch anmuthige Wald- partien, besonders aber durch den Ausblick auf das schwedische Ufer, wie durch die inmitten des Sundes aus den Fluten steigende Insel Hven manchen malerischen Reiz besitzt.
Kopenhagen ist eine ebenso interessante wie höchst sympathi- sche Stadt.
Und wenn die letzten Blicke, mit denen die scheidende Sonne die starren Formen der jenseitigen Küste vergoldete, die ersten Sterne erglänzen und der Mond über Stadt und Land einen magischen Zauber giesst, dann trennt man sich nur schwer von dem herrlichen Anblick des erhabenen Bildes. Aber nicht die Natur allein macht Kopenhagen jedem Fremden unvergesslich, auch die hohe Bildung seiner Bewohner. Welcher Gebildete könnte einem Lande seine Sym- pathien entziehen, wo jeder Erwachsene lesen und schreiben kann, tausende den Mittelständen Angehörige ausser Dänisch eine oder zwei Weltsprachen verstehen, und die höheren Stände vor Kunst und Wissen- schaft eine Achtung haben, welche den Südländern vielfach ganz unverständlich ist!
Betrachten wir nun die Handelslage von Kopenhagen.
Durch seinen geradlinigen, nordsüdlichen Verlauf bildet der "Öre-Sund" oder "Sund" die sicherste und bequemste Verbindung zwischen dem Kattegat und der Ostsee, und die in diesen Gegenden vorherrschenden Westwinde ermöglichen die schnelle Durchsegelung der ganzen Meerenge in beiden Richtungen.
Es ist daher kein Wunder, dass es von den drei Meerengen, welche aus der Ostsee in den Kattegat führen, nur der Sund zu einer historischen Bedeutung gebracht hat, dass er der eigentliche Verbindungsweg zwischen Ost- und Nordsee, das Hauptthor und die grosse Handelsstrasse dieser Meere geworden ist.
Auf der Seite Seelands ist das bessere Fahrwasser, sind gute Rheden und Ankerplätze. Hier entwickelte sich nach dem berühmten Marktplatze "Halseiri", dem heutigen "Helsingör", das die ältesten Sagen der Dänen kennen, Kopenhagen als grosser Handelsplatz. Von der Festung Kronborg bei Helsingör aber erhob später Däne- mark von allen den Sund passirenden fremden Schiffen den soge- nannten Sundzoll als Zeichen seiner Herrschaft über die Ostsee. Erst am 1. April 1857 wurde diese Abgabe aufgehoben, wofür
Der atlantische Ocean.
Zahlreiche Ortschaften, Landhäuser und Gärten, darunter das reizende Charlottenlund, der Sommerwohnsitz des Kronprinzen, dann das hübsch gelegene Seebad Klampenborg mit grossem Thiergarten und andere liegen hier an der Küste, welche durch anmuthige Wald- partien, besonders aber durch den Ausblick auf das schwedische Ufer, wie durch die inmitten des Sundes aus den Fluten steigende Insel Hven manchen malerischen Reiz besitzt.
Kopenhagen ist eine ebenso interessante wie höchst sympathi- sche Stadt.
Und wenn die letzten Blicke, mit denen die scheidende Sonne die starren Formen der jenseitigen Küste vergoldete, die ersten Sterne erglänzen und der Mond über Stadt und Land einen magischen Zauber giesst, dann trennt man sich nur schwer von dem herrlichen Anblick des erhabenen Bildes. Aber nicht die Natur allein macht Kopenhagen jedem Fremden unvergesslich, auch die hohe Bildung seiner Bewohner. Welcher Gebildete könnte einem Lande seine Sym- pathien entziehen, wo jeder Erwachsene lesen und schreiben kann, tausende den Mittelständen Angehörige ausser Dänisch eine oder zwei Weltsprachen verstehen, und die höheren Stände vor Kunst und Wissen- schaft eine Achtung haben, welche den Südländern vielfach ganz unverständlich ist!
Betrachten wir nun die Handelslage von Kopenhagen.
Durch seinen geradlinigen, nordsüdlichen Verlauf bildet der „Öre-Sund“ oder „Sund“ die sicherste und bequemste Verbindung zwischen dem Kattegat und der Ostsee, und die in diesen Gegenden vorherrschenden Westwinde ermöglichen die schnelle Durchsegelung der ganzen Meerenge in beiden Richtungen.
Es ist daher kein Wunder, dass es von den drei Meerengen, welche aus der Ostsee in den Kattegat führen, nur der Sund zu einer historischen Bedeutung gebracht hat, dass er der eigentliche Verbindungsweg zwischen Ost- und Nordsee, das Hauptthor und die grosse Handelsstrasse dieser Meere geworden ist.
Auf der Seite Seelands ist das bessere Fahrwasser, sind gute Rheden und Ankerplätze. Hier entwickelte sich nach dem berühmten Marktplatze „Halseiri“, dem heutigen „Helsingör“, das die ältesten Sagen der Dänen kennen, Kopenhagen als grosser Handelsplatz. Von der Festung Kronborg bei Helsingör aber erhob später Däne- mark von allen den Sund passirenden fremden Schiffen den soge- nannten Sundzoll als Zeichen seiner Herrschaft über die Ostsee. Erst am 1. April 1857 wurde diese Abgabe aufgehoben, wofür
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Der atlantische Ocean.
Zahlreiche Ortschaften, Landhäuser und Gärten, darunter das
reizende Charlottenlund, der Sommerwohnsitz des Kronprinzen, dann das
hübsch gelegene Seebad Klampenborg mit grossem Thiergarten und
andere liegen hier an der Küste, welche durch anmuthige Wald-
partien, besonders aber durch den Ausblick auf das schwedische Ufer,
wie durch die inmitten des Sundes aus den Fluten steigende Insel
Hven manchen malerischen Reiz besitzt.
Kopenhagen ist eine ebenso interessante wie höchst sympathi-
sche Stadt.
Und wenn die letzten Blicke, mit denen die scheidende Sonne
die starren Formen der jenseitigen Küste vergoldete, die ersten
Sterne erglänzen und der Mond über Stadt und Land einen magischen
Zauber giesst, dann trennt man sich nur schwer von dem herrlichen
Anblick des erhabenen Bildes. Aber nicht die Natur allein macht
Kopenhagen jedem Fremden unvergesslich, auch die hohe Bildung
seiner Bewohner. Welcher Gebildete könnte einem Lande seine Sym-
pathien entziehen, wo jeder Erwachsene lesen und schreiben kann,
tausende den Mittelständen Angehörige ausser Dänisch eine oder zwei
Weltsprachen verstehen, und die höheren Stände vor Kunst und Wissen-
schaft eine Achtung haben, welche den Südländern vielfach ganz
unverständlich ist!
Betrachten wir nun die Handelslage von Kopenhagen.
Durch seinen geradlinigen, nordsüdlichen Verlauf bildet der
„Öre-Sund“ oder „Sund“ die sicherste und bequemste Verbindung
zwischen dem Kattegat und der Ostsee, und die in diesen Gegenden
vorherrschenden Westwinde ermöglichen die schnelle Durchsegelung
der ganzen Meerenge in beiden Richtungen.
Es ist daher kein Wunder, dass es von den drei Meerengen,
welche aus der Ostsee in den Kattegat führen, nur der Sund zu
einer historischen Bedeutung gebracht hat, dass er der eigentliche
Verbindungsweg zwischen Ost- und Nordsee, das Hauptthor und die
grosse Handelsstrasse dieser Meere geworden ist.
Auf der Seite Seelands ist das bessere Fahrwasser, sind gute
Rheden und Ankerplätze. Hier entwickelte sich nach dem berühmten
Marktplatze „Halseiri“, dem heutigen „Helsingör“, das die ältesten
Sagen der Dänen kennen, Kopenhagen als grosser Handelsplatz.
Von der Festung Kronborg bei Helsingör aber erhob später Däne-
mark von allen den Sund passirenden fremden Schiffen den soge-
nannten Sundzoll als Zeichen seiner Herrschaft über die Ostsee.
Erst am 1. April 1857 wurde diese Abgabe aufgehoben, wofür
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 786. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/806>, abgerufen am 22.11.2024.
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