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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.
ein reges, buntes, oft auch tolles und verschwenderisches Leben ab,
das Anfang 1889 zum Schmerze der ganzen Gesellschaft ein schnelles
Ende fand; die Einwohnerzahl, welche in wenigen Jahren von 3000
auf 15.000 gestiegen war, ist seitdem riesig gesunken. Heute zeigen
Panama und Colon wieder die alte, gelangweilte Physiognomie.

Langsam und geschäftslos schleichen die Tage in der heissen
fieberschwangeren Atmosphäre hin, nur belebt, wenn die grossen Post-
dampfer kommen und gehen. Die Reisenden sowie die wenigen Eil-
güter, welche die theuere Ueberlandroute nehmen, bleiben keine
Stunde länger, als sie bleiben müssen, alles hastet fort, das meist
noch ferne Ziel zu erreichen.

Colon wie Panama sind echte Transitoplätze, aber Transito-
plätze von welthistorischer Bedeutung, denen einem ganz jungen
Thronerben gleich in ferner Zukunft noch Glanz und Herrlichkeit
winkt, wenn "die Pforte zu den Oceanen" durch einen "Weltcanal"
erschlossen sein wird.

Das Colongeschäft war von jeher fast ausschliesslich localer Natur; sein
Absatzgebiet umfasste die Stadt selbst und die an der Eisenbahn nach Panama
gelegenen Ortschaften, welche alle durch den Wegzug von 12.000--15.000 Arbeitern
und 1200 Beamten entvölkert sind. Daher mussten 1889 in Colon eine grosse
Reihe von Geschäftshäusern schliessen.

Nach dem Berichte der Panama-Eisenbahn-Gesellschaft sank der Local-
frachtenverkehr 1889 auf 36.046 T gegen 169.857 T im Jahre 1888, die Zahl
der Passagiere auf 290.664 gegen 1,283.753 im vorhergehenden Jahre. In Durch-
fracht gingen 1889 von Colon nach Panama 72.756 T aus Europa und 43.934 T
aus New-York, vom Stillen zum Atlantischen Ocean 50.573 T nach Europa,
25.582 T nach New-York. Von der pacifischen Küste kommen Kaffee (1889
562635 Säcke) in steigenden Mengen, Cacao, Indigo, Wein, Gerste, Steinnüsse,
Häute und Felle.

Der Isthmus ist für seine Bedürfnisse an Natur- und Kunsterzeugnissen
ganz vom Auslande abhängig; nur Yams, Kokos, Zuckerrohr, Mais und Reis
werden in genügender Menge gebaut.

Die Importhäuser Colons sind vorzugsweise Amerikaner, der Detailhandel
ist fast ausschliesslich in den Händen von Chinesen.

Die Gesammtzahl der 1889 eingelaufenen Schiffe betrug 1889 549 mit
758.133 Reg.-Tons, 1888 684 mit 872.611 Reg.-Tons.

Colon besuchen regelmässig 8 Dampferlinien: die Hamburg-amerikanische
Packetfahrt-Actiengesellschaft (32 Tage) zweimal monatlich, die Royal-Mail-Steam-
Packet-Cy. aus Southampton (21 Tage), 2 Linien aus Liverpool, die Cie. Generale
transatlantique aus St. Nazaire (20 Tage) dreimal im Monate, zwei spanische
Linien, und zwar eine aus Barcelona, die andere aus New-York und eine nord-
amerikanische Linie aus New-York.

Die Ueberfahrt mit der Eisenbahn von Colon nach Panama dauert 3 bis
4 Stunden.



Die atlantische Küste von Amerika.
ein reges, buntes, oft auch tolles und verschwenderisches Leben ab,
das Anfang 1889 zum Schmerze der ganzen Gesellschaft ein schnelles
Ende fand; die Einwohnerzahl, welche in wenigen Jahren von 3000
auf 15.000 gestiegen war, ist seitdem riesig gesunken. Heute zeigen
Panamá und Colon wieder die alte, gelangweilte Physiognomie.

Langsam und geschäftslos schleichen die Tage in der heissen
fieberschwangeren Atmosphäre hin, nur belebt, wenn die grossen Post-
dampfer kommen und gehen. Die Reisenden sowie die wenigen Eil-
güter, welche die theuere Ueberlandroute nehmen, bleiben keine
Stunde länger, als sie bleiben müssen, alles hastet fort, das meist
noch ferne Ziel zu erreichen.

Colon wie Panamá sind echte Transitoplätze, aber Transito-
plätze von welthistorischer Bedeutung, denen einem ganz jungen
Thronerben gleich in ferner Zukunft noch Glanz und Herrlichkeit
winkt, wenn „die Pforte zu den Oceanen“ durch einen „Weltcanal“
erschlossen sein wird.

Das Colongeschäft war von jeher fast ausschliesslich localer Natur; sein
Absatzgebiet umfasste die Stadt selbst und die an der Eisenbahn nach Panamá
gelegenen Ortschaften, welche alle durch den Wegzug von 12.000—15.000 Arbeitern
und 1200 Beamten entvölkert sind. Daher mussten 1889 in Colon eine grosse
Reihe von Geschäftshäusern schliessen.

Nach dem Berichte der Panama-Eisenbahn-Gesellschaft sank der Local-
frachtenverkehr 1889 auf 36.046 T gegen 169.857 T im Jahre 1888, die Zahl
der Passagiere auf 290.664 gegen 1,283.753 im vorhergehenden Jahre. In Durch-
fracht gingen 1889 von Colon nach Panamá 72.756 T aus Europa und 43.934 T
aus New-York, vom Stillen zum Atlantischen Ocean 50.573 T nach Europa,
25.582 T nach New-York. Von der pacifischen Küste kommen Kaffee (1889
562635 Säcke) in steigenden Mengen, Cacao, Indigo, Wein, Gerste, Steinnüsse,
Häute und Felle.

Der Isthmus ist für seine Bedürfnisse an Natur- und Kunsterzeugnissen
ganz vom Auslande abhängig; nur Yams, Kokos, Zuckerrohr, Mais und Reis
werden in genügender Menge gebaut.

Die Importhäuser Colons sind vorzugsweise Amerikaner, der Detailhandel
ist fast ausschliesslich in den Händen von Chinesen.

Die Gesammtzahl der 1889 eingelaufenen Schiffe betrug 1889 549 mit
758.133 Reg.-Tons, 1888 684 mit 872.611 Reg.-Tons.

Colon besuchen regelmässig 8 Dampferlinien: die Hamburg-amerikanische
Packetfahrt-Actiengesellschaft (32 Tage) zweimal monatlich, die Royal-Mail-Steam-
Packet-Cy. aus Southampton (21 Tage), 2 Linien aus Liverpool, die Cie. Générale
transatlantique aus St. Nazaire (20 Tage) dreimal im Monate, zwei spanische
Linien, und zwar eine aus Barcelona, die andere aus New-York und eine nord-
amerikanische Linie aus New-York.

Die Ueberfahrt mit der Eisenbahn von Colon nach Panamá dauert 3 bis
4 Stunden.



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[236/0252] Die atlantische Küste von Amerika. ein reges, buntes, oft auch tolles und verschwenderisches Leben ab, das Anfang 1889 zum Schmerze der ganzen Gesellschaft ein schnelles Ende fand; die Einwohnerzahl, welche in wenigen Jahren von 3000 auf 15.000 gestiegen war, ist seitdem riesig gesunken. Heute zeigen Panamá und Colon wieder die alte, gelangweilte Physiognomie. Langsam und geschäftslos schleichen die Tage in der heissen fieberschwangeren Atmosphäre hin, nur belebt, wenn die grossen Post- dampfer kommen und gehen. Die Reisenden sowie die wenigen Eil- güter, welche die theuere Ueberlandroute nehmen, bleiben keine Stunde länger, als sie bleiben müssen, alles hastet fort, das meist noch ferne Ziel zu erreichen. Colon wie Panamá sind echte Transitoplätze, aber Transito- plätze von welthistorischer Bedeutung, denen einem ganz jungen Thronerben gleich in ferner Zukunft noch Glanz und Herrlichkeit winkt, wenn „die Pforte zu den Oceanen“ durch einen „Weltcanal“ erschlossen sein wird. Das Colongeschäft war von jeher fast ausschliesslich localer Natur; sein Absatzgebiet umfasste die Stadt selbst und die an der Eisenbahn nach Panamá gelegenen Ortschaften, welche alle durch den Wegzug von 12.000—15.000 Arbeitern und 1200 Beamten entvölkert sind. Daher mussten 1889 in Colon eine grosse Reihe von Geschäftshäusern schliessen. Nach dem Berichte der Panama-Eisenbahn-Gesellschaft sank der Local- frachtenverkehr 1889 auf 36.046 T gegen 169.857 T im Jahre 1888, die Zahl der Passagiere auf 290.664 gegen 1,283.753 im vorhergehenden Jahre. In Durch- fracht gingen 1889 von Colon nach Panamá 72.756 T aus Europa und 43.934 T aus New-York, vom Stillen zum Atlantischen Ocean 50.573 T nach Europa, 25.582 T nach New-York. Von der pacifischen Küste kommen Kaffee (1889 562635 Säcke) in steigenden Mengen, Cacao, Indigo, Wein, Gerste, Steinnüsse, Häute und Felle. Der Isthmus ist für seine Bedürfnisse an Natur- und Kunsterzeugnissen ganz vom Auslande abhängig; nur Yams, Kokos, Zuckerrohr, Mais und Reis werden in genügender Menge gebaut. Die Importhäuser Colons sind vorzugsweise Amerikaner, der Detailhandel ist fast ausschliesslich in den Händen von Chinesen. Die Gesammtzahl der 1889 eingelaufenen Schiffe betrug 1889 549 mit 758.133 Reg.-Tons, 1888 684 mit 872.611 Reg.-Tons. Colon besuchen regelmässig 8 Dampferlinien: die Hamburg-amerikanische Packetfahrt-Actiengesellschaft (32 Tage) zweimal monatlich, die Royal-Mail-Steam- Packet-Cy. aus Southampton (21 Tage), 2 Linien aus Liverpool, die Cie. Générale transatlantique aus St. Nazaire (20 Tage) dreimal im Monate, zwei spanische Linien, und zwar eine aus Barcelona, die andere aus New-York und eine nord- amerikanische Linie aus New-York. Die Ueberfahrt mit der Eisenbahn von Colon nach Panamá dauert 3 bis 4 Stunden.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/252>, abgerufen am 24.11.2024.