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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der grosse Ocean.
erobernden Rassen, zumal ihrem germanischen Zweige ist es gelungen,
Sieg auf Sieg über die feindliche Natur davon zu tragen und den
lange vernachlässigten Westen Amerikas einer glorreichen Zukunft
entgegenzuführen.

In Ostasien ist es den weissen Eindringlingen, den "rothhaarigen
Barbaren", noch lange nicht geglückt, sich die uralten, autochthonen
Culturvölker dienstbar zu machen, geschweige denn sie zu verdrängen
oder auszurotten, wie in Amerika oder Australien. Immerhin sind die
Europäer den pacifischen Asiaten hart auf den Leib gerückt. Nur
der Gewalt haben jene die Verträge zu verdanken, welche auch nur
durch die Furcht vor der Gewalt aufrecht erhalten werden können.

Die Erschliessung des grossen Oceans, seiner Inseln und Küsten
hat eine Geschichte, die aus dem Dunkel vorgeschichtlicher Zeit-
räume zuerst in das Dämmerlicht unzusammenhängender Ueberlie-
ferungen eintritt und erst seit einem halben Jahrtausend die erfor-
derliche Helligkeit gewinnt. Den Culturvölkern des Alterthums waren
die Regionen, aus denen Seide und sonstige Kostbarkeiten stammten,
die sie übrigens selbst aus zehnter Hand erhielten, nur vom Hören-
sagen bekannt. Der einflussreichste Geograph des Alterthums, Claudius
Ptolomäus, dachte sich den Ostrand Asiens weit über seine wirkliche
Meridianerstreckung ausgedehnt und die einzige grosse Festlands-
insel von einem einzigen Ocean bespült. Das war die geographische
Weltanschauung, von welcher beherrscht die Seefahrer des 15. und
16. Jahrhunderts ihre Unternehmungen ins Werk setzten.

Hat also das classische Alterthum hinsichtlich der pacifischen
Welt späteren Geschlechtern kaum etwas Anderes hinterlassen als
zähe Irrthümer, so hat dagegen das spätere Mittelalter Verbindungen
eingeleitet und Nachrichten beigebracht, mit denen die Erschliessung
jener Regionen für den abendländischen Culturkreis beginnt. Die
activste unter allen Menschenrassen, die kaukasische, der es vorbe-
halten war, das Unbekannte zu entschleiern und selbst die Einöden
der Weltmeere zu beleben, entsendete ihre ersten Pionniere nach Län-
dern, aus denen seit unvordenklichen Zeiten auf unbekannten Wegen
durch unbekannte Vermittler kostbare Waaren nach den Handels-
plätzen des mediterranischen Gebietes kamen. Diese Pfadfinder waren
theils Kaufleute, theils Missionäre. Zur Zeit als die Nachkommen des
mongolischen Welteroberers Dschingiskan über Asien herrschten,
errichteten katholische Glaubensboten am pacifischen Rande der alten
Welt ein Erzbisthum und zur selben Zeit gelangte nach einer am
schwarzen Meere begonnenen Landwanderung der venetianische Han-

Der grosse Ocean.
erobernden Rassen, zumal ihrem germanischen Zweige ist es gelungen,
Sieg auf Sieg über die feindliche Natur davon zu tragen und den
lange vernachlässigten Westen Amerikas einer glorreichen Zukunft
entgegenzuführen.

In Ostasien ist es den weissen Eindringlingen, den „rothhaarigen
Barbaren“, noch lange nicht geglückt, sich die uralten, autochthonen
Culturvölker dienstbar zu machen, geschweige denn sie zu verdrängen
oder auszurotten, wie in Amerika oder Australien. Immerhin sind die
Europäer den pacifischen Asiaten hart auf den Leib gerückt. Nur
der Gewalt haben jene die Verträge zu verdanken, welche auch nur
durch die Furcht vor der Gewalt aufrecht erhalten werden können.

Die Erschliessung des grossen Oceans, seiner Inseln und Küsten
hat eine Geschichte, die aus dem Dunkel vorgeschichtlicher Zeit-
räume zuerst in das Dämmerlicht unzusammenhängender Ueberlie-
ferungen eintritt und erst seit einem halben Jahrtausend die erfor-
derliche Helligkeit gewinnt. Den Culturvölkern des Alterthums waren
die Regionen, aus denen Seide und sonstige Kostbarkeiten stammten,
die sie übrigens selbst aus zehnter Hand erhielten, nur vom Hören-
sagen bekannt. Der einflussreichste Geograph des Alterthums, Claudius
Ptolomäus, dachte sich den Ostrand Asiens weit über seine wirkliche
Meridianerstreckung ausgedehnt und die einzige grosse Festlands-
insel von einem einzigen Ocean bespült. Das war die geographische
Weltanschauung, von welcher beherrscht die Seefahrer des 15. und
16. Jahrhunderts ihre Unternehmungen ins Werk setzten.

Hat also das classische Alterthum hinsichtlich der pacifischen
Welt späteren Geschlechtern kaum etwas Anderes hinterlassen als
zähe Irrthümer, so hat dagegen das spätere Mittelalter Verbindungen
eingeleitet und Nachrichten beigebracht, mit denen die Erschliessung
jener Regionen für den abendländischen Culturkreis beginnt. Die
activste unter allen Menschenrassen, die kaukasische, der es vorbe-
halten war, das Unbekannte zu entschleiern und selbst die Einöden
der Weltmeere zu beleben, entsendete ihre ersten Pionniere nach Län-
dern, aus denen seit unvordenklichen Zeiten auf unbekannten Wegen
durch unbekannte Vermittler kostbare Waaren nach den Handels-
plätzen des mediterranischen Gebietes kamen. Diese Pfadfinder waren
theils Kaufleute, theils Missionäre. Zur Zeit als die Nachkommen des
mongolischen Welteroberers Dschingiskan über Asien herrschten,
errichteten katholische Glaubensboten am pacifischen Rande der alten
Welt ein Erzbisthum und zur selben Zeit gelangte nach einer am
schwarzen Meere begonnenen Landwanderung der venetianische Han-

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[303/0319] Der grosse Ocean. erobernden Rassen, zumal ihrem germanischen Zweige ist es gelungen, Sieg auf Sieg über die feindliche Natur davon zu tragen und den lange vernachlässigten Westen Amerikas einer glorreichen Zukunft entgegenzuführen. In Ostasien ist es den weissen Eindringlingen, den „rothhaarigen Barbaren“, noch lange nicht geglückt, sich die uralten, autochthonen Culturvölker dienstbar zu machen, geschweige denn sie zu verdrängen oder auszurotten, wie in Amerika oder Australien. Immerhin sind die Europäer den pacifischen Asiaten hart auf den Leib gerückt. Nur der Gewalt haben jene die Verträge zu verdanken, welche auch nur durch die Furcht vor der Gewalt aufrecht erhalten werden können. Die Erschliessung des grossen Oceans, seiner Inseln und Küsten hat eine Geschichte, die aus dem Dunkel vorgeschichtlicher Zeit- räume zuerst in das Dämmerlicht unzusammenhängender Ueberlie- ferungen eintritt und erst seit einem halben Jahrtausend die erfor- derliche Helligkeit gewinnt. Den Culturvölkern des Alterthums waren die Regionen, aus denen Seide und sonstige Kostbarkeiten stammten, die sie übrigens selbst aus zehnter Hand erhielten, nur vom Hören- sagen bekannt. Der einflussreichste Geograph des Alterthums, Claudius Ptolomäus, dachte sich den Ostrand Asiens weit über seine wirkliche Meridianerstreckung ausgedehnt und die einzige grosse Festlands- insel von einem einzigen Ocean bespült. Das war die geographische Weltanschauung, von welcher beherrscht die Seefahrer des 15. und 16. Jahrhunderts ihre Unternehmungen ins Werk setzten. Hat also das classische Alterthum hinsichtlich der pacifischen Welt späteren Geschlechtern kaum etwas Anderes hinterlassen als zähe Irrthümer, so hat dagegen das spätere Mittelalter Verbindungen eingeleitet und Nachrichten beigebracht, mit denen die Erschliessung jener Regionen für den abendländischen Culturkreis beginnt. Die activste unter allen Menschenrassen, die kaukasische, der es vorbe- halten war, das Unbekannte zu entschleiern und selbst die Einöden der Weltmeere zu beleben, entsendete ihre ersten Pionniere nach Län- dern, aus denen seit unvordenklichen Zeiten auf unbekannten Wegen durch unbekannte Vermittler kostbare Waaren nach den Handels- plätzen des mediterranischen Gebietes kamen. Diese Pfadfinder waren theils Kaufleute, theils Missionäre. Zur Zeit als die Nachkommen des mongolischen Welteroberers Dschingiskan über Asien herrschten, errichteten katholische Glaubensboten am pacifischen Rande der alten Welt ein Erzbisthum und zur selben Zeit gelangte nach einer am schwarzen Meere begonnenen Landwanderung der venetianische Han-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/319>, abgerufen am 24.11.2024.