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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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London.
St. Katharines und London Docks in ihrem Besitze vereinigt hatte,
zu einer neuen mehr abwärts gelegenen Anlage und richtete das
Victoria-Dock ein. Der Bau dieses Docks erfolgte um 1880.

Das Victoria-Dock liegt von Osten nach Westen und steht
mit dem später angelegten Albert-Dock in Verbindung. Die Ein-
fahrt in das Victoria-Dock geschieht durch einen kleinen 8·5 m tiefen
Vorhafen westlich, doch ist das Dock auch vom Albert-Dock zu-
gänglich. Es hat 36 ha Wasserfläche und 6200 m Quailänge, was
jedoch nur dadurch erreicht wurde, dass man dreizehn kleinere Molen
eingeschoben hat. Auf diesen Molen stehen zweistöckige Schuppen
mit einer schmalen überdeckten Strasse davor. Ausser diesen Schuppen
besitzt genanntes Dock vier grosse Speicher für Getreide, zwei solche
für Tabak und dann noch eigene Magazine für andere Artikel, da-
runter namentlich Guano, Jute u. dgl. Die Bahneinrichtungen sind
gut, aber auch hier hat man nicht überall die unmittelbare Verbin-
dung zwischen Schiff und Bahn erzielt. An der Südseite sind in einem
gemeinsamen Bassin 8 Trockendocks. Bemerkenswerth sind die unter
einigen Hangars befindlichen Keller, in denen eine Temperatur von
-- 8° Reaumur ständig erhalten wird, und allwo man gefrorene Schafe
(bis zu 40.000 Stück) einlagert, die auf Schiffen, welche mit Re-
frigerationsmaschinen versehen sind, aus Australien eingeführt wurden.
Oestlich vom Victoria-Dock wurde von derselben Gesellschaft das
9·1 m tiefe Albert-Dock errichtet. Dieses Dock ist seiner ganzen
Einrichtung nach am gelungensten. Hier ist zunächst am Quai ein
doppeltes Schienengeleise und dann noch ein Geleise für hydraulische
Laufkrähne angelegt. Nach diesen Geleisen folgen Hangars, deren es
im Ganzen nicht weniger als 35 gibt. Diese dienen für die Mani-
pulation der Waaren, sind von Holz, mit gutem Lichte. Hinter den
Hangars liegen abermals mehrere Schienenstränge. Es sind hier 45
hydraulische Laufkrähne vorhanden. Ausserdem verfügt man über
vier schwimmende Pontons mit Krähnen von einer Hebekraft bis zu
60 t. Eine fernere Vorkehrung ist auch in der Richtung getroffen,
dass man durch eine Pumpenanlage den Wasserstand in den Bassins
für den Fall erhöhen kann, dass wegen Mangel an Flut sich dies er-
spriesslich erweisen sollte. Ausser der alten 9·1 m tiefen Einfahrt wurde
eine neue 10·9 m tiefe letzter Zeit erbaut. Die Dockeigenthümer ver-
fügen über eine grosse Landfläche, deren Ausnützung jedoch erst
zum Theil geschehen ist. So zweckmässig, nämlich im Vergleiche mit
den flussaufwärts gelegenen Docks, auch die beiden eben betrachteten
Anlagen sind, so gereicht denselben doch die bedeutende Entfernung

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London.
St. Katharines und London Docks in ihrem Besitze vereinigt hatte,
zu einer neuen mehr abwärts gelegenen Anlage und richtete das
Victoria-Dock ein. Der Bau dieses Docks erfolgte um 1880.

Das Victoria-Dock liegt von Osten nach Westen und steht
mit dem später angelegten Albert-Dock in Verbindung. Die Ein-
fahrt in das Victoria-Dock geschieht durch einen kleinen 8·5 m tiefen
Vorhafen westlich, doch ist das Dock auch vom Albert-Dock zu-
gänglich. Es hat 36 ha Wasserfläche und 6200 m Quailänge, was
jedoch nur dadurch erreicht wurde, dass man dreizehn kleinere Molen
eingeschoben hat. Auf diesen Molen stehen zweistöckige Schuppen
mit einer schmalen überdeckten Strasse davor. Ausser diesen Schuppen
besitzt genanntes Dock vier grosse Speicher für Getreide, zwei solche
für Tabak und dann noch eigene Magazine für andere Artikel, da-
runter namentlich Guano, Jute u. dgl. Die Bahneinrichtungen sind
gut, aber auch hier hat man nicht überall die unmittelbare Verbin-
dung zwischen Schiff und Bahn erzielt. An der Südseite sind in einem
gemeinsamen Bassin 8 Trockendocks. Bemerkenswerth sind die unter
einigen Hangars befindlichen Keller, in denen eine Temperatur von
— 8° Reaumur ständig erhalten wird, und allwo man gefrorene Schafe
(bis zu 40.000 Stück) einlagert, die auf Schiffen, welche mit Re-
frigerationsmaschinen versehen sind, aus Australien eingeführt wurden.
Oestlich vom Victoria-Dock wurde von derselben Gesellschaft das
9·1 m tiefe Albert-Dock errichtet. Dieses Dock ist seiner ganzen
Einrichtung nach am gelungensten. Hier ist zunächst am Quai ein
doppeltes Schienengeleise und dann noch ein Geleise für hydraulische
Laufkrähne angelegt. Nach diesen Geleisen folgen Hangars, deren es
im Ganzen nicht weniger als 35 gibt. Diese dienen für die Mani-
pulation der Waaren, sind von Holz, mit gutem Lichte. Hinter den
Hangars liegen abermals mehrere Schienenstränge. Es sind hier 45
hydraulische Laufkrähne vorhanden. Ausserdem verfügt man über
vier schwimmende Pontons mit Krähnen von einer Hebekraft bis zu
60 t. Eine fernere Vorkehrung ist auch in der Richtung getroffen,
dass man durch eine Pumpenanlage den Wasserstand in den Bassins
für den Fall erhöhen kann, dass wegen Mangel an Flut sich dies er-
spriesslich erweisen sollte. Ausser der alten 9·1 m tiefen Einfahrt wurde
eine neue 10·9 m tiefe letzter Zeit erbaut. Die Dockeigenthümer ver-
fügen über eine grosse Landfläche, deren Ausnützung jedoch erst
zum Theil geschehen ist. So zweckmässig, nämlich im Vergleiche mit
den flussaufwärts gelegenen Docks, auch die beiden eben betrachteten
Anlagen sind, so gereicht denselben doch die bedeutende Entfernung

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[947/0967] London. St. Katharines und London Docks in ihrem Besitze vereinigt hatte, zu einer neuen mehr abwärts gelegenen Anlage und richtete das Victoria-Dock ein. Der Bau dieses Docks erfolgte um 1880. Das Victoria-Dock liegt von Osten nach Westen und steht mit dem später angelegten Albert-Dock in Verbindung. Die Ein- fahrt in das Victoria-Dock geschieht durch einen kleinen 8·5 m tiefen Vorhafen westlich, doch ist das Dock auch vom Albert-Dock zu- gänglich. Es hat 36 ha Wasserfläche und 6200 m Quailänge, was jedoch nur dadurch erreicht wurde, dass man dreizehn kleinere Molen eingeschoben hat. Auf diesen Molen stehen zweistöckige Schuppen mit einer schmalen überdeckten Strasse davor. Ausser diesen Schuppen besitzt genanntes Dock vier grosse Speicher für Getreide, zwei solche für Tabak und dann noch eigene Magazine für andere Artikel, da- runter namentlich Guano, Jute u. dgl. Die Bahneinrichtungen sind gut, aber auch hier hat man nicht überall die unmittelbare Verbin- dung zwischen Schiff und Bahn erzielt. An der Südseite sind in einem gemeinsamen Bassin 8 Trockendocks. Bemerkenswerth sind die unter einigen Hangars befindlichen Keller, in denen eine Temperatur von — 8° Reaumur ständig erhalten wird, und allwo man gefrorene Schafe (bis zu 40.000 Stück) einlagert, die auf Schiffen, welche mit Re- frigerationsmaschinen versehen sind, aus Australien eingeführt wurden. Oestlich vom Victoria-Dock wurde von derselben Gesellschaft das 9·1 m tiefe Albert-Dock errichtet. Dieses Dock ist seiner ganzen Einrichtung nach am gelungensten. Hier ist zunächst am Quai ein doppeltes Schienengeleise und dann noch ein Geleise für hydraulische Laufkrähne angelegt. Nach diesen Geleisen folgen Hangars, deren es im Ganzen nicht weniger als 35 gibt. Diese dienen für die Mani- pulation der Waaren, sind von Holz, mit gutem Lichte. Hinter den Hangars liegen abermals mehrere Schienenstränge. Es sind hier 45 hydraulische Laufkrähne vorhanden. Ausserdem verfügt man über vier schwimmende Pontons mit Krähnen von einer Hebekraft bis zu 60 t. Eine fernere Vorkehrung ist auch in der Richtung getroffen, dass man durch eine Pumpenanlage den Wasserstand in den Bassins für den Fall erhöhen kann, dass wegen Mangel an Flut sich dies er- spriesslich erweisen sollte. Ausser der alten 9·1 m tiefen Einfahrt wurde eine neue 10·9 m tiefe letzter Zeit erbaut. Die Dockeigenthümer ver- fügen über eine grosse Landfläche, deren Ausnützung jedoch erst zum Theil geschehen ist. So zweckmässig, nämlich im Vergleiche mit den flussaufwärts gelegenen Docks, auch die beiden eben betrachteten Anlagen sind, so gereicht denselben doch die bedeutende Entfernung 119*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 947. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/967>, abgerufen am 23.11.2024.