von der Stadt und dem Sitz des eigentlichen Verkehres, der City, zum Nachtheile, und dieser Nachtheil betrifft auch die jüngste Dock- anlage, nämlich Tilbury-Docks. Als nämlich Victoria- und Albert- Docks gebaut wurden, beschloss die East- und West-India-Docks- gesellschaft noch mehr flussabwärts ein Dock auf ihre Rechnung zu bauen und wählte zu diesem Zwecke eine ziemlich gegenüber Gravesend gelegene Stelle bei der Ortschaft Tilbury. Tilbury-Docks sind 37 km von London Bridge entfernt, und daraus kann man wohl beurtheilen, dass diese Entfernung einigermassen zu Ungunsten des Docks ins Gewicht fällt. Im Tilbury-Dock ist für sehr grosse Tiefen (10·6 m bei Springflut) gesorgt, und hat dasselbe ausser einem bei Ebbe 8 m, bei Springflut 13·3 m tiefen Vorhafen ein sehr grosses Operations- bassin mit drei sich daran rechtwinkelig anschliessenden Querdocks. Hier ist das System der Geleiseverbindungen in glücklicher Weise gelöst, so dass der Verkehr per Bahn durchwegs ohne viel Störung oder Verzögerung möglich erscheint. In diesem Dock können 42 grosse Dampfer gleichzeitig operiren. Die Uferlänge beträgt 4000 m. Die Hangars sind hier auch aus Holz construirt und mit stählernen Jalousien versehen, so dass man allseits einen Ausgang nach Bedarf herstellen kann. Ueberall kann man hydraulische Hebevorrichtungen zur Verwendung bringen. In Verbindung mit Tilbury-Dock sind auch zwei Trockendocks (dry docks), welche je nach Bedarf an Schiff- bauer vermiethet werden. Diese Docksanlage wurde erst 1886 vollendet.
Wenn wir nun alle diese Docksanlagen überblicken, so lässt sich deren Grossartigkeit ebenso wenig verkennen, als ihre Bedeutung für den ganzen Verkehr, welcher schlechthin gar nicht überwältigt werden könnte, wenn nicht für die Bedürfnisse der Schiffahrt in so umfassender Weise vorgesorgt worden wäre Trotz des grossen Ver- kehres kann man aber nicht sagen, dass im Ganzen die Docksgesell- schaften besondere Geschäfte machen. Der Grund dieser Erscheinung liegt zum wesentlichen Theil darin, dass die Herstellung der Bau- lichkeiten grosse Capitalien erheischte und man andererseits die Lagerzinsen nicht hoch halten kann. Die neuesten Anlagen leiden durch die schon erwähnten Umstände und werden wohl erst dann günstigere Erträgnisse abwerfen können, wenn der stets steigende Verkehr von London gezwungen sein wird, die Annehmlichkeit einer nahen Situation zur City minder hoch anzuschlagen, beziehungsweise sich zum Theil wenigstens von dem traditionellen Festhalten an jenem Stadttheil zu emancipiren. Heute ist das geschäftliche Centrum
Der atlantische Ocean.
von der Stadt und dem Sitz des eigentlichen Verkehres, der City, zum Nachtheile, und dieser Nachtheil betrifft auch die jüngste Dock- anlage, nämlich Tilbury-Docks. Als nämlich Victoria- und Albert- Docks gebaut wurden, beschloss die East- und West-India-Docks- gesellschaft noch mehr flussabwärts ein Dock auf ihre Rechnung zu bauen und wählte zu diesem Zwecke eine ziemlich gegenüber Gravesend gelegene Stelle bei der Ortschaft Tilbury. Tilbury-Docks sind 37 km von London Bridge entfernt, und daraus kann man wohl beurtheilen, dass diese Entfernung einigermassen zu Ungunsten des Docks ins Gewicht fällt. Im Tilbury-Dock ist für sehr grosse Tiefen (10·6 m bei Springflut) gesorgt, und hat dasselbe ausser einem bei Ebbe 8 m, bei Springflut 13·3 m tiefen Vorhafen ein sehr grosses Operations- bassin mit drei sich daran rechtwinkelig anschliessenden Querdocks. Hier ist das System der Geleiseverbindungen in glücklicher Weise gelöst, so dass der Verkehr per Bahn durchwegs ohne viel Störung oder Verzögerung möglich erscheint. In diesem Dock können 42 grosse Dampfer gleichzeitig operiren. Die Uferlänge beträgt 4000 m. Die Hangars sind hier auch aus Holz construirt und mit stählernen Jalousien versehen, so dass man allseits einen Ausgang nach Bedarf herstellen kann. Ueberall kann man hydraulische Hebevorrichtungen zur Verwendung bringen. In Verbindung mit Tilbury-Dock sind auch zwei Trockendocks (dry docks), welche je nach Bedarf an Schiff- bauer vermiethet werden. Diese Docksanlage wurde erst 1886 vollendet.
Wenn wir nun alle diese Docksanlagen überblicken, so lässt sich deren Grossartigkeit ebenso wenig verkennen, als ihre Bedeutung für den ganzen Verkehr, welcher schlechthin gar nicht überwältigt werden könnte, wenn nicht für die Bedürfnisse der Schiffahrt in so umfassender Weise vorgesorgt worden wäre Trotz des grossen Ver- kehres kann man aber nicht sagen, dass im Ganzen die Docksgesell- schaften besondere Geschäfte machen. Der Grund dieser Erscheinung liegt zum wesentlichen Theil darin, dass die Herstellung der Bau- lichkeiten grosse Capitalien erheischte und man andererseits die Lagerzinsen nicht hoch halten kann. Die neuesten Anlagen leiden durch die schon erwähnten Umstände und werden wohl erst dann günstigere Erträgnisse abwerfen können, wenn der stets steigende Verkehr von London gezwungen sein wird, die Annehmlichkeit einer nahen Situation zur City minder hoch anzuschlagen, beziehungsweise sich zum Theil wenigstens von dem traditionellen Festhalten an jenem Stadttheil zu emancipiren. Heute ist das geschäftliche Centrum
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Der atlantische Ocean.
von der Stadt und dem Sitz des eigentlichen Verkehres, der City,
zum Nachtheile, und dieser Nachtheil betrifft auch die jüngste Dock-
anlage, nämlich Tilbury-Docks. Als nämlich Victoria- und Albert-
Docks gebaut wurden, beschloss die East- und West-India-Docks-
gesellschaft noch mehr flussabwärts ein Dock auf ihre Rechnung zu
bauen und wählte zu diesem Zwecke eine ziemlich gegenüber
Gravesend gelegene Stelle bei der Ortschaft Tilbury. Tilbury-Docks
sind 37 km von London Bridge entfernt, und daraus kann man wohl
beurtheilen, dass diese Entfernung einigermassen zu Ungunsten des
Docks ins Gewicht fällt. Im Tilbury-Dock ist für sehr grosse Tiefen
(10·6 m bei Springflut) gesorgt, und hat dasselbe ausser einem bei Ebbe
8 m, bei Springflut 13·3 m tiefen Vorhafen ein sehr grosses Operations-
bassin mit drei sich daran rechtwinkelig anschliessenden Querdocks.
Hier ist das System der Geleiseverbindungen in glücklicher Weise
gelöst, so dass der Verkehr per Bahn durchwegs ohne viel Störung
oder Verzögerung möglich erscheint. In diesem Dock können 42 grosse
Dampfer gleichzeitig operiren. Die Uferlänge beträgt 4000 m. Die
Hangars sind hier auch aus Holz construirt und mit stählernen
Jalousien versehen, so dass man allseits einen Ausgang nach Bedarf
herstellen kann. Ueberall kann man hydraulische Hebevorrichtungen
zur Verwendung bringen. In Verbindung mit Tilbury-Dock sind auch
zwei Trockendocks (dry docks), welche je nach Bedarf an Schiff-
bauer vermiethet werden. Diese Docksanlage wurde erst 1886
vollendet.
Wenn wir nun alle diese Docksanlagen überblicken, so lässt
sich deren Grossartigkeit ebenso wenig verkennen, als ihre Bedeutung
für den ganzen Verkehr, welcher schlechthin gar nicht überwältigt
werden könnte, wenn nicht für die Bedürfnisse der Schiffahrt in so
umfassender Weise vorgesorgt worden wäre Trotz des grossen Ver-
kehres kann man aber nicht sagen, dass im Ganzen die Docksgesell-
schaften besondere Geschäfte machen. Der Grund dieser Erscheinung
liegt zum wesentlichen Theil darin, dass die Herstellung der Bau-
lichkeiten grosse Capitalien erheischte und man andererseits die
Lagerzinsen nicht hoch halten kann. Die neuesten Anlagen leiden
durch die schon erwähnten Umstände und werden wohl erst dann
günstigere Erträgnisse abwerfen können, wenn der stets steigende
Verkehr von London gezwungen sein wird, die Annehmlichkeit einer
nahen Situation zur City minder hoch anzuschlagen, beziehungsweise
sich zum Theil wenigstens von dem traditionellen Festhalten an jenem
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 948. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/968>, abgerufen am 23.11.2024.
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