schliesslich muss immer wieder die Themse als Anhalt dienen. Eben- sowenig lässt sich eine scharfe Unterscheidung der einzelnen Stadt- theile erkennen. Es ist eine ohne Plan im Laufe einer endlos langen Entwicklung mehr nach Willen und Drang der Einzelnen empor- gewachsene Stadt, in welcher dem Selbstbestimmungsrechte, wie überall im Lande, weiter Spielraum gewahrt blieb, insoweit dessen Bethäti- gung nicht feste Rechte entgegenstanden, und wo man erst in aller- jüngster Zeit die Zweckmässigkeit erkannte, durch Schaffung einer eigenen Behörde, des London County Council, wenigstens einiger- massen diejenigen Interessen einheitlich und mehr systematisch zu be- handeln, welche das für ein so kolossales Menschencentrum höchst wichtige Verkehrs- und Sanitätswesen betreffen.
Der Eindruck, welchen London im Allgemeinen macht, ist kein überaus günstiger, vor Allem schon aus dem Grunde, weil dieser Stadt Licht und Sonne mangelt. Der an sich nebelige Charakter der Atmo- sphäre Englands, gefördert durch die Nähe des Meeres, steigert sich in ganz erheblicher Weise durch die Ansammlung einer so grossen Menschen- und Häusermasse auf engem Raume und durch den ge- waltigen Verbrauch von Kohle für alle Zwecke des häuslichen und industriellen Lebens. Nebel ist die Signatur Londons, feucht dessen Luft, und Alles erscheint den grössten Theil des Jahres hindurch in Grau gehüllt. Dazu kommt das hastige Treiben allwärts, ein Verkehr auf allen Strassen, den man gesehen haben muss, um sich davon eine richtige Vorstellung zu machen. Dazwischen verkehren ununterbrochen hohe Omnibusse, von deren Deck zahlreiche Passagiere über die Fussgänger hinwegblicken und fast ausnahmslos, um ja keine Zeit zu verlieren, die Fahrt zur Lectüre der Tagesblätter benützen, ungestört durch das Getriebe ringsum. Nebenher rollen die Cabs (Handsoms), jene in London mit Vorliebe seit langer Zeit festgehaltenen zweirädrigen Ein- spänner, deren Kutscher, der Cabman, sein Pferd von einem rückwärts angebrachten Sitze über das Dach seines Fuhrwerkes hinweg lenkt, Colporteure drängen sich allwärts eilfertig umher, die Züge der Stadt- bahn brausen vorbei, und man hat überall den Eindruck, dass man sich inmitten einer fast tollen Bewegung befinde, dass alle diese Leute von ihren Geschäften förmlich gehetzt seien.
Manchmal wird es dem Fremdling freilich zu viel, er sehnt sich nach einer Pause der Sammlung, nach einem Ruhepunkte bei der Fülle der Eindrücke, die von allen Seiten an ihn herandrängen, und froh ist er, wenn er in einen jener Parks sich flüchten kann, welche der Stadt zur Zierde gereichen und deren es mehrere von
Der atlantische Ocean.
schliesslich muss immer wieder die Themse als Anhalt dienen. Eben- sowenig lässt sich eine scharfe Unterscheidung der einzelnen Stadt- theile erkennen. Es ist eine ohne Plan im Laufe einer endlos langen Entwicklung mehr nach Willen und Drang der Einzelnen empor- gewachsene Stadt, in welcher dem Selbstbestimmungsrechte, wie überall im Lande, weiter Spielraum gewahrt blieb, insoweit dessen Bethäti- gung nicht feste Rechte entgegenstanden, und wo man erst in aller- jüngster Zeit die Zweckmässigkeit erkannte, durch Schaffung einer eigenen Behörde, des London County Council, wenigstens einiger- massen diejenigen Interessen einheitlich und mehr systematisch zu be- handeln, welche das für ein so kolossales Menschencentrum höchst wichtige Verkehrs- und Sanitätswesen betreffen.
Der Eindruck, welchen London im Allgemeinen macht, ist kein überaus günstiger, vor Allem schon aus dem Grunde, weil dieser Stadt Licht und Sonne mangelt. Der an sich nebelige Charakter der Atmo- sphäre Englands, gefördert durch die Nähe des Meeres, steigert sich in ganz erheblicher Weise durch die Ansammlung einer so grossen Menschen- und Häusermasse auf engem Raume und durch den ge- waltigen Verbrauch von Kohle für alle Zwecke des häuslichen und industriellen Lebens. Nebel ist die Signatur Londons, feucht dessen Luft, und Alles erscheint den grössten Theil des Jahres hindurch in Grau gehüllt. Dazu kommt das hastige Treiben allwärts, ein Verkehr auf allen Strassen, den man gesehen haben muss, um sich davon eine richtige Vorstellung zu machen. Dazwischen verkehren ununterbrochen hohe Omnibusse, von deren Deck zahlreiche Passagiere über die Fussgänger hinwegblicken und fast ausnahmslos, um ja keine Zeit zu verlieren, die Fahrt zur Lectüre der Tagesblätter benützen, ungestört durch das Getriebe ringsum. Nebenher rollen die Cabs (Handsoms), jene in London mit Vorliebe seit langer Zeit festgehaltenen zweirädrigen Ein- spänner, deren Kutscher, der Cabman, sein Pferd von einem rückwärts angebrachten Sitze über das Dach seines Fuhrwerkes hinweg lenkt, Colporteure drängen sich allwärts eilfertig umher, die Züge der Stadt- bahn brausen vorbei, und man hat überall den Eindruck, dass man sich inmitten einer fast tollen Bewegung befinde, dass alle diese Leute von ihren Geschäften förmlich gehetzt seien.
Manchmal wird es dem Fremdling freilich zu viel, er sehnt sich nach einer Pause der Sammlung, nach einem Ruhepunkte bei der Fülle der Eindrücke, die von allen Seiten an ihn herandrängen, und froh ist er, wenn er in einen jener Parks sich flüchten kann, welche der Stadt zur Zierde gereichen und deren es mehrere von
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Der atlantische Ocean.
schliesslich muss immer wieder die Themse als Anhalt dienen. Eben-
sowenig lässt sich eine scharfe Unterscheidung der einzelnen Stadt-
theile erkennen. Es ist eine ohne Plan im Laufe einer endlos langen
Entwicklung mehr nach Willen und Drang der Einzelnen empor-
gewachsene Stadt, in welcher dem Selbstbestimmungsrechte, wie überall
im Lande, weiter Spielraum gewahrt blieb, insoweit dessen Bethäti-
gung nicht feste Rechte entgegenstanden, und wo man erst in aller-
jüngster Zeit die Zweckmässigkeit erkannte, durch Schaffung einer
eigenen Behörde, des London County Council, wenigstens einiger-
massen diejenigen Interessen einheitlich und mehr systematisch zu be-
handeln, welche das für ein so kolossales Menschencentrum höchst
wichtige Verkehrs- und Sanitätswesen betreffen.
Der Eindruck, welchen London im Allgemeinen macht, ist kein
überaus günstiger, vor Allem schon aus dem Grunde, weil dieser Stadt
Licht und Sonne mangelt. Der an sich nebelige Charakter der Atmo-
sphäre Englands, gefördert durch die Nähe des Meeres, steigert sich
in ganz erheblicher Weise durch die Ansammlung einer so grossen
Menschen- und Häusermasse auf engem Raume und durch den ge-
waltigen Verbrauch von Kohle für alle Zwecke des häuslichen und
industriellen Lebens. Nebel ist die Signatur Londons, feucht dessen Luft,
und Alles erscheint den grössten Theil des Jahres hindurch in Grau
gehüllt. Dazu kommt das hastige Treiben allwärts, ein Verkehr auf
allen Strassen, den man gesehen haben muss, um sich davon eine richtige
Vorstellung zu machen. Dazwischen verkehren ununterbrochen hohe
Omnibusse, von deren Deck zahlreiche Passagiere über die Fussgänger
hinwegblicken und fast ausnahmslos, um ja keine Zeit zu verlieren,
die Fahrt zur Lectüre der Tagesblätter benützen, ungestört durch das
Getriebe ringsum. Nebenher rollen die Cabs (Handsoms), jene in
London mit Vorliebe seit langer Zeit festgehaltenen zweirädrigen Ein-
spänner, deren Kutscher, der Cabman, sein Pferd von einem rückwärts
angebrachten Sitze über das Dach seines Fuhrwerkes hinweg lenkt,
Colporteure drängen sich allwärts eilfertig umher, die Züge der Stadt-
bahn brausen vorbei, und man hat überall den Eindruck, dass man
sich inmitten einer fast tollen Bewegung befinde, dass alle diese
Leute von ihren Geschäften förmlich gehetzt seien.
Manchmal wird es dem Fremdling freilich zu viel, er sehnt
sich nach einer Pause der Sammlung, nach einem Ruhepunkte bei
der Fülle der Eindrücke, die von allen Seiten an ihn herandrängen,
und froh ist er, wenn er in einen jener Parks sich flüchten kann,
welche der Stadt zur Zierde gereichen und deren es mehrere von
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 926. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/946>, abgerufen am 23.11.2024.
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