des Handels an der atlantischen Küste Nordamerikas. Und doch braucht die "Empire City" die Rivalität Montreals niemals zu fürchten, denn die äusserst strengen canadischen Winter beschränken seinen See- verkehr auf höchstens 7 Monate im Jahre; im Winter ist Montreal eine Binnenstadt.
New-York und Boston sind in erster, Portland, Halifax und St. John in zweiter Linie die Winterhäfen Montreals. Diesen Verkehr sichern zwei Eisenbahnbrücken zu jeder Jahreszeit dem Platze Montreal. Die Verbindung mit zahlreichen Bahnlinien macht Montreal zum ersten und wichtigsten Eisenbahnknotenpunkte Canadas. Seit der Eröffnung der Canada-Pacificbahn im Mai 1886 hat es auch an internationaler Bedeutung gewonnen, denn dieselbe verbindet durch einen 4676 km (2·906 englische Meilen) langen und solid gebauten Schienenstrang Montreal mit Port-Moody, respective der Vancouver-Insel am stillen Ocean, und stellt in Verbindung mit der Intercolonial-Eisenbahn Halifax- Montreal (1376 km oder 850 englische Meilen) dermalen die kürzeste Ueberlandsroute zwischen Europa und Ostasien, respective Nordost- Australien her.
Die Linie Halifax-Vancouver, die einen Theil der "Empire-Route" bildet, so genannt, weil sie ausschliesslich über Gebiet des britischen Reiches geht, bietet dem Handel Englands nach allen Häfen in Japan und China hinab bis Hongkong und dem Verkehre nach dem Nord- osten Australiens einen bedeutend kürzeren Weg als über den Suez- canal. "Via Montreal" besteht heute schon alle vierzehn Tage eine Postverbindung zwischen England und Ostasien; Briefe und werth- volle Güter, wie der Thee Japans, werden auf ihr versendet und auch die Reisenden bedienen sich ihrer im Sommer gerne, weil ihr Seeweg durch kühle Meere führt.
Die grosse Bedeutung dieser Canada-Pacificbahn liegt aber gar nicht in der Concurrenz im internationalen Verkehre, sondern darin, dass sie ein Pionnier der Cultur für Südcanada ist und dass sie auch den 311,000 km2 grossen "fruchtbaren Gürtel" Manitobas und die getreidereichen Nordweststaaten der Union dem Einflusse des Handels von Montreal zugeführt.
Allerdings hört man, wenn von Montreals Grösse gesprochen wird, noch ziemlich viel Zukunftsmusik, was der Mangel eines dicht bevölkerten Hinterlandes erklärlich macht, aber auch in Canada lebt man rasch und doppelt rasch, seit die Eisenbahnen das Innere er- schliessen. Die Hauptsache ist, dass alle Zukunftswege über Montreal
Die atlantische Küste von Amerika.
des Handels an der atlantischen Küste Nordamerikas. Und doch braucht die „Empire City“ die Rivalität Montreals niemals zu fürchten, denn die äusserst strengen canadischen Winter beschränken seinen See- verkehr auf höchstens 7 Monate im Jahre; im Winter ist Montreal eine Binnenstadt.
New-York und Boston sind in erster, Portland, Halifax und St. John in zweiter Linie die Winterhäfen Montreals. Diesen Verkehr sichern zwei Eisenbahnbrücken zu jeder Jahreszeit dem Platze Montreal. Die Verbindung mit zahlreichen Bahnlinien macht Montreal zum ersten und wichtigsten Eisenbahnknotenpunkte Canadas. Seit der Eröffnung der Canada-Pacificbahn im Mai 1886 hat es auch an internationaler Bedeutung gewonnen, denn dieselbe verbindet durch einen 4676 km (2·906 englische Meilen) langen und solid gebauten Schienenstrang Montreal mit Port-Moody, respective der Vancouver-Insel am stillen Ocean, und stellt in Verbindung mit der Intercolonial-Eisenbahn Halifax- Montreal (1376 km oder 850 englische Meilen) dermalen die kürzeste Ueberlandsroute zwischen Europa und Ostasien, respective Nordost- Australien her.
Die Linie Halifax-Vancouver, die einen Theil der „Empire-Route“ bildet, so genannt, weil sie ausschliesslich über Gebiet des britischen Reiches geht, bietet dem Handel Englands nach allen Häfen in Japan und China hinab bis Hongkong und dem Verkehre nach dem Nord- osten Australiens einen bedeutend kürzeren Weg als über den Suez- canal. „Via Montreal“ besteht heute schon alle vierzehn Tage eine Postverbindung zwischen England und Ostasien; Briefe und werth- volle Güter, wie der Thee Japans, werden auf ihr versendet und auch die Reisenden bedienen sich ihrer im Sommer gerne, weil ihr Seeweg durch kühle Meere führt.
Die grosse Bedeutung dieser Canada-Pacificbahn liegt aber gar nicht in der Concurrenz im internationalen Verkehre, sondern darin, dass sie ein Pionnier der Cultur für Südcanada ist und dass sie auch den 311,000 km2 grossen „fruchtbaren Gürtel“ Manitobas und die getreidereichen Nordweststaaten der Union dem Einflusse des Handels von Montreal zugeführt.
Allerdings hört man, wenn von Montreals Grösse gesprochen wird, noch ziemlich viel Zukunftsmusik, was der Mangel eines dicht bevölkerten Hinterlandes erklärlich macht, aber auch in Canada lebt man rasch und doppelt rasch, seit die Eisenbahnen das Innere er- schliessen. Die Hauptsache ist, dass alle Zukunftswege über Montreal
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Die atlantische Küste von Amerika.
des Handels an der atlantischen Küste Nordamerikas. Und doch
braucht die „Empire City“ die Rivalität Montreals niemals zu fürchten,
denn die äusserst strengen canadischen Winter beschränken seinen See-
verkehr auf höchstens 7 Monate im Jahre; im Winter ist Montreal
eine Binnenstadt.
New-York und Boston sind in erster, Portland, Halifax und
St. John in zweiter Linie die Winterhäfen Montreals. Diesen Verkehr
sichern zwei Eisenbahnbrücken zu jeder Jahreszeit dem Platze Montreal.
Die Verbindung mit zahlreichen Bahnlinien macht Montreal zum ersten
und wichtigsten Eisenbahnknotenpunkte Canadas. Seit der Eröffnung
der Canada-Pacificbahn im Mai 1886 hat es auch an internationaler
Bedeutung gewonnen, denn dieselbe verbindet durch einen 4676 km
(2·906 englische Meilen) langen und solid gebauten Schienenstrang
Montreal mit Port-Moody, respective der Vancouver-Insel am stillen
Ocean, und stellt in Verbindung mit der Intercolonial-Eisenbahn Halifax-
Montreal (1376 km oder 850 englische Meilen) dermalen die kürzeste
Ueberlandsroute zwischen Europa und Ostasien, respective Nordost-
Australien her.
Die Linie Halifax-Vancouver, die einen Theil der „Empire-Route“
bildet, so genannt, weil sie ausschliesslich über Gebiet des britischen
Reiches geht, bietet dem Handel Englands nach allen Häfen in Japan
und China hinab bis Hongkong und dem Verkehre nach dem Nord-
osten Australiens einen bedeutend kürzeren Weg als über den Suez-
canal. „Via Montreal“ besteht heute schon alle vierzehn Tage eine
Postverbindung zwischen England und Ostasien; Briefe und werth-
volle Güter, wie der Thee Japans, werden auf ihr versendet und
auch die Reisenden bedienen sich ihrer im Sommer gerne, weil ihr
Seeweg durch kühle Meere führt.
Die grosse Bedeutung dieser Canada-Pacificbahn liegt aber gar
nicht in der Concurrenz im internationalen Verkehre, sondern darin,
dass sie ein Pionnier der Cultur für Südcanada ist und dass sie auch
den 311,000 km2 grossen „fruchtbaren Gürtel“ Manitobas und die
getreidereichen Nordweststaaten der Union dem Einflusse des Handels
von Montreal zugeführt.
Allerdings hört man, wenn von Montreals Grösse gesprochen
wird, noch ziemlich viel Zukunftsmusik, was der Mangel eines dicht
bevölkerten Hinterlandes erklärlich macht, aber auch in Canada lebt
man rasch und doppelt rasch, seit die Eisenbahnen das Innere er-
schliessen. Die Hauptsache ist, dass alle Zukunftswege über Montreal
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/30>, abgerufen am 21.11.2024.
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