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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Kiel.

Man unterscheidet die auf einer Halbinsel angelegte Altstadt,
welche durch Brücken und Dämme mit der ehemaligen Vorstadt Kuh-
berg verbunden ist. Die letztere und der nördlich gelegene Ort Bruns-
wick sind schon lange mit einander verschmolzen und bilden nun, den
alten Stadtkern umschliessend, den Haupttheil des Weichbildes von Kiel.

Kiel hat in den letzten Jahren einen grossen Aufschwung ge-
nommen. Im Jahre 1855 zählte es 16.270 Einwohner, 1871 schon
31.750, und bis zur Gegenwart hob sich die Bevölkerungszahl (ohne
die Vororte) auf ungefähr 70.000; sie hat sich daher innerhalb
35 Jahren auf mehr als das Vierfache vermehrt.

Den Mittelpunkt der alten Stadt nimmt die im Jahre 1241
erbaute St. Nicolai-Kirche ein, welche kürzlich einer umfassenden
Restaurirung unterzogen wurde.

Von dort gelangt man durch die dänische Strasse zu dem nord-
östlich der Kirche gelegenen alten Residenzschloss der Herzoge von
Holstein-Glücksburg, welches, 1838 nach der Zerstörung durch einen
verheerenden Brand neuhergestellt, gegenwärtig der Wohnsitz des in
der deutschen Marine dienenden Prinzen Heinrich von Preussen ist.
Weiter nordwärts erhebt sich das Gebäude der alten, 1665 gegrün-
deten Universität, die seit 1876 ein neues, schön ausgestattetes Heim
nächst dem prächtigen Schlossgarten erhalten hat.

Kiel besitzt noch einige schätzenswerthe Sammlungen, welche
die lebhaften geistigen Bestrebungen seiner Bürgerschaft bezeugen.
Hervorragend ist das mit Sculpturen gezierte, gegenüber dem Bahn-
hofe am Sophienblatt erbaute Thaulow-Museum, welches die im
Jahre 1875 von dem seither verstorbenen Professor Thaulow in Kiel
der Provinz gewidmete kostbare Sammlung schleswig-holsteinischer
Holzschnitzwerke aus dem XVI. und XVII. Jahrhundert aufbewahrt.

In der dänischen Strasse ist die Gemäldesammlung des schleswig-
holsteinischen Kunstvereins untergebracht, und in dem ebendaselbst
sich erhebenden Museum für Völkerkunde sind reiche ethnographische
Sammlungen vorhanden. Noch sei des im Schlosse befindlichen Kunst-
museums und des im alten Universitätsgebäude untergebrachten Museums
vaterländischer Alterthümer Erwähnung gethan. Von Interesse ist die
Sammlung prähistorischer Gegenstände, worunter das aus dem Schau-
byer-Moor gehobene Fahrzeug.

Kiel ist überdies Sitz des Marinecommandos für die Ostsee, der
Marineakademie (seit 1875), einer Seecadetenschule, eines Gymna-
siums, des Oberlandesgerichtes, des Landesdirectorats, der Oberpost-

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Kiel.

Man unterscheidet die auf einer Halbinsel angelegte Altstadt,
welche durch Brücken und Dämme mit der ehemaligen Vorstadt Kuh-
berg verbunden ist. Die letztere und der nördlich gelegene Ort Bruns-
wick sind schon lange mit einander verschmolzen und bilden nun, den
alten Stadtkern umschliessend, den Haupttheil des Weichbildes von Kiel.

Kiel hat in den letzten Jahren einen grossen Aufschwung ge-
nommen. Im Jahre 1855 zählte es 16.270 Einwohner, 1871 schon
31.750, und bis zur Gegenwart hob sich die Bevölkerungszahl (ohne
die Vororte) auf ungefähr 70.000; sie hat sich daher innerhalb
35 Jahren auf mehr als das Vierfache vermehrt.

Den Mittelpunkt der alten Stadt nimmt die im Jahre 1241
erbaute St. Nicolai-Kirche ein, welche kürzlich einer umfassenden
Restaurirung unterzogen wurde.

Von dort gelangt man durch die dänische Strasse zu dem nord-
östlich der Kirche gelegenen alten Residenzschloss der Herzoge von
Holstein-Glücksburg, welches, 1838 nach der Zerstörung durch einen
verheerenden Brand neuhergestellt, gegenwärtig der Wohnsitz des in
der deutschen Marine dienenden Prinzen Heinrich von Preussen ist.
Weiter nordwärts erhebt sich das Gebäude der alten, 1665 gegrün-
deten Universität, die seit 1876 ein neues, schön ausgestattetes Heim
nächst dem prächtigen Schlossgarten erhalten hat.

Kiel besitzt noch einige schätzenswerthe Sammlungen, welche
die lebhaften geistigen Bestrebungen seiner Bürgerschaft bezeugen.
Hervorragend ist das mit Sculpturen gezierte, gegenüber dem Bahn-
hofe am Sophienblatt erbaute Thaulow-Museum, welches die im
Jahre 1875 von dem seither verstorbenen Professor Thaulow in Kiel
der Provinz gewidmete kostbare Sammlung schleswig-holsteinischer
Holzschnitzwerke aus dem XVI. und XVII. Jahrhundert aufbewahrt.

In der dänischen Strasse ist die Gemäldesammlung des schleswig-
holsteinischen Kunstvereins untergebracht, und in dem ebendaselbst
sich erhebenden Museum für Völkerkunde sind reiche ethnographische
Sammlungen vorhanden. Noch sei des im Schlosse befindlichen Kunst-
museums und des im alten Universitätsgebäude untergebrachten Museums
vaterländischer Alterthümer Erwähnung gethan. Von Interesse ist die
Sammlung prähistorischer Gegenstände, worunter das aus dem Schau-
byer-Moor gehobene Fahrzeug.

Kiel ist überdies Sitz des Marinecommandos für die Ostsee, der
Marineakademie (seit 1875), einer Seecadetenschule, eines Gymna-
siums, des Oberlandesgerichtes, des Landesdirectorats, der Oberpost-

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[795/0815] Kiel. Man unterscheidet die auf einer Halbinsel angelegte Altstadt, welche durch Brücken und Dämme mit der ehemaligen Vorstadt Kuh- berg verbunden ist. Die letztere und der nördlich gelegene Ort Bruns- wick sind schon lange mit einander verschmolzen und bilden nun, den alten Stadtkern umschliessend, den Haupttheil des Weichbildes von Kiel. Kiel hat in den letzten Jahren einen grossen Aufschwung ge- nommen. Im Jahre 1855 zählte es 16.270 Einwohner, 1871 schon 31.750, und bis zur Gegenwart hob sich die Bevölkerungszahl (ohne die Vororte) auf ungefähr 70.000; sie hat sich daher innerhalb 35 Jahren auf mehr als das Vierfache vermehrt. Den Mittelpunkt der alten Stadt nimmt die im Jahre 1241 erbaute St. Nicolai-Kirche ein, welche kürzlich einer umfassenden Restaurirung unterzogen wurde. Von dort gelangt man durch die dänische Strasse zu dem nord- östlich der Kirche gelegenen alten Residenzschloss der Herzoge von Holstein-Glücksburg, welches, 1838 nach der Zerstörung durch einen verheerenden Brand neuhergestellt, gegenwärtig der Wohnsitz des in der deutschen Marine dienenden Prinzen Heinrich von Preussen ist. Weiter nordwärts erhebt sich das Gebäude der alten, 1665 gegrün- deten Universität, die seit 1876 ein neues, schön ausgestattetes Heim nächst dem prächtigen Schlossgarten erhalten hat. Kiel besitzt noch einige schätzenswerthe Sammlungen, welche die lebhaften geistigen Bestrebungen seiner Bürgerschaft bezeugen. Hervorragend ist das mit Sculpturen gezierte, gegenüber dem Bahn- hofe am Sophienblatt erbaute Thaulow-Museum, welches die im Jahre 1875 von dem seither verstorbenen Professor Thaulow in Kiel der Provinz gewidmete kostbare Sammlung schleswig-holsteinischer Holzschnitzwerke aus dem XVI. und XVII. Jahrhundert aufbewahrt. In der dänischen Strasse ist die Gemäldesammlung des schleswig- holsteinischen Kunstvereins untergebracht, und in dem ebendaselbst sich erhebenden Museum für Völkerkunde sind reiche ethnographische Sammlungen vorhanden. Noch sei des im Schlosse befindlichen Kunst- museums und des im alten Universitätsgebäude untergebrachten Museums vaterländischer Alterthümer Erwähnung gethan. Von Interesse ist die Sammlung prähistorischer Gegenstände, worunter das aus dem Schau- byer-Moor gehobene Fahrzeug. Kiel ist überdies Sitz des Marinecommandos für die Ostsee, der Marineakademie (seit 1875), einer Seecadetenschule, eines Gymna- siums, des Oberlandesgerichtes, des Landesdirectorats, der Oberpost- 100*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 795. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/815>, abgerufen am 22.11.2024.