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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.
Wasserstrasse die ehrwürdige Landenge durchqueren und dadurch ein
uraltes Project ausgeführt sein. Wie der Canal von Suez, erbringt
auch jener von Korinth den Beweis für die Geistescontinuität der
Menschheit.

An der Route nach Korinth gelegen, strebt Patras einer schönen
Zukunft entgegen, und es ist wahrscheinlich, dass die Stadt, die schon
heute die zweitgrösste von Griechenland ist, zu höherer Bedeutung
gelangen werde, als jene war, die sie in ihrer Glanzperiode im Alter-
thum gewonnen hatte.

Ionier waren die Gründer von Patras, wurden aber von den Achäern ver-
drängt. Die Stadt schloss im peloponnesischem Kriege dem mächtigen Athen sich
an und war 281 v. Chr. eine der Stützen des achäischen Bundes. Zu Bedeutung
gelangte Patras aber erst unter Augustus als römische Colonie. Frühzeitig fand
dort das Christenthum Schutz und Verbreitung, und im IX. Jahrhunderte blühte
die Stadt zu seltenem Wohlstande auf. An der Wende zum XIII. Jahrhundert
ist Patras die Hauptstadt des Herzogthums Achaia, dann nach Eroberung des
Peloponnes (1204 und 1205) des Fürstenthums Morea; sie gelangt hierauf wie
alle Küstenstädte Griechenlands für kurze Zeit unter die Herrschaft Venedigs,
dann unter Byzanz und versinkt dann unter der Macht des Halbmondes.

Der grosse Freiheitskampf der Hellenen brach am 4. April 1821
hier aus; Patras unterlag und ging in Flammen auf. Aber erst als
die heldenmüthige Vertheidigung und der am 22. April 1826 erfolgte
entsetzliche Fall der Feste Missolunghi die Sympathie Europas der
griechischen Sache zugewendet hatten, konnte Hellas das Glück der
Unabhängigkeit erlangen. Von da an datirt wie für das schwer-
geprüfte Land, so auch für Patras der Beginn einer neuen Epoche,
die eine lebhafte und stete Entwicklung aller Verhältnisse kenn-
zeichnet.

Das heutige Patras ist eine durchwegs neue Schöpfung; von
dem classischen Paträ, das Pausanius besucht, sind kaum mehr als
vereinzelte Trümmer vorhanden.

Mit ihren geradlinigen, von Arkaden begleiteten Strassen, die
unter rechten Winkeln sich schneiden, lastet auf der an antiken wie
modernen Sehenswürdigkeiten armen Stadt das Gepräge der Nüch-
ternheit.

Die Platia agios Georgios ist der Hauptplatz, den das Theater,
die Post, das Justizgebäude und die Demarchie flankiren. Vor
letzterem Gebäude haben zwei antike Sarkophage einen Ruheplatz
gefunden.

In der Nähe der grossen St. Andreas-Kirche am Westende der
Stadt soll einstens der Demeter-Tempel gestanden sein, für dessen

Das Mittelmeerbecken.
Wasserstrasse die ehrwürdige Landenge durchqueren und dadurch ein
uraltes Project ausgeführt sein. Wie der Canal von Suez, erbringt
auch jener von Korinth den Beweis für die Geistescontinuität der
Menschheit.

An der Route nach Korinth gelegen, strebt Patras einer schönen
Zukunft entgegen, und es ist wahrscheinlich, dass die Stadt, die schon
heute die zweitgrösste von Griechenland ist, zu höherer Bedeutung
gelangen werde, als jene war, die sie in ihrer Glanzperiode im Alter-
thum gewonnen hatte.

Ionier waren die Gründer von Patras, wurden aber von den Achäern ver-
drängt. Die Stadt schloss im peloponnesischem Kriege dem mächtigen Athen sich
an und war 281 v. Chr. eine der Stützen des achäischen Bundes. Zu Bedeutung
gelangte Patras aber erst unter Augustus als römische Colonie. Frühzeitig fand
dort das Christenthum Schutz und Verbreitung, und im IX. Jahrhunderte blühte
die Stadt zu seltenem Wohlstande auf. An der Wende zum XIII. Jahrhundert
ist Patras die Hauptstadt des Herzogthums Achaia, dann nach Eroberung des
Peloponnes (1204 und 1205) des Fürstenthums Morea; sie gelangt hierauf wie
alle Küstenstädte Griechenlands für kurze Zeit unter die Herrschaft Venedigs,
dann unter Byzanz und versinkt dann unter der Macht des Halbmondes.

Der grosse Freiheitskampf der Hellenen brach am 4. April 1821
hier aus; Patras unterlag und ging in Flammen auf. Aber erst als
die heldenmüthige Vertheidigung und der am 22. April 1826 erfolgte
entsetzliche Fall der Feste Missolunghi die Sympathie Europas der
griechischen Sache zugewendet hatten, konnte Hellas das Glück der
Unabhängigkeit erlangen. Von da an datirt wie für das schwer-
geprüfte Land, so auch für Patras der Beginn einer neuen Epoche,
die eine lebhafte und stete Entwicklung aller Verhältnisse kenn-
zeichnet.

Das heutige Patras ist eine durchwegs neue Schöpfung; von
dem classischen Paträ, das Pausanius besucht, sind kaum mehr als
vereinzelte Trümmer vorhanden.

Mit ihren geradlinigen, von Arkaden begleiteten Strassen, die
unter rechten Winkeln sich schneiden, lastet auf der an antiken wie
modernen Sehenswürdigkeiten armen Stadt das Gepräge der Nüch-
ternheit.

Die Platia ágios Georgios ist der Hauptplatz, den das Theater,
die Post, das Justizgebäude und die Demarchie flankiren. Vor
letzterem Gebäude haben zwei antike Sarkophage einen Ruheplatz
gefunden.

In der Nähe der grossen St. Andreas-Kirche am Westende der
Stadt soll einstens der Demeter-Tempel gestanden sein, für dessen

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[70/0090] Das Mittelmeerbecken. Wasserstrasse die ehrwürdige Landenge durchqueren und dadurch ein uraltes Project ausgeführt sein. Wie der Canal von Suez, erbringt auch jener von Korinth den Beweis für die Geistescontinuität der Menschheit. An der Route nach Korinth gelegen, strebt Patras einer schönen Zukunft entgegen, und es ist wahrscheinlich, dass die Stadt, die schon heute die zweitgrösste von Griechenland ist, zu höherer Bedeutung gelangen werde, als jene war, die sie in ihrer Glanzperiode im Alter- thum gewonnen hatte. Ionier waren die Gründer von Patras, wurden aber von den Achäern ver- drängt. Die Stadt schloss im peloponnesischem Kriege dem mächtigen Athen sich an und war 281 v. Chr. eine der Stützen des achäischen Bundes. Zu Bedeutung gelangte Patras aber erst unter Augustus als römische Colonie. Frühzeitig fand dort das Christenthum Schutz und Verbreitung, und im IX. Jahrhunderte blühte die Stadt zu seltenem Wohlstande auf. An der Wende zum XIII. Jahrhundert ist Patras die Hauptstadt des Herzogthums Achaia, dann nach Eroberung des Peloponnes (1204 und 1205) des Fürstenthums Morea; sie gelangt hierauf wie alle Küstenstädte Griechenlands für kurze Zeit unter die Herrschaft Venedigs, dann unter Byzanz und versinkt dann unter der Macht des Halbmondes. Der grosse Freiheitskampf der Hellenen brach am 4. April 1821 hier aus; Patras unterlag und ging in Flammen auf. Aber erst als die heldenmüthige Vertheidigung und der am 22. April 1826 erfolgte entsetzliche Fall der Feste Missolunghi die Sympathie Europas der griechischen Sache zugewendet hatten, konnte Hellas das Glück der Unabhängigkeit erlangen. Von da an datirt wie für das schwer- geprüfte Land, so auch für Patras der Beginn einer neuen Epoche, die eine lebhafte und stete Entwicklung aller Verhältnisse kenn- zeichnet. Das heutige Patras ist eine durchwegs neue Schöpfung; von dem classischen Paträ, das Pausanius besucht, sind kaum mehr als vereinzelte Trümmer vorhanden. Mit ihren geradlinigen, von Arkaden begleiteten Strassen, die unter rechten Winkeln sich schneiden, lastet auf der an antiken wie modernen Sehenswürdigkeiten armen Stadt das Gepräge der Nüch- ternheit. Die Platia ágios Georgios ist der Hauptplatz, den das Theater, die Post, das Justizgebäude und die Demarchie flankiren. Vor letzterem Gebäude haben zwei antike Sarkophage einen Ruheplatz gefunden. In der Nähe der grossen St. Andreas-Kirche am Westende der Stadt soll einstens der Demeter-Tempel gestanden sein, für dessen

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/90>, abgerufen am 21.11.2024.