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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Westindische Häfen.
weitem kenntliche Fort Charles in einer beide Zufahrten zum Hafen
beherrschenden Position.

Der Hafen von Kingston ist sehr geräumig und gegen See-
gang vollkommen geschützt. Die Stadt, welche sich unmittelbar vom
Ufer aus an einem sanften Bergabhang amphitheatralisch hinaufzieht,
bietet dem Auge nichts Bemerkenswerthes, erhält aber durch die
landschaftliche Umgebung, insbesondere durch die schroff aufsteigenden
Gebirgsstöcke im Hintergrunde ein imposantes und sehr malerisches
Relief.

Die Strassen der Stadt, deren Einwohnerzahl mit 40.000 ange-
nommen werden kann, sind nach amerikanischer Art schnurgerade,
schneiden sich unter rechten Winkeln und fallen dem aus Südamerika
kommenden Reisenden durch ihre Sauberkeit auf; mit Maulthieren be-
spannte Tramwägen erleichtern den Verkehr. Die weisse Bevölkerung
besteht aus englischen Kaufleuten, englischen Beamten und englischen
Soldaten; sonst sieht man nur Mulatten und Neger. Nur die besseren
Gebäude sind aus dunkelrothen Ziegelsteinen aufgeführt. Von hervor-
ragenden Gebäuden sind nur die englische Kirche, ein weitläufiger
Bau mit einem schönen Thurme und dem Grabe des berühmten Ad-
mirals Benbow, und das Gefangenhaus zu erwähnen; bemerkenswerth
ist noch die früher erwähnte Statue des Admirals Rodney am Lan-
dungsplatze. Hinter der Stadt breitet sich der keiner grösseren eng-
glischen Colonialstadt fehlende Rennplatz, zugleich cricket-ground,
Paradeplatz etc., aus.

Kingston wird seines milden Winterklimas und seiner ange-
nehmen gesellschaftlichen Verhältnisse wegen im Winter gerne aufgesucht.

In der heissen Jahreszeit tritt in Kingston häufig das gelbe
Fieber auf. Die höheren Regionen der Insel haben natürlich
ein kühleres und gesundes Klima. Regenzeiten gibt es auf Jamaica
jährlich zwei; die erste und hauptsächliche beginnt im October und
dauert bis December oder Januar; die zweite, schwächer und von
geringerer Dauer, tritt im Mai ein.

In der Umgebung von Kingston könnte man sich in einen
der Villenorte bei London versetzt fühlen; ein Landsitz reiht sich an
den andern, und wie in England sind die Besitzungen durch lebende
Zäune abgegrenzt, doch sind dies hier Cactushecken.

Ein Ausflug mit der Bahn nach Spanish Town ist sehr lohnend;
diese ehemalige Residenzstadt besitzt viele schöne Gebäude, worunter
eine grosse alte Kirche am Kings Square sehenswerth ist. Wer
die kleinen Strapazen eines Ausfluges in das Gebirge, wie z. B. nach

Westindische Häfen.
weitem kenntliche Fort Charles in einer beide Zufahrten zum Hafen
beherrschenden Position.

Der Hafen von Kingston ist sehr geräumig und gegen See-
gang vollkommen geschützt. Die Stadt, welche sich unmittelbar vom
Ufer aus an einem sanften Bergabhang amphitheatralisch hinaufzieht,
bietet dem Auge nichts Bemerkenswerthes, erhält aber durch die
landschaftliche Umgebung, insbesondere durch die schroff aufsteigenden
Gebirgsstöcke im Hintergrunde ein imposantes und sehr malerisches
Relief.

Die Strassen der Stadt, deren Einwohnerzahl mit 40.000 ange-
nommen werden kann, sind nach amerikanischer Art schnurgerade,
schneiden sich unter rechten Winkeln und fallen dem aus Südamerika
kommenden Reisenden durch ihre Sauberkeit auf; mit Maulthieren be-
spannte Tramwägen erleichtern den Verkehr. Die weisse Bevölkerung
besteht aus englischen Kaufleuten, englischen Beamten und englischen
Soldaten; sonst sieht man nur Mulatten und Neger. Nur die besseren
Gebäude sind aus dunkelrothen Ziegelsteinen aufgeführt. Von hervor-
ragenden Gebäuden sind nur die englische Kirche, ein weitläufiger
Bau mit einem schönen Thurme und dem Grabe des berühmten Ad-
mirals Benbow, und das Gefangenhaus zu erwähnen; bemerkenswerth
ist noch die früher erwähnte Statue des Admirals Rodney am Lan-
dungsplatze. Hinter der Stadt breitet sich der keiner grösseren eng-
glischen Colonialstadt fehlende Rennplatz, zugleich cricket-ground,
Paradeplatz etc., aus.

Kingston wird seines milden Winterklimas und seiner ange-
nehmen gesellschaftlichen Verhältnisse wegen im Winter gerne aufgesucht.

In der heissen Jahreszeit tritt in Kingston häufig das gelbe
Fieber auf. Die höheren Regionen der Insel haben natürlich
ein kühleres und gesundes Klima. Regenzeiten gibt es auf Jamaica
jährlich zwei; die erste und hauptsächliche beginnt im October und
dauert bis December oder Januar; die zweite, schwächer und von
geringerer Dauer, tritt im Mai ein.

In der Umgebung von Kingston könnte man sich in einen
der Villenorte bei London versetzt fühlen; ein Landsitz reiht sich an
den andern, und wie in England sind die Besitzungen durch lebende
Zäune abgegrenzt, doch sind dies hier Cactushecken.

Ein Ausflug mit der Bahn nach Spanish Town ist sehr lohnend;
diese ehemalige Residenzstadt besitzt viele schöne Gebäude, worunter
eine grosse alte Kirche am Kings Square sehenswerth ist. Wer
die kleinen Strapazen eines Ausfluges in das Gebirge, wie z. B. nach

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[191/0207] Westindische Häfen. weitem kenntliche Fort Charles in einer beide Zufahrten zum Hafen beherrschenden Position. Der Hafen von Kingston ist sehr geräumig und gegen See- gang vollkommen geschützt. Die Stadt, welche sich unmittelbar vom Ufer aus an einem sanften Bergabhang amphitheatralisch hinaufzieht, bietet dem Auge nichts Bemerkenswerthes, erhält aber durch die landschaftliche Umgebung, insbesondere durch die schroff aufsteigenden Gebirgsstöcke im Hintergrunde ein imposantes und sehr malerisches Relief. Die Strassen der Stadt, deren Einwohnerzahl mit 40.000 ange- nommen werden kann, sind nach amerikanischer Art schnurgerade, schneiden sich unter rechten Winkeln und fallen dem aus Südamerika kommenden Reisenden durch ihre Sauberkeit auf; mit Maulthieren be- spannte Tramwägen erleichtern den Verkehr. Die weisse Bevölkerung besteht aus englischen Kaufleuten, englischen Beamten und englischen Soldaten; sonst sieht man nur Mulatten und Neger. Nur die besseren Gebäude sind aus dunkelrothen Ziegelsteinen aufgeführt. Von hervor- ragenden Gebäuden sind nur die englische Kirche, ein weitläufiger Bau mit einem schönen Thurme und dem Grabe des berühmten Ad- mirals Benbow, und das Gefangenhaus zu erwähnen; bemerkenswerth ist noch die früher erwähnte Statue des Admirals Rodney am Lan- dungsplatze. Hinter der Stadt breitet sich der keiner grösseren eng- glischen Colonialstadt fehlende Rennplatz, zugleich cricket-ground, Paradeplatz etc., aus. Kingston wird seines milden Winterklimas und seiner ange- nehmen gesellschaftlichen Verhältnisse wegen im Winter gerne aufgesucht. In der heissen Jahreszeit tritt in Kingston häufig das gelbe Fieber auf. Die höheren Regionen der Insel haben natürlich ein kühleres und gesundes Klima. Regenzeiten gibt es auf Jamaica jährlich zwei; die erste und hauptsächliche beginnt im October und dauert bis December oder Januar; die zweite, schwächer und von geringerer Dauer, tritt im Mai ein. In der Umgebung von Kingston könnte man sich in einen der Villenorte bei London versetzt fühlen; ein Landsitz reiht sich an den andern, und wie in England sind die Besitzungen durch lebende Zäune abgegrenzt, doch sind dies hier Cactushecken. Ein Ausflug mit der Bahn nach Spanish Town ist sehr lohnend; diese ehemalige Residenzstadt besitzt viele schöne Gebäude, worunter eine grosse alte Kirche am Kings Square sehenswerth ist. Wer die kleinen Strapazen eines Ausfluges in das Gebirge, wie z. B. nach

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/207>, abgerufen am 23.11.2024.