Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite
Der atlantische Ocean.

Vor der Einfahrt haben sich Barren gebildet, zwischen wel-
chen hindurch eine 6 m tiefe, mittelst Tonnen gut markirte Wasser-
strasse führt.

Die Zufahrt aus der Ostsee in den Golf von Riga bietet
infolge der zahlreichen Bänke, welche zwischen der Insel Oesel
und der Nordküste von Kurland liegen, besonders bei unklarem
Wetter vielerlei Schwierigkeiten.

Die durch das Untiefenlabyrinth hindurchführenden Wasserwege
sind jedoch durch gute Marken bezeichnet. Hat man diese passirt,
so bietet die Navigation in dem weiten, etwa 50 m tiefen Golf keine
Gefahren.

Riga hat ein weiteres Hinterland, als es auf den ersten Blick
scheint, es ist der Ausfuhr- und Einfuhrplatz der fruchtbaren Land-
striche zu beiden Seiten der Düna, welche durch den Beresinacanal
mit dem Dnjepr in Verbindung steht. Seit dem Ausbaue des russi-
schen Eisenbahnnetzes wird ihm allerdings durch künstliche Tarif-
bildungen dieses sein natürliches Handelsgebiet ohne Unterlass be-
stritten. Bedeutet anderswo die Eröffnung neuer Bahnen im Verkehrs-
gebiete eines Hafens Steigerung der Handelsthätigkeit, so ist sie
für Riga und manchen anderen russischen Hafen das beinahe un-
trügliche Vorzeichen neuer Verluste.

Obwohl ein Haupthafen für die Ausfuhr des Getreides, hat Riga heute noch
kein Lagerhaus für Getreide mit Silo. Da darf man sich wohl nicht wundern,
wenn jahraus jahrein Klagen über den Rückgang des Seehandels laut werden, von
welchem die Einfuhr überdies durch hohe Zölle bedrückt ist.

Der wesentlichste Artikel des Ausfuhrhandels von Riga zur See ist Ge-
treide
. Es wurden ausgeführt in q:

[Tabelle]
vornehmlich nach Grossbritannien, Schweden und Deutschland. Von Hülsenfrüchten
sind Erbsen hervorzuheben.

Sehr wichtig ist die Ausfuhr von Flachs, bestimmt für Grossbritannien
und Königsberg: 1889 433.967 q, 1888 404.211 q. Der Flachsbau rentirt übrigens
bei den heutigen Preisen nicht mehr, die Livländer gehen zu dem mehr lohnenden
Kartoffelbau über.

Die Ausfuhr von Hanf (1889 114.612 q, 1887 176.330 q) geht zurück, weil
diese Waare auffallenderweise von der Speculation auf der Eisenbahn nach Königs-
berg geschickt wird.

Auch die Ausfuhr von Oelsaaten ist von Bedeutung für den internatio-
nalen Handel. Von Schlagleinsaat wurden nach Grossbritannien und den deutschen
Ostseehäfen ausgeführt 1889 580.491 q, 1888 533.942 q. Die Ausfuhr steigt unaus-
gesetzt, dagegen geht die von Säeleinsaat infolge geringerer Nachfrage des Aus-

Der atlantische Ocean.

Vor der Einfahrt haben sich Barren gebildet, zwischen wel-
chen hindurch eine 6 m tiefe, mittelst Tonnen gut markirte Wasser-
strasse führt.

Die Zufahrt aus der Ostsee in den Golf von Riga bietet
infolge der zahlreichen Bänke, welche zwischen der Insel Oesel
und der Nordküste von Kurland liegen, besonders bei unklarem
Wetter vielerlei Schwierigkeiten.

Die durch das Untiefenlabyrinth hindurchführenden Wasserwege
sind jedoch durch gute Marken bezeichnet. Hat man diese passirt,
so bietet die Navigation in dem weiten, etwa 50 m tiefen Golf keine
Gefahren.

Riga hat ein weiteres Hinterland, als es auf den ersten Blick
scheint, es ist der Ausfuhr- und Einfuhrplatz der fruchtbaren Land-
striche zu beiden Seiten der Düna, welche durch den Beresinacanal
mit dem Dnjepr in Verbindung steht. Seit dem Ausbaue des russi-
schen Eisenbahnnetzes wird ihm allerdings durch künstliche Tarif-
bildungen dieses sein natürliches Handelsgebiet ohne Unterlass be-
stritten. Bedeutet anderswo die Eröffnung neuer Bahnen im Verkehrs-
gebiete eines Hafens Steigerung der Handelsthätigkeit, so ist sie
für Riga und manchen anderen russischen Hafen das beinahe un-
trügliche Vorzeichen neuer Verluste.

Obwohl ein Haupthafen für die Ausfuhr des Getreides, hat Riga heute noch
kein Lagerhaus für Getreide mit Silo. Da darf man sich wohl nicht wundern,
wenn jahraus jahrein Klagen über den Rückgang des Seehandels laut werden, von
welchem die Einfuhr überdies durch hohe Zölle bedrückt ist.

Der wesentlichste Artikel des Ausfuhrhandels von Riga zur See ist Ge-
treide
. Es wurden ausgeführt in q:

[Tabelle]
vornehmlich nach Grossbritannien, Schweden und Deutschland. Von Hülsenfrüchten
sind Erbsen hervorzuheben.

Sehr wichtig ist die Ausfuhr von Flachs, bestimmt für Grossbritannien
und Königsberg: 1889 433.967 q, 1888 404.211 q. Der Flachsbau rentirt übrigens
bei den heutigen Preisen nicht mehr, die Livländer gehen zu dem mehr lohnenden
Kartoffelbau über.

Die Ausfuhr von Hanf (1889 114.612 q, 1887 176.330 q) geht zurück, weil
diese Waare auffallenderweise von der Speculation auf der Eisenbahn nach Königs-
berg geschickt wird.

Auch die Ausfuhr von Oelsaaten ist von Bedeutung für den internatio-
nalen Handel. Von Schlagleinsaat wurden nach Grossbritannien und den deutschen
Ostseehäfen ausgeführt 1889 580.491 q, 1888 533.942 q. Die Ausfuhr steigt unaus-
gesetzt, dagegen geht die von Säeleinsaat infolge geringerer Nachfrage des Aus-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0874" n="854"/>
          <fw place="top" type="header">Der atlantische Ocean.</fw><lb/>
          <p>Vor der Einfahrt haben sich Barren gebildet, zwischen wel-<lb/>
chen hindurch eine 6 <hi rendition="#i">m</hi> tiefe, mittelst Tonnen gut markirte Wasser-<lb/>
strasse führt.</p><lb/>
          <p>Die Zufahrt aus der Ostsee in den Golf von Riga bietet<lb/>
infolge der zahlreichen Bänke, welche zwischen der Insel Oesel<lb/>
und der Nordküste von Kurland liegen, besonders bei unklarem<lb/>
Wetter vielerlei Schwierigkeiten.</p><lb/>
          <p>Die durch das Untiefenlabyrinth hindurchführenden Wasserwege<lb/>
sind jedoch durch gute Marken bezeichnet. Hat man diese passirt,<lb/>
so bietet die Navigation in dem weiten, etwa 50 <hi rendition="#i">m</hi> tiefen Golf keine<lb/>
Gefahren.</p><lb/>
          <p>Riga hat ein weiteres Hinterland, als es auf den ersten Blick<lb/>
scheint, es ist der Ausfuhr- und Einfuhrplatz der fruchtbaren Land-<lb/>
striche zu beiden Seiten der Düna, welche durch den Beresinacanal<lb/>
mit dem Dnjepr in Verbindung steht. Seit dem Ausbaue des russi-<lb/>
schen Eisenbahnnetzes wird ihm allerdings durch künstliche Tarif-<lb/>
bildungen dieses sein natürliches Handelsgebiet ohne Unterlass be-<lb/>
stritten. Bedeutet anderswo die Eröffnung neuer Bahnen im Verkehrs-<lb/>
gebiete eines Hafens Steigerung der Handelsthätigkeit, so ist sie<lb/>
für Riga und manchen anderen russischen Hafen das beinahe un-<lb/>
trügliche Vorzeichen neuer Verluste.</p><lb/>
          <p>Obwohl ein Haupthafen für die Ausfuhr des Getreides, hat Riga heute noch<lb/>
kein Lagerhaus für Getreide mit Silo. Da darf man sich wohl nicht wundern,<lb/>
wenn jahraus jahrein Klagen über den Rückgang des Seehandels laut werden, von<lb/>
welchem die Einfuhr überdies durch hohe Zölle bedrückt ist.</p><lb/>
          <p>Der wesentlichste Artikel des <hi rendition="#g">Ausfuhrhandels</hi> von Riga zur See ist <hi rendition="#g">Ge-<lb/>
treide</hi>. Es wurden ausgeführt in <hi rendition="#i">q</hi>:<lb/><table><row><cell><gap reason="insignificant"/></cell></row></table> vornehmlich nach Grossbritannien, Schweden und Deutschland. Von Hülsenfrüchten<lb/>
sind <hi rendition="#g">Erbsen</hi> hervorzuheben.</p><lb/>
          <p>Sehr wichtig ist die Ausfuhr von <hi rendition="#g">Flachs</hi>, bestimmt für Grossbritannien<lb/>
und Königsberg: 1889 433.967 <hi rendition="#i">q</hi>, 1888 404.211 <hi rendition="#i">q</hi>. Der Flachsbau rentirt übrigens<lb/>
bei den heutigen Preisen nicht mehr, die Livländer gehen zu dem mehr lohnenden<lb/>
Kartoffelbau über.</p><lb/>
          <p>Die Ausfuhr von <hi rendition="#g">Hanf</hi> (1889 114.612 <hi rendition="#i">q</hi>, 1887 176.330 <hi rendition="#i">q</hi>) geht zurück, weil<lb/>
diese Waare auffallenderweise von der Speculation auf der Eisenbahn nach Königs-<lb/>
berg geschickt wird.</p><lb/>
          <p>Auch die Ausfuhr von <hi rendition="#g">Oelsaaten</hi> ist von Bedeutung für den internatio-<lb/>
nalen Handel. Von Schlagleinsaat wurden nach Grossbritannien und den deutschen<lb/>
Ostseehäfen ausgeführt 1889 580.491 <hi rendition="#i">q</hi>, 1888 533.942 <hi rendition="#i">q</hi>. Die Ausfuhr steigt unaus-<lb/>
gesetzt, dagegen geht die von Säeleinsaat infolge geringerer Nachfrage des Aus-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[854/0874] Der atlantische Ocean. Vor der Einfahrt haben sich Barren gebildet, zwischen wel- chen hindurch eine 6 m tiefe, mittelst Tonnen gut markirte Wasser- strasse führt. Die Zufahrt aus der Ostsee in den Golf von Riga bietet infolge der zahlreichen Bänke, welche zwischen der Insel Oesel und der Nordküste von Kurland liegen, besonders bei unklarem Wetter vielerlei Schwierigkeiten. Die durch das Untiefenlabyrinth hindurchführenden Wasserwege sind jedoch durch gute Marken bezeichnet. Hat man diese passirt, so bietet die Navigation in dem weiten, etwa 50 m tiefen Golf keine Gefahren. Riga hat ein weiteres Hinterland, als es auf den ersten Blick scheint, es ist der Ausfuhr- und Einfuhrplatz der fruchtbaren Land- striche zu beiden Seiten der Düna, welche durch den Beresinacanal mit dem Dnjepr in Verbindung steht. Seit dem Ausbaue des russi- schen Eisenbahnnetzes wird ihm allerdings durch künstliche Tarif- bildungen dieses sein natürliches Handelsgebiet ohne Unterlass be- stritten. Bedeutet anderswo die Eröffnung neuer Bahnen im Verkehrs- gebiete eines Hafens Steigerung der Handelsthätigkeit, so ist sie für Riga und manchen anderen russischen Hafen das beinahe un- trügliche Vorzeichen neuer Verluste. Obwohl ein Haupthafen für die Ausfuhr des Getreides, hat Riga heute noch kein Lagerhaus für Getreide mit Silo. Da darf man sich wohl nicht wundern, wenn jahraus jahrein Klagen über den Rückgang des Seehandels laut werden, von welchem die Einfuhr überdies durch hohe Zölle bedrückt ist. Der wesentlichste Artikel des Ausfuhrhandels von Riga zur See ist Ge- treide. Es wurden ausgeführt in q: _ vornehmlich nach Grossbritannien, Schweden und Deutschland. Von Hülsenfrüchten sind Erbsen hervorzuheben. Sehr wichtig ist die Ausfuhr von Flachs, bestimmt für Grossbritannien und Königsberg: 1889 433.967 q, 1888 404.211 q. Der Flachsbau rentirt übrigens bei den heutigen Preisen nicht mehr, die Livländer gehen zu dem mehr lohnenden Kartoffelbau über. Die Ausfuhr von Hanf (1889 114.612 q, 1887 176.330 q) geht zurück, weil diese Waare auffallenderweise von der Speculation auf der Eisenbahn nach Königs- berg geschickt wird. Auch die Ausfuhr von Oelsaaten ist von Bedeutung für den internatio- nalen Handel. Von Schlagleinsaat wurden nach Grossbritannien und den deutschen Ostseehäfen ausgeführt 1889 580.491 q, 1888 533.942 q. Die Ausfuhr steigt unaus- gesetzt, dagegen geht die von Säeleinsaat infolge geringerer Nachfrage des Aus-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/874
Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 854. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/874>, abgerufen am 16.07.2024.