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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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London.

Wenn wir es nun zunächst versuchen wollen, einen Ueberblick
über dieses Meer von Häusern, in denen einige Millionen von Menschen
ihr Leben hinbringen, zu gewinnen, uns eine Art von Gerippe des-
selben zu vergegenwärtigen, so müssen wir uns vor Allem den Lauf
der Themse betrachten. Dieser Fluss durchzieht London in mehrfachen
Krümmungen; zuerst fast nördlicher Richtung folgend, biegt er bei
Waterloo-Bridge ziemlich rasch gegen Ost, behält diese Direction
ziemlich gleichmässig, abgesehen von einer geringen Krümmung in der
Nähe der am Nordufer gelegenen London-Docks bei, wendet sich hierauf
nach Süden bis Greenwich und dann wieder gegen Norden, derart
dass er eine Halbinsel, die sogenannte Isle of Dogs bildet, und
nimmt hierauf endlich wieder eine Richtung gegen Osten, wobei er
jedoch schon das Weichbild der Stadt verlassen hat. Durch diesen
Lauf der Themse stellt sich die Strecke von Waterloo-Bridge bis zu
den London-Docks als die Basislinie dar; in der Mitte dieser Linie
liegt der Tower, nahe dem westlichen Endpunkte der Temple, der
östliche Endpunkt fällt in die Dockanlagen hinein. Nördlich parallel
mit dieser Basis liegt aufwärts des Tower die City, abwärts desselben
das sogenannte East-End mit seinen durch verschiedene Namen be-
zeichneten einzelnen Theilen, welche allmälig aus isolirten Anfängen
in die Metropole hineingewachsen sind und allwo sich mehr die
fabriksmässige Thätigkeit und die minderen Volksclassen niedergelassen
haben. Denkt man sich nun diese Basislinie geradlinig über den
Flusskrümmungspunkt hinaus verlängert, so würde dieselbe das West-
end, insbesondere die grosse und bekannte Piccadilly-Street, den
Hydepark und Kensingtongarden durchschneiden. Südlich dieser Linie
käme dann der eigentliche Kernpunkt des Westend mit den könig-
lichen Palästen, St. James-Palace, Westminster, den Parlaments-
gebäuden zu liegen, und dieser Abschnitt grenzt östlich an die Themse,
welche dort -- von Vauxhall-Bridge bis Waterloo-Bridge -- ihren
nördlichen Lauf durchfliesst.

Der Stadttheil am rechten Ufer ragt infolge der Themsekrüm-
mungen wie eine breite, aber nicht tiefe Halbinsel in den nördlichen
Stadttheil hinein. Er bleibt aber an Bedeutung weit hinter diesem
zurück, nicht so sehr was Ausdehnung anbelangt, als weil der Schwer-
punkt sowohl in baulicher Beziehung als was die verschiedenen öffent-
lichen Anstalten und bemerkenswerthen Einrichtungen betrifft, immer
am linksseitigen Ufer, dem Stammsitze des alten Londons verblieb.

Was die Orientirung in London sehr erschwert, ist der Mangel
an grossen, geradlinigen Strassenzügen, an festen Richtungslinien;

London.

Wenn wir es nun zunächst versuchen wollen, einen Ueberblick
über dieses Meer von Häusern, in denen einige Millionen von Menschen
ihr Leben hinbringen, zu gewinnen, uns eine Art von Gerippe des-
selben zu vergegenwärtigen, so müssen wir uns vor Allem den Lauf
der Themse betrachten. Dieser Fluss durchzieht London in mehrfachen
Krümmungen; zuerst fast nördlicher Richtung folgend, biegt er bei
Waterloo-Bridge ziemlich rasch gegen Ost, behält diese Direction
ziemlich gleichmässig, abgesehen von einer geringen Krümmung in der
Nähe der am Nordufer gelegenen London-Docks bei, wendet sich hierauf
nach Süden bis Greenwich und dann wieder gegen Norden, derart
dass er eine Halbinsel, die sogenannte Isle of Dogs bildet, und
nimmt hierauf endlich wieder eine Richtung gegen Osten, wobei er
jedoch schon das Weichbild der Stadt verlassen hat. Durch diesen
Lauf der Themse stellt sich die Strecke von Waterloo-Bridge bis zu
den London-Docks als die Basislinie dar; in der Mitte dieser Linie
liegt der Tower, nahe dem westlichen Endpunkte der Temple, der
östliche Endpunkt fällt in die Dockanlagen hinein. Nördlich parallel
mit dieser Basis liegt aufwärts des Tower die City, abwärts desselben
das sogenannte East-End mit seinen durch verschiedene Namen be-
zeichneten einzelnen Theilen, welche allmälig aus isolirten Anfängen
in die Metropole hineingewachsen sind und allwo sich mehr die
fabriksmässige Thätigkeit und die minderen Volksclassen niedergelassen
haben. Denkt man sich nun diese Basislinie geradlinig über den
Flusskrümmungspunkt hinaus verlängert, so würde dieselbe das West-
end, insbesondere die grosse und bekannte Piccadilly-Street, den
Hydepark und Kensingtongarden durchschneiden. Südlich dieser Linie
käme dann der eigentliche Kernpunkt des Westend mit den könig-
lichen Palästen, St. James-Palace, Westminster, den Parlaments-
gebäuden zu liegen, und dieser Abschnitt grenzt östlich an die Themse,
welche dort — von Vauxhall-Bridge bis Waterloo-Bridge — ihren
nördlichen Lauf durchfliesst.

Der Stadttheil am rechten Ufer ragt infolge der Themsekrüm-
mungen wie eine breite, aber nicht tiefe Halbinsel in den nördlichen
Stadttheil hinein. Er bleibt aber an Bedeutung weit hinter diesem
zurück, nicht so sehr was Ausdehnung anbelangt, als weil der Schwer-
punkt sowohl in baulicher Beziehung als was die verschiedenen öffent-
lichen Anstalten und bemerkenswerthen Einrichtungen betrifft, immer
am linksseitigen Ufer, dem Stammsitze des alten Londons verblieb.

Was die Orientirung in London sehr erschwert, ist der Mangel
an grossen, geradlinigen Strassenzügen, an festen Richtungslinien;

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[925/0945] London. Wenn wir es nun zunächst versuchen wollen, einen Ueberblick über dieses Meer von Häusern, in denen einige Millionen von Menschen ihr Leben hinbringen, zu gewinnen, uns eine Art von Gerippe des- selben zu vergegenwärtigen, so müssen wir uns vor Allem den Lauf der Themse betrachten. Dieser Fluss durchzieht London in mehrfachen Krümmungen; zuerst fast nördlicher Richtung folgend, biegt er bei Waterloo-Bridge ziemlich rasch gegen Ost, behält diese Direction ziemlich gleichmässig, abgesehen von einer geringen Krümmung in der Nähe der am Nordufer gelegenen London-Docks bei, wendet sich hierauf nach Süden bis Greenwich und dann wieder gegen Norden, derart dass er eine Halbinsel, die sogenannte Isle of Dogs bildet, und nimmt hierauf endlich wieder eine Richtung gegen Osten, wobei er jedoch schon das Weichbild der Stadt verlassen hat. Durch diesen Lauf der Themse stellt sich die Strecke von Waterloo-Bridge bis zu den London-Docks als die Basislinie dar; in der Mitte dieser Linie liegt der Tower, nahe dem westlichen Endpunkte der Temple, der östliche Endpunkt fällt in die Dockanlagen hinein. Nördlich parallel mit dieser Basis liegt aufwärts des Tower die City, abwärts desselben das sogenannte East-End mit seinen durch verschiedene Namen be- zeichneten einzelnen Theilen, welche allmälig aus isolirten Anfängen in die Metropole hineingewachsen sind und allwo sich mehr die fabriksmässige Thätigkeit und die minderen Volksclassen niedergelassen haben. Denkt man sich nun diese Basislinie geradlinig über den Flusskrümmungspunkt hinaus verlängert, so würde dieselbe das West- end, insbesondere die grosse und bekannte Piccadilly-Street, den Hydepark und Kensingtongarden durchschneiden. Südlich dieser Linie käme dann der eigentliche Kernpunkt des Westend mit den könig- lichen Palästen, St. James-Palace, Westminster, den Parlaments- gebäuden zu liegen, und dieser Abschnitt grenzt östlich an die Themse, welche dort — von Vauxhall-Bridge bis Waterloo-Bridge — ihren nördlichen Lauf durchfliesst. Der Stadttheil am rechten Ufer ragt infolge der Themsekrüm- mungen wie eine breite, aber nicht tiefe Halbinsel in den nördlichen Stadttheil hinein. Er bleibt aber an Bedeutung weit hinter diesem zurück, nicht so sehr was Ausdehnung anbelangt, als weil der Schwer- punkt sowohl in baulicher Beziehung als was die verschiedenen öffent- lichen Anstalten und bemerkenswerthen Einrichtungen betrifft, immer am linksseitigen Ufer, dem Stammsitze des alten Londons verblieb. Was die Orientirung in London sehr erschwert, ist der Mangel an grossen, geradlinigen Strassenzügen, an festen Richtungslinien;

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 925. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/945>, abgerufen am 22.11.2024.